A100 in Berlin

Ab Ende Mai: Treptow und umliegende Kieze drohen unter Autolawine zu ersticken

Die Verkehrsstadträtinnen von Treptow-Köpenick und Friedrichshain-Kreuzberg sagen Verkehrskollaps voraus, wenn Ende des 2.  Quartals die Verlängerung der A100 in Berlin-Treptow eröffnet.

Author - Stefan Henseke
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Selbst in den Ferien ist die Dauerbaustelle Elsenbrücke am Morgen zugestaut.
Selbst in den Ferien ist die Dauerbaustelle Elsenbrücke am Morgen zugestaut.Stefan Henseke

„Gott sei Dank nicht“, antwortet eine ältere Fußgängerin auf die Frage, ob sie hier im Kiez Anwohnerin sei. Das Verkehrschaos auf den Straßen am Treptow Park sei jetzt schon kaum zu ertragen. Und es wird schlimmer: Ende Mai soll die neue Autobahn A100 nach Treptow in Betrieb gehen. Bis zu 18.000 Autos mehr werden dann täglich Richtung Dauerbaustelle Elsenbrücke rauschen – mitten in eine einspurige Engstelle hinein. „Dauerstau“ befürchten die Verkehrsstadträte der betroffenen Bezirke Treptow-Köpenick und Friedrichshain-Kreuzberg und fordern Bund und Senat auf, die Eröffnung der Verlängerung der A100 zu verschieben.

Das Problem heißt Elsenbrücke. Weil er marode war, wurde der alte Brückenbau aus DDR-Zeiten abgerissen. https://www.berliner-kurier.de/berlin/ab-ende-mai-treptow-und-umliegende-kieze-drohen-unter-autolawine-zu-ersticken-li.2317225 Jetzt sind gerade Osterferien, doch der allmorgendliche Stau macht keine Ferien. Nur im Schritttempo bewegen sich die Autos vorwärts. „Sie sehen: Es ist Stau – obwohl die Ferien begonnen haben“, sagt Claudia Leistner, Verkehrsstadträtin von Treptow-Köpenick an der Brücke.

Sechs Monate Chaos für die umliegenden Kieze

Ein Vater, der seine Tochter gerade in die Kita bringt, sagt zum KURIER, dass die Treptower Anwohner das Schlimmste für den Kiez befürchten, wenn die Autobahnverlängerung in Betrieb geht. Nach den bisherigen Informationen solle der Autobahnabschnitt Ende des zweiten Quartals 2025 freigegeben werden, sagt Grünen-Politikerin Claudia Leistner. Doch der westliche Brücken-Überbau der Elsenbrücke wird erst im Dezember fertig – und erst dann wird es drei Fahrspuren zum Abfließen des Verkehrs geben.

Leistner und Annika Gerold (ebenfalls Grüne), ihre Kollegin aus Friedrichshain-Kreuzberg, sehen mindestens sechs Monate Chaos auf die umliegenden Kieze und Anwohner zukommen. Die Eröffnung der Autobahnverlängerung sei ein Verstoß gegen das Planfeststellungsverfahren, das von sechs Autospuren und einer voll funktionsfähigen Elsenbrücke ausging.

Gleich hinter dem Park Center Treptow wird der Verkehr von der Autobahn auf die Straße am Treptower Park fließen. Die wurde extra umgebaut und verbreitert. Die Autobahn sieht fertig aus, nur noch die Fahrbahnmarkierungen fehlen. Auf drei Abbiegespuren werden die Autos von der Autobahn abfahren – drei Spuren gibt es auch auf der verbreiterten Straße am Treptower Park. Besonders die Kreuzungen Elsenstraße/Am Treptower Park und Elsenstraße/Stralauer Allee/Markgrafendamm/Alt-Stralau werde aber die nötige Leistungsfähigkeit fehlen, heißt es.

Dauerstau droht. Die Grünen-Stadträtinnen Claudia Leistner (l.) und Annika Gerold befürchten einen Verkehrskollaps für Treptow-Köpenick und Friedrichshain-Kreuzberg.
Dauerstau droht. Die Grünen-Stadträtinnen Claudia Leistner (l.) und Annika Gerold befürchten einen Verkehrskollaps für Treptow-Köpenick und Friedrichshain-Kreuzberg.Stefan Henseke

Was die Verkehrsstadträtinnen von Treptow-Friedrichshain und Friedrichshain-Kreuzberg bemängeln: „Wir wissen, dass es kein aktuelles Verkehrskonzept geben wird“, sagt Claudia Leistner. Das sei aber nötig: „Sonst bahnt sich der Verkehr seine Wege“, sagt sie und fügt hinzu: „Die umliegenden Kieze sind nicht geschützt.“

Auch die Busse werden im Stau feststecken

Auch der ÖPNV werde im Stau feststecken, erklärt ihre Kollegin Annika Gerold. Und für viele Anwohner gebe es hier aber keine Alternative zum Bus. Denn über die verengte Elsenbrücke werden auch zwei Buslinien geführt, die für die Ortsteile Alt-Treptow und Stralau die einzige Anbindung an das Öffi-Netz bieten.

Die Treptower Autobahnbahnverlängerung ist fertig, auch die Graffitisprayer waren schon da.
Die Treptower Autobahnbahnverlängerung ist fertig, auch die Graffitisprayer waren schon da.Stefan Henseke

Der Stau wird sich wellenförmig rings um die Autobahnabfahrt ausbreiten. Da sind die beiden Verkehrsstadträtinnen sicher. „Wenn die Navigationssysteme Stau melden, werden sich die Autofahrer Wege durch die umliegenden Kieze suchen“, sagt Annika Gerold. Sie befürchtet auch neue Staus rings um die Schlesische Straße, Treptow-Köpenick will den benachbarten Karl-Kunger-Kiez mit Kiezblocks vor Schleichverkehr schützen. Man wisse aber nicht, ob man dafür Mittel bekomme, sagt Verkehrsstadträtin Claudia Leistner.

Hier wird der Verkehr von der Autobahn auf die Straße am Treptower Park fließen.
Hier wird der Verkehr von der Autobahn auf die Straße am Treptower Park fließen.Stefan Henseke

Oliver Igel, der Bezirksbürgermeister von Treptow-Köpenick, hat eine andere Idee. „Aus meiner Sicht wäre auch eine frühere Öffnung der Elsenbrücke eine Lösung“, sagt der SPD-Politiker der Berliner Zeitung. Die Brücke über die Spree solle beschleunigt fertiggestellt werden. Er verweist auf den Schnellabriss der A100-Ringbahnbrücke in Charlottenburg. „Was im Westen geht, sollte doch auch im Osten klappen“, meint Igel. Doch seine grüne Verkehrsstadträtin widerspricht ihm: Sie hätte noch nie erlebt, dass etwas früher fertig wird, sagt sie.

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