Elf Eiserne müsst ihr sein: Der 1. FC Union und Kapitän Rani Khedira (M.) spielen eine überragende Saison, wird  zum Grenzverschieber in der Bundesliga. 
Elf Eiserne müsst ihr sein: Der 1. FC Union und Kapitän Rani Khedira (M.) spielen eine überragende Saison, wird  zum Grenzverschieber in der Bundesliga.  Matthias Koch/imago

Ein Lateiner stellt diese Frage so: Quo vadis? Ein Pole, Henryk Sienkiewicz, beantwortet sie Ende des neunzehnten Jahrhunderts in einem wahrhaft epischen Werk. Ein Römer kann mit dem Thema sofort etwas anfangen, geht es doch dort über mehrere hundert Seiten um die Verfolgung der Christen in den Mauern seiner Stadt während der Zeit von Kaiser Nero. Ein Schwede hat für Meisterwerke dieser Art, in diesem Fall zugleich für das gesamte Schaffen, einen Lohn ausgelobt, den es 1905 in Stockholm dafür prompt gibt: Nobelpreis für Literatur. Alles in allem ist das für damalige Verhältnisse eine Menge Globalität und Glanz sowieso.

Der 1. FC Union ist ein wilder Haufen mit einer Menge Globalität

Der Vergleich, all das auf das Heute, zumal den Fußball im Allgemeinen und den 1. FC Union im Speziellen, zu projizieren, ist durchaus gewagt und hat was von Balanceakt auf dem Hochseil. Einen Versuch soll es trotzdem wert sein.

Trainer Urs Fischer treibt die Profis des 1. FC Union bereits seit viereinhalb Jahren an, hat in seinem Kader viele verschiedene Nationalitäten. 
Trainer Urs Fischer treibt die Profis des 1. FC Union bereits seit viereinhalb Jahren an, hat in seinem Kader viele verschiedene Nationalitäten.  Jan Huebner/imago

Da schmieden also mit einem Deutschen-Ost (Dirk Zingler), einem Deutschen-West (Oliver Ruhnert), einem Deutsch-Schweizer (Urs Fischer) und einem Österreicher (Christopher Trimmel), von der Art ihres Machens als Präsident, Sportlicher Leiter, Trainer und Mannschaftskapitän vier ganz und gar geerdete Kerle, über nun schon viereinhalb Jahre (Zingler und Trimmel noch ein paar Spielzeiten länger) einen wilden Haufen, der auf seine Weise eine ganze Menge Globalität in sich trägt, in der Bundesliga mit Tabellenrang 3 und überhaupt mit der Performance in einer mehr als bemerkenswerten Saison eine noch größere Menge Glanz versprüht.

Der Kader des 1. FC Union bringt die Bundesliga zum Staunen

Da gibt es mit dem Dänen Frederik Rönnow einen exzellenten Schlussmann, der jüngst beim 2:0 über Eintracht Frankfurt in der Liga sein achtes Zu-null-Spiel in dieser Saison absolviert hat. Es gibt mit Danilho Doekhi einen Niederländer, der mit vier Treffern einer der torgefährlichsten Defensivspieler ist, mit Diogo Leite einen Portugiesen als seinen Nebenmann in der Abwehr, der soeben seine erste Nominierung für die Nationalelf des Europameisters von 2016 erhalten hat.

Da sind mit Josip Juranovic, Aissa Ladouni und Jerome Roussillon ein Kroate, ein Tunesier und ein Franzose, die, obwohl erst vor zwei Monaten gekommen, ihren Wert und ihre Qualität längst unter Beweis gestellt haben. Es gibt mit Rani Khedira und Robin Knoche zwei Deutsche, von denen einer gerade seine erste Bude für die Eisernen in einem Pflichtspiel erzielt und der andere als Mister Zuverlässig die Defensive zur derzeit zweitstärksten gemacht hat, die lediglich ein Tor mehr zugelassen hat als die Bayern. Von Sheraldo Becker, Nationalspieler von Suriname, Jordan Siebatcheu, stürmender US-Boy mit französischem Einschlag, Morten Thorsby, Kämpferherz aus Norwegen, den Sven Michels, Kevin Behrens‘, Janik Haberers, Paul Seguins, Paul Jaekels, Timo Baumgartls und Jamie Lewelings ganz abgesehen.

Der 1. FC Union ärgert gerne die Branchenriesen

Weil all das derart exzellent funktioniert, ein Rädchen ins andere greift und nun auch eine Durststrecke von vier sieglosen Punktspielen hintereinander beendet ist, darf man in diesem Fall, der Unterkiefer ist voller Erstaunen weit nach unten geklappt und die Augen ungläubig aufgerissen, wohl auch die Frage stellen: Quo vadis, Union? Oder salopp gefragt: Wohin nur soll die Reise noch gehen?

Eiserner Rückhalt: Frederik Rönnow hielt das Tor des 1. FC Union bereits zum achten Mal in dieser Saison sauber, kassierte keinen Gegentreffer.  
Eiserner Rückhalt: Frederik Rönnow hielt das Tor des 1. FC Union bereits zum achten Mal in dieser Saison sauber, kassierte keinen Gegentreffer.   Jan Huebner/imago

Dass die Eisernen Spaß daran haben, von Schwergewichten bis Branchenriesen jeden zu ärgern und auch mal aufs Kreuz zu legen, hat sich mittlerweile von Bremen bis München und von Leipzig bis Freiburg herumgesprochen.

Kein Klub hat so viele Spiele absolviert wie der 1. FC Union

Nur hatten die Muskeln beim Ärgern und noch mehr beim aufs Kreuz legen zuletzt ein wenig den Kater bekommen. Natürlich auch, weil die Frequenz schon wieder ziemlich teuflisch geworden war. Wie schon im Herbst, als es kurz vor der WM-Pause ab und an zu Kurzatmigkeit gekommen war: Seit Wiederbeginn am 21. Januar hatte es zehn Spiele in der Bundesliga, eines im DFB-Pokal und vier in der Europa League gegeben. Die Eisernen haben damit in kürzester Zeit – 15 Partien in 58 Tagen – so oft ihre Knochen hinhalten müssen wie kein anderes Team hierzulande.

Die Pausen zwischen den Spielen sind um keinen Atemzug länger ausgefallen als die der Argentinier bei deren WM-Triumph in Katar. Nur dass die Männer aus der Alten Försterei einen derartigen Ritt über den Bodensee – sieben Turnierspiele in 27 Tagen gelten als Nonplusultra des Zumutbaren für einen Fußballer – gleich in doppelter Ausführung hingelegt haben.

Der 1. FC Union verschiebt in dieser Saison Grenzen

Nun hat Urs Fischer das Kontrastprogramm ausgerufen. Von Donnerstag bis Sonntag, exakt jene Zeitspanne, in der es zuletzt ständig zwei Spiele gab, haben sie mit Ausnahme jener Spieler, die zu Auswahlmannschaften berufen worden sind, frei.

Was danach im Endspurt passiert, ob es mit einem erneuten Platz für Europa klappt und ob es im Pokal weiter geht als bis zum Viertelfinale am 4. April bei Eintracht Frankfurt, für die Eisernen ist diese Spielzeit schon jetzt eine, die Grenzen verschoben hat. 

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