Berliner Proteste

Streit um Flüchtlingsheime: Die Angst der Politiker vor ihren Bürgern

Überall in der Stadt gibt es Ärger um dringend benötigte Flüchtlingsheime, die der Senat bauen lässt. Doch die Anwohner und betroffene Kleingärtner fühlen sich nicht richtig informiert.

Author - Stefan Henseke
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Die Grünauer Straße in Berlin-Köpenick: Die Pächter einer Kleingartenanlage sind sauer über die Wohncontainer für die Flüchtlinge, die mitten in die Anlage gesetzt werden – und darüber, dass sie erst einen Monat nach Baubeginn informiert wurden.
Die Grünauer Straße in Berlin-Köpenick: Die Pächter einer Kleingartenanlage sind sauer über die Wohncontainer für die Flüchtlinge, die mitten in die Anlage gesetzt werden – und darüber, dass sie erst einen Monat nach Baubeginn informiert wurden.Benjamin Pritzkuleit

Sie fühlen sich nicht mitgenommen, nicht richtig informiert. Anwohner, in deren Nachbarschaft Berlin neue Flüchtlingsheime baut. Überall gibt es Proteste. Im Osten, in Berlin-Köpenick. Im Westen, in Berlin-Neukölln. Berlin gehen die Plätze für Flüchtlinge aus, also wird neu gebaut. Von 16 neuen Containerdörfern für 6130 Menschen spricht der Senat. Doch eines vergessen der Senat und die Bezirke anscheinend. Die Anwohner, die direkt Betroffenen, rechzeitig und umfassend über die Pläne zu informieren.

In Berlin-Köpenick: Erst bauen, dann informieren

Der KURIER berichtete über mehrere dieser Projekte. In Köpenick wird ein Flüchtlingsheim mitten in eine Kleingartenanlage gesetzt. Die Pächter in der Grünauer Straße sind fassungslos: „Die haben hier angefangen zu bauen, bevor wir überhaupt informiert wurden“, wurde uns gesagt. „Das ist respektlos gegenüber uns Kleingärtnern.“

Auch in Berlin-Neukölln fühlen sich die Anwohner nicht ernst genommen. „Kritisiert man die Entscheidung, wird man gleich in die rechte Ecke geschoben“, sagt Christine Böttcher. „Aber das Problem ist doch, dass hier über die Köpfe der Leute hinweg entschieden wird.“ Die Probleme ähneln sich: Die Informationen kommen zu spät oder sie werden gefiltert.

In Neukölln scheitern die Gegner des Standortes Sangerhauser Weg schon seit Wochen mit Bitten um Einsicht in bereits erfolgte Untersuchungen. Es geht hier um Umwelt- und Tierschutz, Verkehrsgutachten. Das sei Verschlusssache, heißt es immer wieder. Man bekommt fast das Gefühl, die Politiker hätten Angst vor ihren Bürgern und trauten ihnen nicht. Denn es geht hier ja nicht um irgendwelche hochgeheimen Projekte. Sondern um Bauten mit direkten Auswirkungen für jeden Anwohner.

In Berlin-Neukölln: Verschlusssache statt Öffentlichkeit

Politiker vergessen dabei, dass sie eine Rechenschaftspflicht haben, die Verpflichtung, Entscheidungen gegenüber der Öffentlichkeit zu rechtfertigen und zu verantworten. Dieses nur Die-Hälfte-sagen weckt den Argwohn bei Betroffenen und nährt den Verdacht, dass etwas verschwiegen wird.

Dieser Parkplatz am Britzer Garten soll für ein Containerdorf für Flüchtlinge verschwinden. Anwohnerin Sina Hoffmann (v.l.), Bio-Gärtnerin Anna Stein, Anwohnerin Christiane Böttcher und Margrit und Johannes Thiem vom Förderkreis Britzer Garten machen gegen die Bebauung mobil. „Aus Sicht des Britzer Garten ist die Entscheidung eine Katastrophe. Das hier ist der einzige große Parkplatz für die Besucher“, sagt Johannes Thiem.
Dieser Parkplatz am Britzer Garten soll für ein Containerdorf für Flüchtlinge verschwinden. Anwohnerin Sina Hoffmann (v.l.), Bio-Gärtnerin Anna Stein, Anwohnerin Christiane Böttcher und Margrit und Johannes Thiem vom Förderkreis Britzer Garten machen gegen die Bebauung mobil. „Aus Sicht des Britzer Garten ist die Entscheidung eine Katastrophe. Das hier ist der einzige große Parkplatz für die Besucher“, sagt Johannes Thiem.Emmanuele Contini

Am Dienstag tagte der Umweltausschuss der BVV Neukölln, debattiert wurde über Umwelt-Potenzialanalyse (UPA). Anwohner, die dabei waren, wurde nur eine Zusammenfassung vorgelegt, berichtet Christine Böttcher. Sie sagt: „Die vollständige UPA ist Verschlusssache und wurde uns nicht zugänglich gemacht.“