Ampel am Ende

Streit eskaliert! Kanzler Scholz feuert Finanzminister Christian Lindner

Wird es jetzt richtig eng für die Regierung. Fakt scheint zu sein, dass die Koalition in Kürze aus der Kurve fliegt.

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Die Ampelmänner haben sich nicht mehr allzu viel zu sagen: (v. l.) Christian Lindner (FDP), Bundesminister der Finanzen, Robert Habeck (Bündnis 90/Die Grünen), Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz, und Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD).
Die Ampelmänner haben sich nicht mehr allzu viel zu sagen: (v. l.) Christian Lindner (FDP), Bundesminister der Finanzen, Robert Habeck (Bündnis 90/Die Grünen), Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz, und Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD).Kay Nietfeld/dpa

Jetzt wird es richtig dramatisch in Berlin. Die Ampel scheint endgültig am Ende. Die Regierung fliegt auseinander. Der Bundeskanzler Olaf Scholz hat am Mittwochabend Finanzminister Christian Lindner gefeuert, wie Regierungssprecher Steffen Hebestreit der Deutschen Presse-Agentur mitteilte. 

Zuvor hatte Lindner Scholz (SPD) eine Neuwahl des Bundestags vorgeschlagen. Der Kanzler hatte das abgelehnt. Die Gespräche hätten gezeigt, dass keine ausreichende Gemeinsamkeit in der Wirtschafts- und Finanzpolitik herzustellen sei, zitieren Teilnehmer Lindner. Es sei im Interesse des Landes, schnell Stabilität und Handlungsfähigkeit zurückzugewinnen.

Lindner schlug Vertrauensfrage vor

Lindner schlug den Angaben zufolge vor, dass die Ampel-Parteien, wie 2005 gemeinschaftlich schnellstmöglich Neuwahlen für Anfang 2025 anstreben sollten, um „geordnet und in Würde“ eine neue Regierung für Deutschland zu ermöglichen. Die FDP wäre bereit, noch den Nachtragshaushalt 2024 gemeinsam zu beschließen und einer geschäftsführenden Bundesregierung anzugehören.

Zuvor hatten die Spitzen von SPD, Grünen und FDP zweieinhalb Stunden beraten, um Wege aus der Ampel-Krise zu finden. Im Kern ging es darum, wie das Milliardenloch im Haushalt 2025 gestopft und die schwer angeschlagene deutsche Wirtschaft wieder auf Trab gebracht werden kann.

Werden keine Freunde mehr. Bundeskanzler Scholz (li.) hat seinen Finanzminister Christian Lindner entlassen, nachdem der Koalitionsstreit am Mittwochabend im Berliner Kanzleramt so richtig eskaliert war. (Archivbild)
Werden keine Freunde mehr. Bundeskanzler Scholz (li.) hat seinen Finanzminister Christian Lindner entlassen, nachdem der Koalitionsstreit am Mittwochabend im Berliner Kanzleramt so richtig eskaliert war. (Archivbild)Christof STACHE / AFP

Schwere Vorwürfe – Scholz rechnet mit Lindner ab

Nachdem er seinen Finanzminister entlassen hatte, trat der Kanzler vor die Presse. Im Bundeskanzleramt rechnete Scholz dann in fast beispielloser Art mit Lindner ab. Es gebe keine Vertrauensbasis für eine weitere Zusammenarbeit. Er habe Angebote für ein Paket gemacht, um den Standort zu stärken und den Haushalt 2025 zu beschließen. Lindner habe die Vorschläge abgelehnt. Er handle verantwortungslos, verfolge egoistische Ziele und habe nur die FDP-Klientel im Blick.

Dagegen schob Christian Lindner später am Abend in einer Erklärung vor der Presse dem Kanzler die Schuld am Platzen der Koalition zu: „Olaf Scholz hat leider gezeigt, dass er nicht die Kraft hat, unserem Land einen neuen Aufbruch zu ermöglichen“, sagte der entlassene Bundesfinanzminister. Linder warf Scholz vor, die Zusammenarbeit mit ihm und der FDP aufgekündigt und damit einen „kalkulierten Bruch dieser Koalition“ herbeigeführt zu haben.

Die Ampel ist aus - wie geht es weiter

Die große Frage ist nun, was aus dem Bundeshaushalt 2025 wird. Dafür gibt es keine Ampel-Mehrheit mehr. Es gilt als unwahrscheinlich, dass CDU und CSU nun für eine Mehrheit sorgen. Wird kein Haushalt beschlossen, würde ab Januar eine sogenannte vorläufige Haushaltsführung gelten. Dann sind vorerst nur Ausgaben möglich, die nötig sind, um die Verwaltung aufrechtzuerhalten und rechtliche Verpflichtungen zu erfüllen. In der Praxis kann das Finanzministerium den Ministerien aber bewilligen, pro Monat einen Prozentsatz der Mittel des noch nicht verabschiedeten Haushaltsentwurfs zu nutzen.

Lindner hatte „Herbst der Entscheidungen“ ausgerufen

Lindner hat schon vor einiger Zeit den „Herbst der Entscheidungen“ für die Koalition ausgerufen. Er meinte damit vor allem den Haushalt für das nächste Jahr, der am 29. November im Bundestag verabschiedet werden sollte. Daneben ging es ihm um eine Strategie, wie Deutschland aus der Wirtschaftskrise geführt werden soll. Dazu hat er Vorschläge gemacht, die den Streit in der Koalition eskalieren ließen. In seinem Konzept für eine Wirtschaftswende fordert Lindner unter anderem die endgültige Abschaffung des Solidaritätszuschlags auch für Vielverdiener und einen Kurswechsel in der Klimapolitik.

Gegen solche Ideen gab es erheblichen Widerstand bei SPD und Grünen. Habeck war Lindner aber auch einen Schritt entgegengekommen. Er hat sich am Montag bereiterklärt, die nach der Verschiebung des Baus eines Intel-Werks in Magdeburg frei werdenden Fördermilliarden zum Stopfen von Haushaltslöchern zu verwenden. ■