Dirk Zingler, Boss des 1. FC Union, sieht für den DFB viel Arbeit, um die Fans wieder für die Nationalmannschaft zu begeistern. 
Dirk Zingler, Boss des 1. FC Union, sieht für den DFB viel Arbeit, um die Fans wieder für die Nationalmannschaft zu begeistern.  Matthias Koch/imago

Der DFB und seine Fans: Wo jahrelang kein Blatt dazwischenpasste, passt bereits seit geraumer Zeit kaum mehr etwas zusammen. Die Hauptgründe sind bekannt: Die brutale Kommerzialisierung der Nationalmannschaft stinkt den Fans, sorgt seit Jahren für sinkendes Interesse der Deutschen. Sieht auch Dirk Zingler (58) so. Marketingfehler wie Helene Fischer: Der Präsident des 1. FC Union rechnet mit dem DFB ab!

Keine Frage, sportlicher Erfolg hätte die großen Probleme des DFB wohl nicht nur kaschiert, sondern – zumindest für eine Weile – vergessen lassen. Doch neben den immensen Baustellen innerhalb des größten Sportverbandes der Welt stimmt ja seit geraumer Zeit auch die sportliche Leistung nicht mehr. Zweimal in Folge erlebte die deutsche Nationalmannschaft ein WM-Debakel, schied sowohl 2018 in Russland als auch 2022 in Katar in der Vorrunde aus. Bei der EM lief es nicht viel besser, 2021 war im Achtelfinale Schluss.

Bereits Ende 2020 untermauerte eine Umfrage die Entfremdung zwischen Fans und DFB. Mehr als die Hälfte der 2000 befragten Personen gab neben der kommerziellen Ausschlachtung der Nationalmannschaft auch eine unsympathische DFB-Führung, die unattraktive Spielweise und die hohe Anzahl an Wettbewerben als Gründe an. 

Union-Boss Dirk Zingler sieht den DFB vor einer Mammutaufgabe

Bei der Heim-EM 2024 soll es nun wieder zum Schulterschluss kommen. DFB-Direktor Oliver Bierhoff (54) trat zurück, Sympathieträger Rudi Völler (62) übernahm. Die Völler-Wahl findet auch Zingler gut. „Ich bin davon überzeugt, dass es Rudi Völler gelingen kann – wenn er auf die aktive Fußball-Szene in den Vereinen zugeht –, kurzfristig Begeisterung für die EM 2024 in Deutschland zu erzeugen“, erklärt der Boss des 1. FC Union der Sport Bild.

Das Erfolgstrio des 1. FC Union: Trainer Urs Fischer, Präsident Dirk Zingler und Manager Oliver Ruhnert (v.l.).
Das Erfolgstrio des 1. FC Union: Trainer Urs Fischer, Präsident Dirk Zingler und Manager Oliver Ruhnert (v.l.). Matthias Koch/imago

Gleichzeitig mahnt Zingler: „Doch damit ist das Thema grundsätzlich nicht geklärt.“ Zingler sieht den DFB vielmehr vor einer Mammutaufgabe, die Fans wieder für die Nationalmannschaft zu begeistern: „Der Prozess der Entfremdung ist nicht innerhalb von zwölf oder 15 Monaten umkehrbar. Das dauert Jahre.“

Dirk Zingler rät dem DFB, die Klubs mehr zu einzubeziehen

Für Zingler ist dabei wichtig, dass der DFB auf die Klubs zugeht. „Man sollte Köpfe aus dem Vereinsfußball machen lassen.“ Dabei fiel in der Vergangenheit auch immer wieder der Name von Unions Manager Oliver Ruhnert (51). Auch Zingler sieht Ruhnert durchaus zu Höherem berufen, dieser werde „vielleicht“ irgendwann Nachfolger von Rudi Völler als Sportdirektor beim Deutschen Fußball-Bund.

Angst davor, dass der eiserne Kaderplaner bereits bald Köpenick den Rücken kehrt und nach Frankfurt/Main zur DFB-Zentrale abwandert, hat Zingler nicht: „Zurzeit ist er bei Union – und ich bin fest davon überzeugt, dass wir alle noch lange zusammenarbeiten werden, denn die Art und Weise, wie wir das tun, ist im deutschen Fußball selten, und sie ist besonders.“

Dirk Zingler bezeichnet den Aufritt von Helene Fischer im DFB-Pokalfinale als „Blödsinn“ 

Schlagersternchen Helene Fischer sang 2017 beim DFB-Pokalfinale in Berlin – und wurde während der Halbzeitshow von den meisten Fans gnadenlos ausgepfiffen.
Schlagersternchen Helene Fischer sang 2017 beim DFB-Pokalfinale in Berlin – und wurde während der Halbzeitshow von den meisten Fans gnadenlos ausgepfiffen. ActionPictures/imago

Der DFB muss seine vielen Probleme also vorerst ohne Ruhnert lösen. Zingler spricht den Fans aus der Seele, kritisiert vor allem die Kommerzialisierung des Fußballs. Konkret nannte er den inzwischen abgeschafften Slogan „Die Mannschaft“, den Auftritt der Sängerin Helene Fischer beim Pokalfinale 2017 („Blödsinn“) oder die Bezeichnung „Coca-Cola-Fanclub Nationalmannschaft“ („zum Scheitern verurteilt“) als Irrwege.

Unions Boss bemängelt, dass dadurch „keine echte Bindung zwischen der Nationalmannschaft und den Menschen entwickelt wurde“. Zingler wirbt deswegen indirekt für den eisernen Weg beim DFB, erklärt: „Die Lebensrealität sieht anders aus. Fußball ist harte Arbeit, Fußballfans wollen keine große Show, sie wollen eine normale Fankultur. So wie in der Bundesliga.“ 

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