Was kommt nach der Ampel?

News zur Regierungskrise: Rudert Scholz zurück? Er will „zügig Neuwahlen“!

Die Ampel ist aus und in Berlin wird heftig über die Konsequenzen diskutiert. Parteien und Politiker bringen sich jetzt schon für die kommenden Bundestagswahlen in Stellung.

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Der Kampf um die Sitze im Bundestag unter der Reichstagskuppel ist bereits voll im Gange.
Der Kampf um die Sitze im Bundestag unter der Reichstagskuppel ist bereits voll im Gange.Fabian Sommer/dpa

Das politische Berlin sucht nach Wegen aus der Krise, nachdem sich die Ampel am Mittwochabend sozusagen abgeschaltet hat. Neuwahlen stehen ins Haus. Aber wann genau? Es wird heftig gestritten und alle Parteien versuchen sich in eine für sie günstige Ausgangsposition zu bringen. Hier fassen wir für Sie die wichtigsten Entwicklungen zusammen.

Überraschender Post auf X: Bundeskanzler Scholz will „zügig Neuwahlen“

Am Abend setzte Bundeskanzler Olaf Scholz einen überraschenden Post beim Kurznachrichtendienst X (vormals Twitter) ab. „Ich möchte zügig Neuwahlen ermöglichen“, schrieb der SPD-Politiker dort. „Den Termin sollten wir unaufgeregt diskutieren. Es wäre gut, wenn sich die demokratischen Fraktionen verständigen, welche Gesetze noch beschlossen werden können.“ Das könne beantworten, wann der richtige Zeitpunkt für die Vertrauensfrage ist. Ob das zugleich als Abweichen vom ursprünglichen Plan, Neuwahlen für Ende März anzusetzen, verstanden werden soll, ist allerdings unklar.

Scholz zu Gesprächen über Termin für Neuwahl bereit

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) gibt nach dem Treffen des Europäischen Rates eine Pressekonferenz in Budapest.
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) gibt nach dem Treffen des Europäischen Rates eine Pressekonferenz in Budapest.dpa

Jetzt also doch! Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat sich zu Gesprächen über einen Termin für Neuwahlen bereit erklärt. „Über den Termin sollten wir möglichst unaufgeregt diskutieren“, sagte Scholz nach dem EU-Gipfel in Budapest. Eine Einigung der Fraktionen im Bundestag zu vor der Wahl noch nötigen Gesetzesvorhaben könne auch die Frage beantworten, „welcher Zeitpunkt dann der richtige ist, im Bundestag die Vertrauensfrage zu stellen“.

Nach dem Bruch der Ampel-Koalition hatte Scholz angekündigt, er wolle die Vertrauensfrage am 15. Januar stellen, um Wahlen „spätestens bis Ende März“ möglich zu machen. Davor will er bis Weihnachten in einer rot-grünen Minderheitsregierung noch mehrere ihm wichtige Gesetzesvorhaben durch das Parlament bringen. Die Opposition fordert hingegen ebenso wie die FDP eine sofortige Vertrauensfrage; Unions-Kanzlerkandidat und CDU-Chef Friedrich Merz sprach sich am Freitag für Neuwahlen am 19. Januar aus.

Sprecherin: Scholz lehnt Merz-Forderung nach Vertrauensfrage am Mittwoch ab

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat die Forderung von CDU-Chef Friedrich Merz zurückgewiesen, schon am kommenden Mittwoch im Bundestag die Vertrauensfrage mit Blick auf Neuwahlen zu stellen. Es sei richtig, dass Scholz dies nicht tun werde, bestätigte Vize-Regierungssprecherin Christiane Hoffmann am Freitag in Berlin. Scholz wird nach dem Auseinanderbrechen der Ampel-Koalition am Mittwoch im Bundestag eine Regierungserklärung zur aktuellen Lage abgeben.

Nach dem Ausschieden der FDP aus der Koalition will Scholz bis Weihnachten in einer rot-grünen Minderheitsregierung noch mehrere ihm wichtige Gesetzesvorhaben durch das Parlament bringen. Erst Mitte Januar plant der Kanzler dann, im Bundestag die Vertrauensfrage zu stellen, um Wahlen „spätestens bis Ende März“ möglich zu machen.

Merz dringt auf frühere Neuwahlen. Er ist erst nach der Vertrauensfrage bereit, mit Scholz über eine mögliche Zusammenarbeit zu sprechen, um möglicherweise bestimmte Gesetzesvorhaben vor den Wahlen noch zu beschließen.

Nach Ampel-Aus: FDP meldet viele neue Mitglieder

Die FDP meldet nach dem Ende ihres Regierungsbündnisses mit SPD und Grünen einen Mitgliederzuwachs. Seit dem Aus der Koalition gebe es etwa 650 neue Mitgliedsanträge, sagte ein Parteisprecher in Berlin. „Die FDP hat aktuell rund 70.000 Mitglieder, seit dem Ende der Koalition verzeichnen wir viele Eintritte und kaum Austritte“, sagte er weiter.

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hatte Bundesfinanzminister Christian Lindner entlassen. Lindner ist auch FDP-Bundesvorsitzender. Danach reichten Bundesjustizminister Marco Buschmann und Bildungsministerin Bettina Stark-Watzinger (beide FDP) ihre Rücktritte ein.

Merz schließt Lindner-Rückkehr ins Finanzressort nicht aus

CDU-Kanzlerkandidat Friedrich Merz schließt eine Rückkehr von FDP-Chef Christian Lindner auf den Posten des Finanzministers in einer möglichen unionsgeführten Regierung nicht kategorisch aus. „Das ist dann realistisch, wenn die FDP so stark ist, dass sie wieder Regierungsfraktion wird“, sagte der Unionsfraktionschef in Berlin auf eine entsprechende Journalistenfrage. Der CDU-Vorsitzende fügte hinzu: „Aber das liegt allein in der Hand der FDP und nicht in unserer.“

Der von Kanzler Olaf Scholz (SPD) am Mittwoch entlassene Lindner will noch einmal Finanzminister werden. „Das ist mein Ziel, denn ich trete jetzt für den nächsten Deutschen Bundestag an“, sagte er in der ZDF-Sendung „Was nun, Herr Lindner?“. Lindner ergänzte: „Und das Ziel ist nicht Opposition, sondern natürlich will ich meine Arbeit in einer nächsten Regierung fortsetzen.“ In Umfragen liegt die FDP derzeit zwischen drei und fünf Prozent.

Mützenich: CDU/CSU soll mit „Popanz“ aufhören

SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich hat CDU und CSU aufgefordert, gemeinsam mit SPD und Grünen unmittelbar noch wichtige Gesetze vor Neuwahlen zu verabschieden. Die Union baue „wieder einen Popanz auf“, indem sie im Moment nur über den Termin für die anstehende Vertrauensfrage und Neuwahl reden wolle.

„Ich bin der Meinung, das interessiert die Bürgerinnen und Bürger überhaupt nicht“, sagte Mützenich. Familien, Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer wollten vielmehr wissen, ob das Kindergeld steige, wie es mit dem Deutschland-Ticket weitergehe und ob der Staat energieintensive Unternehmen mit neuen Hilfen unterstütze. „Das sind die Fragen, um die es in diesen Tagen und in diesen Stunden geht“.

Mützenich begründete mit diesen Gesetzen auch den von Scholz gewählten Termin für die Vertrauensfrage am 15. Januar. Der Kanzler glaube, dass diese Gesetze dann abgearbeitet seien.

Habeck will Kanzlerkandidat werden

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Bündnis 90/Die Grünen)
Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Bündnis 90/Die Grünen)dpa

Robert Habeck will die Grünen als Kanzlerkandidat in den Wahlkampf führen. Am Freitag will der Vizekanzler und Wirtschaftsminister seine Kandidatur offiziell machen.

Die Kür zum Spitzenmann der Grünen ist für den Bundesparteitag der Grünen geplant, der am Freitag kommender Woche in Wiesbaden beginnt. Dort wird Habeck um die Unterstützung der Delegierten werben, um mit Rückenwind in den Wahlkampf zu starten.

Habeck hatte den Schritt bereits am Vortag in sozialen Medien angedeutet. Fast sechs Jahre nach seinem Abschied von Twitter und Facebook meldete er sich auf der Plattform X zurück. Auch auf Instagram gibt es jetzt wieder einen Account von Robert Habeck. Die Chancen, tatsächlich ins Kanzleramt einzuziehen, sind für Habeck allerdings begrenzt. In Umfragen liegt seine Partei derzeit bei schlappen 9 bis 11 Prozent.

Merz streitet mit Scholz: Sind „im Dissenz“ auseinander gegangen

Unionsfraktionschef Friedrich Merz (CDU) hat sich ernüchtert über sein Gespräch mit Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) zur aktuellen politischen Situation gezeigt. Scholz und er seien am Donnerstag „im Dissenz auseinander gegangen“, sagte Merz am Freitagmorgen nach seiner Sondersitzung seiner Fraktion. Der Kanzler habe nicht plausibel begründen können, warum er die Vertrauensfrage erst Mitte Januar stellen will und nicht schon nächste Woche.

Laut Merz ist für kommenden Mittwoch eine Regierungserklärung von Scholz im Bundestag zur aktuellen Lage geplant. Er forderte den Kanzler auf, an diesem Tag auch die Vertrauensfrage zu stellen. Am Mittwochabend hatte Scholz den 15. Januar als Termin für diesen Schritt genannt.

Mit dem Instrument der Vertrauensfrage habe es „der Bundeskanzler allein“ in der Hand, die Neuwahlen herbeizuführen, sagte Merz. Diese Verantwortung müsse Scholz jetzt wahrnehmen.

Er selbst empfinde es ebenso wie seine Fraktion zusammen „mit der überwiegenden Mehrheit der deutschen Wahlbevölkerung als verantwortungslos“, das Scholz bis Mitte Januar warten will, unterstrich Merz. Er hoffe, dass sich der Kanzler noch umstimmen lasse.

Auch CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt bezeichnete Scholz' bisherigen Zeitplan als „absolut respektlos“. Er warf zugleich den Grünen vor, diesen „Respektlos-Kurs“ mitzutragen. ■