Die Polizei rückt gefühlt fast täglich an. Sagen die Bewohner eines Mietshauses an der Friedrichshagener Straße in Berlin-Köpenick. Sie müssen es wissen. Denn sie sind es, die die Polizei alarmieren. Ein Einsatz machte jüngst Schlagzeilen in ganz Deutschland. Die Polizei rückte an, weil ein Hausbewohner, ein Rumäne (41), nachts zwei Schafe in seiner Wohnung schlachte. „Das war der Höhepunkt“, sagt Mieter Sven P. (36). „Seit Monaten haben wir Riesen-Ärger mit neuen Nachbarn. Es gibt Krach, es gibt Drohungen, es gab Brände. Wir leben in einem Horrorhaus!“
Sven P. hat es satt – genauso wie seine Nachbarinnen Gabriele B. (71) und Annette M. (61). Sie treffen sich mit dem KURIER, um die Vorgänge in dem Köpenicker Horrorhaus endlich öffentlich zu machen. Sie wollen nicht mehr länger über den Ärger schweigen, den sie mit einigen neuen Nachbarn haben. Und sie haben Angst, dass die Drohungen, die sie zu hören bekommen, eines Tages wahr werden könnten. Daher hat die KURIER-Redaktion ihre Namen geändert und die Mieter auf Fotos unkenntlich gemacht.
„Im vergangenen Herbst ging der Ärger los“, sagen sie. Zu diesem Zeitpunkt sind die neuen Nachbarn in einer ehemaligen Ladenzeile im Erdgeschoss des Gebäudes an der Friedrichshagener Straße eingezogen. Ein Geschäftsmann hatte die leerstehenden Läden, in denen einst eine Videothek, ein Fahrradladen und ein Politiker-Büro ihre Adresse hatten, gekauft und zu sogenannten „Business Apartments“ umgebaut.

Das Bezirksamt Treptow-Köpenick spricht von 15 Ferienwohnungen, die einst genehmigt wurden – und die mit bis zu 60 Personen belegt werden können. Doch Touristen zogen hier im Herbst 2024 nicht ein.
Horrorhaus: „Plötzlich waren Familien aus Afrika und Rumänien da“
„Es waren plötzlich Flüchtlingsfamilien aus Afrika und Familien aus Rumänien mit ihren Kindern da“, sagt Mieter Sven P. „Geschätzt um die 50 Personen, davon sind etwa die Hälfte Kinder“, sagt Nachbarin Gabriele B. Genau wisse man es nicht. Doch allein auf dem Briefkasten vor den Quartieren stehen 34 Namen!
Auch das Bezirksamt kann auf KURIER-Anfrage zunächst nicht genau sagen, wie viele Menschen derzeit in den umgebauten Geschäften wohnen. „Insgesamt ist eine Belegung von bis zu 60 Personen in 15 Wohneinheiten möglich“, heißt es. Dann wird die Behörde konkret: „Seit November 2024 wurden insgesamt 47 Personen ordnungsrechtlich durch das Amt für Soziales zugewiesen.“
Die große, neue Nachbarschaft sorgt seit etwa acht Monaten für große Unruhe bei den Mietern. „Wir haben bestimmt nichts gegen Kinder“, sagt Mieterin Annette Müller. „Und wir haben auch nichts dagegen, dass Kinder Lärm machen. Aber dass Kinder, vom Kleinkind bis zum Teenager, bis um Mitternacht auf der Straße oder im Hof laut spielen, das muss man auf Dauer nicht tolerieren.“

An Nachtruhe sei nicht mehr zu denken, so Mieter P. „Wir haben versucht, mit den Erwachsenen und mit den Kindern zu reden – es führt zu nichts“, sagt er. Also rufen die Hausbewohner immer wieder die Polizei. „Die Beamten kommen, danach ist Ruhe. Aber dann geht der Krach an den nächsten Tagen beziehungsweise Nächten wieder los. Und wieder holen wir die Polizei – und das Spiel beginnt von vorne.“
Im Konflikt mit den Erwachsenen dieser Kinder, die Rumänen sein sollen, soll es nun sogar Drohungen gegen Mieter gegeben haben, die sich beschweren. „Kurz vor dem Tag, als die Schafe getötet wurden, bekam ich von einem jungen Mann zu hören: ,Ich poliere dir die Fresse!‘ Vorausgegangen war nur die Bitte, dass die Kinder nicht bis in die Nacht draußen spielen sollten, weil man gerne schlafen möchte.“
Krach, Drohungen – und dann brennt es im Horrorhaus von Köpenick!
Die Kinder sollen sogar den Erwachsenen nacheifern, so Mieterin Annette M. „Mein Mann bat einen Jungen, etwas leiser zu spielen. ,Ich schieße dich ab‘ bekam er zu hören“, sagt sie. Es soll sogar eine Nachbarin geben, die mit Besenstielen bedroht wurde. Doch sie will in der Öffentlichkeit dazu nichts sagen.
Krach bis in die Nacht, Drohungen – und dann brannte es auch noch im Horrorhaus von Köpenick! Zunächst nur eine Gelbe Tonne auf dem Hof. Noch harmlos. Am Silvesterabend ging dann ein Balkon im dritten Obergeschoss in Flammen auf. Eine Mieterin hatte beobachtet, wie ein junger Rumäne im Hof eine Rakete abgeschossen hatte, die dann auf dem Balkon landete.

Ein Sprecher der Feuerwehr bestätigt dem KURIER den Brand vom 31. Dezember 2024: „Der Balkon brannte völlig aus. Personen wurden nicht verletzt.“ Die Polizei übernahm die Ermittlungen, die dann bei der Staatsanwaltschaft landeten.
Was dabei herauskam? Die Ermittlungen wurden eingestellt. Ein Täter konnte nicht konkret ermittelt werden, so Sprecher Michael Petzold. Für den Schaden, zu dem die Staatsanwaltschaft keine Angaben macht, muss der Wohnungseigentümer beziehungsweise dessen Versicherung aufkommen, so der Sprecher.
„Ich habe eine Frau und zwei Kinder, sieben und zwölf Jahre alt. Klar, dass wir nach diesen Vorfällen Angst davor haben, was noch in diesem Horrorhaus passieren wird“, sagt Sven P. „Und dass das alles noch nicht der Höhepunkt war, konnte keiner ahnen.“
Horror-Haus von Köpenick: Polizei fand zwei tote Schafe und blutige Messer
Denn es kam noch schlimmer. In der Nacht zum 10. Juni wurden in der Wohnung einer rumänischen Familie zwei Schafe geschlachtet. Das angsterfüllte Schreien der Tiere um ihr Leben hallte durch das ganze Haus – mehrere Hausbewohner alarmierten die Polizei. Die Beamten fanden in der Wohnung die getöteten Schafe, blutige Messer und Schalen. Im Badezimmer lag ein drittes Schaf noch lebend auf dem Boden.
Laut Polizei wurden die Tiere aus dem Landschaftspark Herzberge in Berlin-Lichtenberg gestohlen. Eine ältere Rumänin aus der Wohnung, in der die Schafe geschlachtet wurden, behauptet gegenüber dem KURIER: „Wir haben die Tiere für 150 Euro gekauft.“

Die Bewohner, die der KURIER in der Wohnung antrifft, bestreiten, dass es Drohungen gegen Hausbewohner oder auch Polizeieinsätze wegen Lärms gab. „Hier gibt es keine Probleme!“
Die Mieter in dem Horrorhaus sind aber mit den Nerven am Ende. Sie fühlen sich von Behörden im Stich gelassen. „Wir haben mit Menschen anderer Nationalität kein Problem“, sagt Sven P. „Aber man muss schon vorbereitet werden, wenn man plötzlich mit einer Vielzahl von Menschen aus einem anderen Kulturkreis zusammen leben soll. Und das muss vor dem Einzug passieren. Wir wurden aber vor vollendete Tatsachen gesetzt.“

Ihre Hausverwaltung, die für die Verwaltung der Quartiere in der einstigen Ladenzeile nicht zuständig ist, bekam erst im November 2024 eine Information vom Sozialamt des Bezirkes. Das teilte kurz und knapp mit, dass „in dem Objekt Unterkünfte entstanden sind“, „die zur ordnungsrechtlichen Unterbringung wohnungsloser Personen dienen“.
Horror-Haus von Köpenick: Was machen die Behörden?
Das Bezirksamt wird auf KURIER-Anfrage konkreter: „Die ehemals als Ferienwohnungen genehmigten Einheiten in der Friedrichshagener Straße … werden derzeit von zahlreichen geflüchteten und/oder obdachlosen Menschen als Wohnraum genutzt. Eine Belegungsempfehlung für die Unterkunft wurde vom Sozialamt ausgesprochen – insbesondere vor dem Hintergrund des hohen Bedarfs an Unterkunftsplätzen.“
Offenbar zahlt das Sozialamt beziehungsweise das Jobcenter für die Unterbringung. Doch warum wurden die Mieter über die Nutzung der genehmigten „Ferienwohnungen“ als Obdachlosen- und Flüchtlingsunterkunft in Unklaren gelassen?
Das Integrationsbüro des Bezirksamtes habe erst durch eine Beschwerde von den Problemen in dem Objekt erfahren, teilt Bezirkssprecherin Sabrina Kirmse mit. „Der Vorfall mit den Schafen ist dem Bezirksamt bekannt. Bekannt sind auch Probleme hinsichtlich des Zusammenlebens. Das Bezirksamt hat eine ämterübergreifende Runde einberufen. Es finden derzeit Abstimmungen statt.“