Auf zahlreichen Hauptstraßen in Berlin soll schon bald wieder Tempo 50 gelten. Nachdem der rot-grün-rote Senat einst an 34 Abschnitten die Geschwindigkeit auf 30 km/h drosselte, will die schwarz-rote Regierung unter dem Regierenden Bürgermeister Kai Wegner (CDU) jetzt aufs Gaspedal treten.
CDU-Fraktionschef Dirk Stettner gab in der Berliner Morgenpost bekannt, dass noch in diesem Jahr auf 23 wichtigen Verkehrsadern die Höchstgeschwindigkeit wieder auf 50 km/h hochgesetzt wird. Seit dem Regierungswechsel 2023 arbeitet der Senat an dieser Kehrtwende in der Verkehrspolitik – jetzt sollen den Worten endlich Taten folgen.
Geplant ist ein flexibles Modell: Tagsüber dürfen die Autos wieder flotter rollen, während in den Nachtstunden aus Rücksicht auf die Anwohner Tempo 30 gelten soll. So können Berlins Bewohner ruhig schlafen, ohne auf den Puls einer Großstadt verzichten zu müssen.
Betroffen sind prominente Straßenabschnitte wie die Hauptstraße in Schöneberg, die Elsenstraße in Treptow, die Friedrichstraße in Mitte, die Hermannstraße in Neukölln oder die Joachimsthaler Straße in Charlottenburg. Gerade diese Straßen hatten unter der Vorgängerregierung ihr Tempo verloren – zur Verbesserung der Luftqualität, so hieß es damals.
Doch die Zeiten ändern sich. Die schwarz-rote Koalition beruft sich auf aktuelle Messwerte, wonach die geltenden Grenzwerte für Lärm und Schadstoffe auf den meisten dieser Straßen inzwischen eingehalten werden. Damit entfalle der ursprüngliche Grund für die Tempo-30-Anordnungen.
Künftig soll die reduzierte Geschwindigkeit nur noch dort gelten, wo es wirklich nötig ist – etwa vor Kitas, Schulen, Seniorenheimen oder an Straßen, wo Lärm- und Schadstoffbelastung immer noch zu hoch sind.
Umweltverbände kritisieren Tempo-50-Rückkehr
Kritik von Umweltverbänden ließ nicht lange auf sich warten. Organisationen wie der BUND und die Deutsche Umwelthilfe warnen, dass es bei Tempo 30 nicht nur um saubere Luft gehe, sondern auch um mehr Verkehrssicherheit und weniger Lärm in der rasant wachsenden Metropole. Gerade in einer Stadt, die immer dichter und lauter wird, sei eine Rückkehr zu Tempo 50 ein Schritt in die falsche Richtung.
Nur merkwürdig, dass dieselben Umweltorganisationen mit ihrer Unterstützung für Kiezblocks und Pollerstraßen genau das Gegenteil von dem bewirken, was sie eigentlich wollen. In allen anderen Straßen drumherum wird der Verkehr nämlich dichter und lauter. Das oben genannte Argument, es gehe um weniger Lärm und um mehr Verkehrssicherheit, ist also heuchlerisch.
Unabhängig davon: Stettner bleibt unbeirrt. Nach Ansicht der CDU ist Tempo 50 die Regelgeschwindigkeit im innerstädtischen Bereich – daran solle sich Berlin auch wieder orientieren. Die Maßnahmen der früheren grünen Verkehrspolitik seien überholt, der neue Kurs sei klar: mehr Fluss auf den Straßen, ohne dabei die Lebensqualität der Menschen aus den Augen zu verlieren.

Dass es mit der Umsetzung länger dauert als ursprünglich angekündigt – zunächst war Mitte 2024 angepeilt –, bedauert Stettner in der Morgenpost ausdrücklich. Die Berliner Verwaltung brauche dringend eine Frischzellenkur, damit Projekte künftig schneller Realität werden können. Deshalb setzt Schwarz-Rot auf eine umfassende Verwaltungsreform. Eine Reform, die längst überfällig sei, um Berlin effizienter und moderner zu machen.
Ordnungsamtsmitarbeiter für sinnvollere Aufgaben einsetzen als zur Tempokontrolle
Auch bei der Parkraumbewirtschaftung will die CDU einen Zahn zulegen. Statt wie bisher auf Mitarbeiter zu setzen, die zu Fuß Parkzettel kontrollieren, sollen sogenannte Scan-Cars den Job übernehmen. Mit Kameras ausgerüstet, könnten sie parkende Autos im Vorbeifahren erfassen und so den Kontrollaufwand massiv reduzieren.
Hunderte Ordnungsamtsmitarbeiter könnten dadurch für sinnvollere Aufgaben in der Stadt eingesetzt werden. Was absolut in Ordnung ist. Weil nämlich die Ordnungsämter ihre Mitarbeiter am liebsten auf Parkraum-Patrouille schicken, um Knöllchen zu kassieren, bleiben andere Aufgaben wie Müll- oder Lärmbeseitigung nur allzu oft liegen.

Einziger Haken an der Sache ist: der Datenschutz. Hier muss laut Stettner erst noch bundesweit nachgebessert werden. Doch der CDU-Politiker zeigt sich optimistisch: Europäisches Recht stehe dem Einsatz der neuen Technik nicht im Weg, sagt er.
Weniger Bürokratie, mehr Dynamik – ein Berlin, das endlich wieder in die Gänge kommt, davon können nur alle profitieren. Die Stadt sollte die Vorschläge von Stettner also möglichst breit diskutieren und am Ende davon umsetzen, was nur eben möglich ist.
Auf diesen Berliner Straßen soll möglichst bald wieder Tempo 50 gelten:
● Albrechtstraße von Robert-Lück-Straße bis Neue Filandastraße
● Alt-Moabit von Gotzkowskystraße bis Beusselstraße
● Breite Straße von Grabbeallee bis Mühlenstraße
● Brückenstraße von Köpenicker Straße bis Holzmarktstraße
● Danziger Straße von Schönhauser Allee bis Schliemannstraße
● Dominicusstraße von Ebersstraße bis Hauptstraße
● Dorotheenstraße von Wilhelmstraße bis Friedrich-Ebert-Platz
● Elsenstraße von Treptower Park bis Karl-Kunger-Straße
● Erkstraße von Karl-Marx-Straße bis Sonnenallee
● Friedrichstraße von Unter den Linden bis Dorotheenstraße
● Hauptstraße von Kleistpark bis Innsbrucker Platz
● Hermannstraße von Mariendorfer Weg bis Silbersteinstraße
● Hermannstraße von Silbersteinstraße bis Emser Straße
● Invalidenstraße von Alexanderufer bis Scharnhorststraße
● Joachimsthaler Straße von Hardenbergplatz bis Kurfürstendamm
● Kaiser-Friedrich-Straße von Kantstraße bis Otto-Suhr-Allee
● Klosterstraße von Brunsbütteler Damm bis Pichelsdorfer Straße
● Leipziger Straße von Leipziger Platz (Ost) bis Charlottenstraße
● Leonorenstraße von Bernkastler Straße bis Kaiser-Wilhelm-Straße
● Luxemburger Straße von Genter Straße bis Müllerstraße
● Mariendorfer Damm von Westphalweg bis Eisenacher Straße
● Martin-Luther-Straße von Lietzenburger Straße bis Motzstraße
● Oranienburger Straße von Roedernallee bis Wilhelmsruher Damm
● Oranienstraße von Moritzplatz bis Oranienplatz
● Potsdamer Straße von Potsdamer Platz bis Kleistpark
● Reinhardtstraße von Charitéstraße bis Kapelle-Ufer
● Saarstraße von Rheinstraße bis Autobahnbrücke
● Scharnweberstraße von Kapweg bis Afrikanische Straße
● Stromstraße von Bugenhagenstraße bis Turmstraße
● Tempelhofer Damm von Ordensmeisterstraße bis Alt-Tempelhof
● Torstraße von Prenzlauer Allee bis Chausseestraße
● Turmstraße von Stromstraße bis Beusselstraße
● Wildenbruchstraße von Sonnenallee bis Weserstraße
● Wilhelmstraße von Unter den Linden bis Dorotheenstraße