Der Berliner Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg verliert die Kontrolle über ein heiß begehrtes Filetstück direkt gegenüber dem Amazon-Tower. Statt weiter zu planen, wie bisher, zieht der Senator für Stadtentwicklung, Christian Gaebler (SPD), das Planungsrecht an sich – und macht den Weg frei für ein Mega-Hochhaus mit Luxusblick an der Warschauer Brücke.
Worum geht's? Ein Grundstück an der Warschauer Straße, bislang von Bezirksseite als künftiger Gewerbestandort gedacht, wird jetzt zur großen Senatssache. Die Begründung, so der Tagesspiegel: Es herrsche dringender Wohnraummangel – und weil sich der Bezirk angeblich querstellt, greift der Senat durch.
Die Pläne sind ambitioniert: Ein 140 Meter hoher Tower soll entstehen, mit rund 500 Wohnungen, davon die Hälfte sozial gefördert. Unten im Sockel: Gewerbeflächen und Blockrandbebauung.
Doch der Bezirk zeigt sich entrüstet. Stadtrat Florian Schmidt (Grüne) sieht in dem Projekt vor allem eins: ein Geschenk für Investoren. Zu wenig günstiger Wohnraum, zu viel Glas, Beton und Profitgier. Sein Vorwurf lautet: Der Senat ignoriere sämtliche Regeln aus dem eigenen Hochhausleitbild – keine Bürgerbeteiligung, kein brauchbares Konzept. Stattdessen werde einfach durchregiert.
Dabei hatte der Bezirk sogar einen Gegenvorschlag gemacht: Wohnnutzung ja, aber im Rahmen eines urbanen Gebiets – so nennt sich die flexible Mischung aus Wohnen und Arbeiten im Planungsdeutsch. Doch das war dem Senat offenbar zu lahm.
Führt der Hochhaus-Zoff zu neuen Teuer-Mieten?
Die Umsetzungsfrist des Bezirks – mit einem Abschluss frühestens 2028 – sei schlicht zu langsam. Stattdessen verspricht der Senat nun Tempo: Bis Ende 2026 soll ein fertiger Bebauungsplan stehen.

Hinter den Kulissen brodelt es darum weiter. Ein interner Zeitplan des Bezirks liegt längst vor, doch die Stadtentwicklungsverwaltung winkt ab: Nicht konkret genug, nicht verbindlich genug. Auch das Hochhaus an sich ist umstritten – 140 Meter seien nicht gesetzt, aber eben auch nicht ausgeschlossen. Denn: Wo sollen 500 Wohnungen sonst hin, wenn der Platz knapp und die Bodenversiegelung tabu ist?
Der Senat übernimmt und der eigentlich zuständige Bezirk muss zuschauen, machtlos. Zwischen Kiez und Konzern, Wohnen und Hochhaus, Sozialbau und Spekulation tobt ein neuer Berliner Planungskrimi. Der Ausgang offen. Wann der erste Eingang fertig ist – unklar. Das vorgestellte Konzept sei ein „Beispiel für Investorenarchitektur“, so Stadtrat Florian Schmidt im Tagesspiegel. Wenn der Senat sich zu diesem Entwurf bekenne, setze das „eine unnötige Bodenspekulation in Gang“.
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