Die Bürgerinitiative hat sich vor dem Verfassungsgerichtshof Berlin durchgesetzt. Ja, es darf ein Volksentscheid über eine autofreie Hauptstadt beantragt werden. Für die Bürgerinitiative ist die Gerichtsentscheidung ein Sieg! Doch die Frauen und Männer, die mit einem kruden Gesetz so gerne private Autos aus der Innenstadt verbannen wollen, werden sogar von den Berliner Grünen kritisiert. Denn auch die Öko-Partei findet einen Volksentscheid „Berlin autofrei“ blöd!
Diese Gerichtsentscheidung erregt die Gemüter: Am Mittwoch (25. Juni) hatte der Verfassungsgerichthof entschieden, dass der Antrag der Bürgerinitiative zur Einleitung eines Volksentscheides „Berlin autofrei“ laut Verfassung zulässig ist. Der Senat (übrigens der rot-rot-grüne) hatte da seine Bedenken und stoppte 2022 das Volksentscheid-Verfahren und zog vor Gericht.
Die Bedenken sind berechtigt: Die Bürgerinitiative hat zum Volksentscheid auch schon einen Gesetzentwurf mitgeliefert, der im Falle eines Erfolges des Volksentscheides dann auch vom Senat umgesetzt werden müsste. Dieser sieht vor: Der private Pkw-Verkehr soll innerhalb des S-Bahn-Rings drastisch abgebaut werden. Die meisten Straßen sollen dafür als „autoreduziert“ klassifiziert werden, die nur von Bussen, Rettungsfahrzeugen oder dem Wirtschaftsverkehr genutzt werden sollen. Ausnahmen sind Bundesstraßen und die Stadtautobahn.

Der absolute Irrsinn der „Autofrei“-Aktivisten: Laut ihrem Gesetzentwurf soll es privaten Autobesitzern nur zwölfmal pro Jahr für jeweils 24 Stunden erlaubt sein, mit dem eigenen Auto durch die Innenstadt zu fahren. Das ist nun sogar den Berliner Grünen zu viel, die ja in der Vergangenheit gerne mit Aktionen für autofreie Kieze für Unmut bei den Hauptstadt-Bewohnern sorgten.
Berliner Grüne kritisieren Volksentscheid zur autofreien Stadt
Auch wenn eine autofreie Stadt den Prinzipien der Öko-Partei entspricht– so ein Gesetz, wie es die Bürgerinitiative vorschlägt, wollen die Berliner Grünen aber nicht. Die Landeschefs Nina Stahr und Philmon Ghirmai befürchten offenbar, dass eine Regelung, die das Autofahren in der Innenstadt quasi verbietet, das künftige gesellschaftliche Klima in Berlin vergiften könnte.
„Wir setzen uns ein für eine barrierefreie und klimafreundliche Mobilität für alle – niemand sollte Auto fahren müssen“, sagen die Berliner Grünen-Chefs. Aber: „Ein weitreichendes Verbot von Autos im Innenstadtbereich könnte jedoch zu einer Polarisierung zwischen Innen- und Außenstadt führen. Das Risiko, dass Menschen, die derzeit noch ein Auto besitzen, sich überrumpelt fühlen, ist nicht zu vernachlässigen.“

Stahr und Ghirmai erklären: „Wir möchten eine zukunftsfähige Verkehrswende, die alle mitnimmt und sind der festen Überzeugung, dass das nur gemeinsam gelingen kann. Statt neue Gesetze ist es jetzt entscheidend, die Verkehrswende auf die Straße zu bringen.“ Weniger Autoverkehr sei gut, finden auch die Berliner Linken, daher sei der Ansatz der Bürgerinitiative nicht ganz falsch. Aber auch ihr Verkehrsexperte Kristian Ronneburg spart nicht mit Kritik.
Autofreie Stadt: Unternehmer-Chef erklärt, warum das nicht geht
„Voraussetzung für Maßnahmen, die zu einer deutlichen Reduzierung des Autoverkehrs führen, ist für uns dabei vor allem der Ausbau und die Beschleunigung des öffentlichen Nahverkehrs sowie auch des Fuß- und Radverkehrs, um den Umstieg vom Auto auf umweltgerechte Verkehrsmittel zu ermöglichen“, sagt er.

Richtig vom Leder gegen einen nun möglichen Volksentscheid „Berlin autofrei“ zieht Alexander Schirp, Chef des Unternehmerverbandes Berlin-Brandenburg (UVB). „Das Autofahren in Berlins Innenstadt weitgehend verbieten zu wollen, wäre ein schwerer Schlag für die Wirtschaft in der Hauptstadtregion“, sagt er.
Schirp begründet es wie folgt: „Der Weg zur Arbeit und zurück wäre betroffen, mehr als 500.000 Menschen pendeln von Brandenburg nach Berlin oder umgekehrt. Wegen mangelnder Kapazität und Taktung ist der öffentliche Nahverkehr für viele keine Alternative.“ Außerdem würde „eine solche Verkehrspolitik bereits am absehbaren Bürokratie-Wust scheitern“, sagt der Unternehmer-Verbandschef. „Unternehmen müssten Anträge schreiben, um ihren Betrieb aufrecht erhalten zu dürfen, Bürgerinnen und Bürger müssten sich heute alltägliche Fahrten genehmigen lassen“, prophezeit Schirp.