Das Horrorhaus von Köpenick macht immer weiter Schlagzeilen. Jetzt kommt heraus, dass bei der dort offenbar rechtswidrigen Unterbringung von Flüchtlingen und Obdachlosen wohl eine Behörde aus dem Bezirksamt Treptow-Köpenick mächtig ein Auge zugedrückt haben soll.
Der KURIER hatte über die Geschehnisse in dem Horrorhaus ausführlich berichtet. Auch darüber, dass nun das Bezirksamt die Notbremse zog, dass in den Räumen einer ehemaligen Ladenzeile im Erdgeschoss des Mietshauses an der Friedrichshagener Straße keine Obdachlosen und Flüchtlinge mehr untergebracht werden dürfen. Die dort insgesamt 68 Bewohner müssen zum 1. Oktober die Unterkünfte verlassen.
Vor allem wohnungslose Rumänen sorgten seit Monaten für Ärger. Illegal geschlachtete Schafe in einer Wohnung, Bedrohung von Mietern, die sich über Lärm beschwerten und die Polizei holten. „Wir leben in einem Horrorhaus“, sagten die Mieter, als der KURIER sie im Juni besuchte, um über die Zustände in dem Mietshaus zu berichten.

Jetzt sind die Bewohner erleichtert, dass auf öffentlichen Druck das Bezirksamt endlich handelt. Laut Auskunft der Behörde ging bei der Unterbringung der Flüchtlinge und Obdachlosen nicht alles mit rechten Dingen zu. Die ehemaligen Ladenlokale wurden vom Eigentümer zunächst zu Ferienwohnungen umgebaut – mit Genehmigung des Bezirksamtes. Doch genutzt wurden sie dann als Unterkünfte für Flüchtlinge und wohnungslose EU-Bürger, die wiederum vom Sozialamt geschickt wurden. Auf KURIER-Nachfrage erklärt jetzt das Bezirksamt Treptow-Köpenick, wie es dazu überhaupt kommen konnte.
Die Antwort der Behörde: „Die Sozialämter sind verpflichtet, die bezirkliche Aufgabe der Unterbringung von obdachlosen Menschen zu erfüllen. Hierfür müssen sie u. a. potenzielle neue Unterkünfte begehen und nach Überprüfung der Erfüllung der Mindeststandards zur Belegung durch alle bezirklichen Sozialen Wohnhilfen freigeben oder, bei starken Bedenken/Mängeln, diese Belegungsfreigabe verweigern.“
Flüchtlingsunterkunfte: „Bei Bedarf werden keine überhöhten Ansprüche an die Betreiber gestellt“
Dabei geraten die Sozialämter massiv unter Druck. In der Mitteilung des Bezirksamtes heißt es: „Da der Bedarf an Unterbringungsplätzen stetig steigt und häufig die Anzahl der verfügbaren Plätze im Bezirk und berlinweit überschreitet, werden bei der Prüfung in aller Regel keine überhöhten Ansprüche an die Betreiberinnen und Betreiber neu zu eröffnender Unterkünfte gestellt.“
Heißt: Man drückt die Augen zu, wenn etwa Unterlagen fehlen. „Der Betrieb wird in Ausnahmefällen auch bei nachträglicher Vorlage erforderlicher Unterlagen akzeptiert und Mängel in der Führung der Unterkunft werden durch Beratung mit den Betreibenden während des laufenden Betriebes behoben“, heißt es seitens des Bezirksamtes.

Die Behörde erklärt, dass der Betreiber der Unterkünfte in der Friedrichshagener Straße „einen verlässlichen, professionellen Eindruck“ machte und „die Beibringung der fehlenden baurechtlichen Genehmigungsunterlagen sowie die Sicherung adäquater Zustände in der Unterkunft glaubhaft zusagte“. Das Bezirksamt erklärt weiter: „Nach Abwägung des Platzbedarfs und des Risikos gab das Sozialamt Treptow-Köpenick die Unterkunft zur Belegung frei. Dies entsprach dem damals üblichen Prozedere.“
Horrorhaus von Köpenick: „Beschwerden über Zustände sind alltäglich“
Dass es zu möglichen Problemen zwischen Hausbewohnern und den dort untergebrachten Flüchtlingen und Obdachlosen kommen könnte, nahm man offenbar auch in Kauf. „Beschwerden über Zustände in den Unterkünften (Hygiene, Lärm, Jugendschutz etc.) sind alltäglich“, so das Bezirksamt gegenüber dem KURIER.
Doch offenbar lief im Fall des Hauses an der Friedrichshagener Straße nicht alles, wie erhofft. Das Bezirksamt berichtet: „Zur Begehung in 10/2024 lag für alle Wohneinheiten ein Brandschutzkonzept vor. Das Amt für Stadtentwicklung berichtet, dass für die Hausnummer 1B eine gültige Baugenehmigung (Ferienwohnung) vorliegt. Diese ist jedoch noch nicht rechtswirksam, da förmliche und materielle Voraussetzungen nicht erfüllt sind. Zum einen muss die Bauherrenschaft formal die Baubeginnanzeige einreichen, zum anderen fehlt der Prüfbericht für den Brandschutz.“

Und: „Für die Nutzung der Erdgeschosse der Hausaufgänge Friedrichshagener Str. 1A und 1C zur Unterbringung liegt keine Baugenehmigung vor. Zur nachträglichen Legalisierung hat die Bauherrenschaft Bauanträge eingereicht. Diese sind aber noch nicht vollständig“, so das Bezirksamt.