Berlins Bausenator Christian Gaebler (SPD) ist im Abrissrausch. Das Jahnstadion steht nur noch zur Hälfte da. Beim SEZ begann Ende November der Abriss-Bagger zu wüten. Was beide Bauten eint, ist nicht nur der derzeitige Abriss-Stopp. Es ist ihre Herkunft – sie gehören zu den letzten Zeitzeugen der modernen DDR-Architektur in Berlin. Und: Sie haben keine Zukunft. Damit reihen sich das SEZ und das Jahnstadion in eine lange Liste von DDR-Bauwerken ein, die im wiedervereinten Deutschland plattgemacht wurden und aus dem Stadtbild im Osten Berlins verschwanden.
Erichs Lampenladen: 2008 war der Palast der Republik weg
Ein Palast für das Volk: 1976 wurde der Palast der Republik im Herzen von Ost-Berlin eröffnet, und er war beim DDR-Volk tatsächlich Kult. Leckeres Essen in den Restaurants, Theater, West-Künstler wie Santana traten im Großen Saal auf, Jugendtreff-Diskothek und Bowlingbahn zogen die Besucher massenweise an. Sie waren gern dort, auch wenn die SED im Palast ihre Parteitage abhielt oder dort das DDR-Parlament, die Volkskammer, tagte.
Nicht zu vergessen die „Gläserne Blume“, die für die Besucher ein beliebter Treffpunkt war. Sie stand im großen, mit vielen, vielen Lampen behängten Foyer des Hauses, das für den Palast-Spitznamen „Erichs Lampenladen“ sorgte.

Nach der Wiedervereinigung Deutschlands störte plötzlich der Palast der Republik als Relikt vergangener DDR-Zeiten – und nicht nur wegen der Asbestfunde im Gebäude. Diese sorgten aber dafür, dass die Abrisspläne immer mehr Gestalt annahmen. Vorschläge, den Palast im entkernten Zustand umzubauen und ihn so als Kulturstätte zu erhalten, wurden einfach vom Tisch gefegt.
Denn der Bund, dem das Haus nun gehörte, hatte kein Interesse an dem DDR-Palast. Zumal man in den 90er-Jahren total davon besessen war, die Fassade des alten Berliner Stadtschlosses (1950 von der DDR gesprengt) wieder aufzubauen, das einst dort stand, wo der Palast der Republik errichtet wurde.
Nach einem Bundestagsbeschluss für das Schloss wurde dann „Erichs Lampenladen“, bereits entkernt, zwischen 2006 und 2008 abgerissen. Heute steht dort das Humboldt-Forum mit der wiederaufgebauten Schlossfassade. Der Bau, der im Herbst 2022 eröffnet wurde, verschlang mehr als 644 Millionen Euro.
Plötzlich war das Ahornblatt weg
Erinnern Sie sich noch an das „Ahornblatt“, das zackige Gebäude nahe des Spittelmarktes im Ost-Berliner Zentrum? Es war ursprünglich die Großgaststätte mit mehr als 800 Plätzen für das DDR-Bauministerium, wo aber auch normale Bürger und die Schüler umliegender Schulen essen gingen. Wegen der fünf Zacken an der Dachkonstruktion bekam das 1973 eröffnete Gebäude seinen Spitznamen.

Im Ahornblatt wurde aber nicht nur gegessen. Abends fanden dort Rockkonzerte und Tanzveranstaltungen statt. Und so wurde nach der Wiedervereinigung das Haus auch als Diskothek genutzt. Das sorgte dann für Probleme. Anwohner beschwerten sich wegen zu lauter Techno-Veranstaltungen.
Das Ahornblatt wurde 1994 geschlossen und stand leer. Die Oberfinanzdirektion Berlin verkaufte mit Senatsunterstützung das Grundstück. Obwohl das Gebäude seit 1995 unter Denkmalschutz stand, erteilte man dem neuen Besitzer eine Abrissgenehmigung. Trotz Protesten wurde das Ahornblatt im Jahr 2000 plattgemacht. Heute steht dort ein Hotel.
Wo einst Weltstars wohnten: Das Palasthotel wurde weggebaggert
Das Palasthotel gehörte zu den feinsten Adressen der DDR-Hauptstadt. Es wurde 1979 fast gegenüber dem Palast der Republik und in der Nachbarschaft des Berliner Doms am Spreeufer errichtet. 600 Zimmer und 40 Suiten, die vor allem für Touristen aus dem Westen gedacht waren.

Viele Weltstars wohnten hier zu DDR-Zeiten, aber auch danach: Zu ihnen gehörten die irische Rockband U2 und Depeche Mode. So manche Zimmer mietete auch die Stasi oder ließ sie mit Wanzen und Kameras überwachen.
Nach der Wiedervereinigung übernahm 1992 die Radisson SAS-Kette das Palasthotel. 1995 ließ man das Haus für 60 Millionen Mark umfassend renovieren. Fünf Jahre später wurde es abgerissen. Bei den Arbeiten fand man im Fundament eine amerikanische Fliegerbombe aus dem Zweiten Weltkrieg. Heute befinden sich dort das Dom-Aquaree und das DDR-Museum.
Wo einst das Stadion der Weltjugend war, arbeitet heute der BND
Der angekündigte Abriss des Jahnstadions ist natürlich nicht die erste Beseitigung einer DDR-Arena im Osten Berlins. Auch das Stadion der Weltjugend wurde nach der Wiedervereinigung eingeebnet. 1950 entstand die Sportfläche an der Chausseestraße in Berlin-Mitte als Walter-Ulbricht-Stadion. Mit später 50.000 Zuschauern galt es als eine der größten Arenen in Ost-Berlin. 1973 wurde es für die X. Weltfestspiele der Jugend und Studenten umgebaut und hieß dann Stadion der Weltjugend.

Neben vielen politischen Propagandaveranstaltungen gab es in dem Stadion Leichtathletik-Wettkämpfe, die Radrennfahrer der „Friedensfahrt“ fuhren hier ein. Und es wurde Fußball gespielt. Die FDGB-Pokal-Finals und die DDR-Oberligaspiele zwischen dem BFC Dynamo und dem 1. FC Union fanden im Stadion der Weltjugend statt.
1992 wurde die Arena abgerissen – im Zuge der Bewerbung Berlins als Austragungsort für die Olympischen Sommerspiele 2000. Die Hauptstadt ging aber leer aus, die 2000er-Spiele fanden in Sydney statt. Auf der Stadionbrache wurde eine Zeit lang Golf gespielt, bis dann zwischen 2006 und 2018 die neue BND-Zentrale hochgezogen wurde.
Kaum Proteste: Abriss des DDR-Außenministeriums
Es war keine Schönheit, sondern einfach nur ein gigantischer Betonklotz: das DDR-Außenministerium, das 1967 am Marx-Engels-Platz 2 (heute Schinkelplatz) in Berlin-Mitte neben der Friedrichswerderschen Kirche errichtet wurde. 145 Meter lang und 44 Meter hoch stand es dort bis 1995.

Man machte das DDR-Gebäude platt, um Platz für die Rekonstruktion des historischen Stadtgrundrisses unter Neuanlage des Schinkelplatzes und den Wiederaufbau der Bauakademie zu schaffen.
Es gab kaum Proteste, als die Abrisspläne bekannt wurden. Die Überreste des DDR-Außenministeriums wurden per Lastkahn nach Berlin-Neukölln verschifft, dort in einer Firma zu neuen Baustoffen recycelt.













