Seit dem 1. Juli schwingt Bo Svensson (45) das Trainerzepter beim 1. FC Union. Der Däne möchte einen anderen Fußball spielen lassen als sein Vorgänger Urs Fischer (58), der bei den Eisernen eine Ära prägte. Doch Svenssons Philosophie ist bisher nur in Ansätzen zu erkennen.
Svensson will den eisernen Fußball weiterentwickeln. Höher, intensiver und dynamischer soll unter ihm verteidigt werden. Gelingt das Gegenpressing, ist der Weg zum gegnerischen Tor nach einer Balleroberung kürzer, sodass die zuletzt zu harmlose Offensive durch neues, schnelles Umschaltspiel endlich wieder in Schwung kommt. So zumindest der Plan.
1. FC Union: Bo Svensson will offensiver spielen als Urs Fischer
Unter Erfolgstrainer Fischer galt dagegen stets das Prinzip: Ergebnis first. Oberste Priorität hatte das Verteidigen, was als Underdog im Oberhaus auch verständlich war – und funktionierte. Fischers defensiv ausgerichteter Fußball brachte viele Gegner, sogar die ganz Großen, lange Zeit zur Verzweiflung: simpel, aber effektiv. Bis vergangenes Jahr, als nach fünfeinhalb Spielzeiten unter dem Schweizer und der Wahnsinnsreise von der 2. Liga bis in die Champions League von heute auf morgen nichts mehr funktionierte.

Fischers Erbe will Svensson gar nicht ausschlagen: „Es geht darum, die guten Sachen, die Union Berlin über die Jahre gemacht hat, beizubehalten. Die Werte, für die sie auch stehen, und die Kultur, die hier gepflegt wird.“ Doch der 45-Jährige macht auch klar, dass er auf dem Rasen neue Impulse setzen will: „Man muss schon auch immer bereit sein, die nächsten Schritte zu machen.“
Bedeutet: Svensson will viele der Automatismen der vergangenen Jahre beim 1. FC Union sprengen und einen neuen Ansatz in den Köpfen der Spieler implementieren.
Auf Bo Svensson wartet beim 1. FC Union viel Arbeit
Allein: Davon ist bisher wenig zu sehen. Union ist zwar erfolgreich im DFB-Pokal (1:0 in Greifswald) und mit vier Punkten (1:1 in Mainz und 1:0 gegen den FC St. Pauli) auch gut in die Bundesligasaison gestartet. Doch von Svenssons Fußball kann in Köpenick noch keine Rede sein.
Stürmer Benedict Hollerbach (23), Torschütze gegen die Kiezkicker, spricht offen an, dass noch verdammt viel zu tun ist: „Mehr Offensive, mehr Torchancen kreieren, mehr Mut mit dem Ball, weniger Ballverluste, effektiveres Pressing. Die Liste ist lang, und deswegen müssen wir auch hart an uns arbeiten.“
Urs-Fischer-Fußball hilft dem 1. FC Union bei RB Leipzig
Der Eindruck: Vielen Spielern steckt noch der Fischer-Fußball in den Köpfen. Entsprechend schwer hat es Svensson, seine Ideen umzusetzen. Kein Wunder: Sieben Spieler aus der Startelf gegen St. Pauli zählten bereits unter Fischer zum Kader, ein Großteil davon sogar regelmäßig zu dessen Startelf.
Immerhin: Die alte Denke half Union sogar beim ersten Heimspiel. Als St. Pauli in der zweiten Halbzeit mächtig drückte, verteidigten die Eisernen tief stehend und leidenschaftlich, also so wie in der Vergangenheit, und sicherten sich so die drei Punkte.
1. FC Union: Länderspielpause verschafft Svensson Zeit
Das Gute: Die frühe Länderspielpause, auch bei Svensson so beliebt wie Fußpilz, könnte dem 1. FC Union und seinem neuen Cheftrainer helfen, dass die neuen Abläufe bald besser sitzen. Offensivkraft Woo-yeong Jeong (24) ist von den Übungen und der Intensität angetan: „Alle sind im Training total fokussiert. Es ist unglaublich viel Energie drin.“
Klar ist: Für das schwere Duell bei RB Leipzig (Samstag, 15.30 Uhr, Sky) kann Union sowohl den stabilen, aber defensiven Fischer-Fußball als auch Svenssons neue, offensive Ansätze gut gebrauchen. Eine Woche später, beim Heimspiel gegen die TSG Hoffenheim, soll dann aber schon mehr vom Offensivfußball à la Svensson zu sehen sein. ■