Wie in Paris...

Berlin bald autofrei? Gericht entscheidet über DIESEN Hammer-Plan

Die Pariser haben abgestimmt: Autos sollen aus der Stadt weichen. Auch in Berlin ist so eine Abstimmung anberaumt. Aber kommt sie wirklich?

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Ein Bild, das bald der Vergangenheit angehören könnte. Kommt das autofreie Berlin?
Ein Bild, das bald der Vergangenheit angehören könnte. Kommt das autofreie Berlin?IMAGO/snapshot

Wird Berlin bald wirklich autofrei? Eine Entscheidung mit enormer Tragweite steht bevor: Am Mittwoch verhandelt der Verfassungsgerichtshof des Landes Berlin über das umstrittene Volksbegehren der Initiative „Berlin autofrei“. Ihr Ziel: private Autofahrten in der Innenstadt drastisch reduzieren. Doch Kritiker schlagen Alarm. Der ADAC warnt: „Autofrei ist sinnfrei.“ Droht nun eine Eskalation im Kampf um die Straßen?

Paris als Vorreiter für autofreies Berlin?

Paris macht vor, was in Berlin bald Realität werden könnte. Hunderte Pariser Straßen sollen künftig für Autos gesperrt werden. Dafür sprach sich eine Bürgerbefragung in der französischen Hauptstadt am Wochenende aus. Konkret stimmten vier Prozent der knapp 1,4 Millionen eingetragenen Wählerinnen und Wähler dafür, 500 Straßen zu begrünen und für Autos dichtzumachen. In den kommenden Jahren könnten damit in Paris 10.000 Parkplätze wegfallen. Autofahrer müssten sich auf Umwege einstellen. Folgt Berlin jetzt diesem Beispiel?

Wer durch Berlin geht, sieht es überall: Poller verhindern Durchfahrten, Parkplätze weichen Sitzgelegenheiten, neue Radwege entstehen. Doch all das wäre nur ein Vorgeschmack auf das, was die Initiative plant. Denn ihr Gesetzentwurf sieht vor, dass private Pkw-Fahrten innerhalb des S-Bahn-Rings nur noch stark eingeschränkt erlaubt sein sollen. Konkret bedeutet das: Eine vierköpfige Familie dürfte ihr Auto jährlich nur 48 Tage nutzen – später nur noch 24.

Busse, Taxis, Polizei, Feuerwehr, Straßenreinigung, Müllabfuhr, Rettungsdienste und Postfahrzeuge blieben ausgenommen. Eine Härtefallregelung soll es für Menschen geben, die außerhalb des Tagesfahrplans von Bus und Bahn zur Arbeit müssen, oder körperlicher Einschränkungen aufs Auto angewiesen sind.

50.000 Stimmen für autofreies Berlin

Die Initiative fand bereits zahlreiche Unterstützer. Im Sommer 2021 sammelte sie mehr als 50.000 Unterschriften – weit mehr als die nötigen 20.000. Doch die Politik reagierte skeptisch. Der Senat hält das Vorhaben für „unverhältnismäßig“ und legte den Fall dem Verfassungsgerichtshof vor.

Nun kommt es zum Showdown: Am 2. April um 10.30 Uhr wird in Schöneberg verhandelt. Der Sitzungsraum 240, ein prächtiger Plenarsaal mit Stuck und Kamin, wird zum Schauplatz eines Kampfes um die Mobilität der Zukunft.

"Berlin autofrei"? Das verhandelt am Mittwoch ein Gericht.
"Berlin autofrei"? Das verhandelt am Mittwoch ein Gericht.imago images/David Weyand

Philipp Schulte, Fachanwalt für Verwaltungsrecht, verteidigt das Volksbegehren. „Im Kern geht es um die Frage, ob die Berlinerinnen und Berliner den öffentlichen Straßenraum direktdemokratisch neu verteilen dürfen und so eine ökologische Verkehrswende einleiten können“, erklärt er. Seine Meinung ist klar: „Ja, natürlich, wer sonst?“

Doch Kritiker bezeichnen die Pläne als Eingriff in die Grundrechte. Martin Koller, ADAC-Vorstand für Verkehr, befürchtet massive Probleme für ältere Menschen, Familien und Menschen mit Mobilitätseinschränkungen. „Noch besorgniserregender ist, dass diejenigen, die auf das Auto angewiesen sind, gezwungen sein könnten, ihre Wohnviertel zu verlassen.“

Autofreies Berlin: Verkehrswende oder Verkehrschaos?

Ein weiteres Problem: Ein komplettes Auto-Verbot im Zentrum könnte dazu führen, dass sich der Parksuchverkehr an den Rand des S-Bahn-Rings verlagert – mit neuen Problemen für die Anwohner. „Der ÖPNV wurde qualitativ und quantitativ nicht entsprechend weiterentwickelt“, so Koller. „Die Streiks bei der BVG haben gezeigt, dass vielen dann nur noch das Auto bleibt.“

Anna Baatz von „Berlin autofrei“ widerspricht: „Es ist brutal, wie es auf den Straßen zugeht. Der öffentliche Raum gehört allen. Wenn er von Autos dominiert wird, ist das ein Eingriff in unsere Rechte.“

Sollte das Gericht das Volksbegehren für zulässig erklären, beginnt die nächste Stufe. Dann müssten 175.000 Berliner ihre Unterschrift leisten, um das Thema ins Abgeordnetenhaus zu bringen. Sollte dieses den Entwurf ablehnen, könnte ein Volksentscheid folgen.

Und: Die Entscheidung des Gerichts könnte nicht nur über ein möglicherweise autofreies Berlin bestimmen, sondern auch eine Blaupause für andere Städte liefern. Wird Berlin bald zur ersten Metropole ohne privaten Autoverkehr? Der Mittwoch könnte die Weichen für die Zukunft der Hauptstadt stellen.