Wie viel Danish Dynamite steckt in Eisern Union? Dort das Synonym für die frische und nicht selten erfolgreiche Spielweise des deutschen Nachbarn nördlich von Schleswig-Holstein, hier das aufopferungsvolle und leidenschaftliche Herangehen der Männer aus Köpenick. Dass beide, sowohl die Dansk Boldspil-Union als auch der 1. FC Union, das Rot und das Weiß als ihre Farben auserkoren haben, setzt der Sache fast noch den i-Punkt auf. Insofern könnte man auf die eingangs gestellte Frage locker antworten: ziemlich viel.
Auf den ersten Blick mag dieser Vergleich durchaus sympathisch sein. Zumal es weitere auffällige Gemeinsamkeiten gibt. Die einen wie die anderen haben in der Rolle des eigentlich hoffnungslosen Außenseiters Großes vollbracht. Sechsmal haben sich die Dänen für eine Endrunde bei Weltmeisterschaften qualifiziert und nur zweimal nicht die Vorrunde (das ist dem großen Deutschen Fußball-Bund zuletzt sogar zweimal in Folge passiert) überstanden.
Ihr Husarenstück vollbrachten sie ohne Frage und regelrecht legendär bei der EM 1992, als sie aus dem Urlaub heraus für das zehn Tage vor Turnierbeginn suspendierte Jugoslawien nachrückten und – salopp gesagt: mit Schnorchel und Badelatschen – den Titel gewannen. Was wiederum die Eisernen nach ihrem Aufstieg in die Bundesliga wuppten, nämlich drei Teilnahmen an europäischen Klubwettbewerben, passt, wenn auch nicht in Strandshorts und Badehose, haarscharf in diese Kategorie.

1. FC Union und Dänen-Power - das passt richtig gut
Mag mancher diesen Vergleich noch immer für ziemlich gewagt halten, nur hat Eisern Union mit Saisonbeginn eine deutlich stärkere Portion Danish Dynamite hinzugewonnen. Wohl haben Spieler aus dem Land, in dem das Hygge, diese gemütliche und herzliche Atmosphäre, in der man das Gute und Angenehme im Leben mit lieben Leuten teilt und genießt, bereits vor Jahren ihre ersten Duftmarken im Stadion An der Alten Försterei gesetzt.
Eines nur war immer klar, trotz Hygge: Nie wurde die Leistung außer Acht gelassen. Danish Dynamite sollte schon zünden.
Immer wieder muss Jakob Busk genannt werden, die einstige Nummer 1 im Kasten, später, ohne auch nur einmal zu murren, zur Nummer 2 und zur Nummer 3 herabgestuft. Auch Marcus Ingvartsen, im Sommer 2019 unmittelbar nach dem Aufstieg gekommen, war mit immerhin acht Toren ein wertvolles Teilchen zu Beginn der eisernen Zeit in der Bundesliga, selbst wenn er sich am Ende nicht endgültig wertgeschätzt fühlte und lieber als Angriffsspitze gespielt hätte denn dahinter. Das Wachsen von Frederik Rönnow fast schon zum Kult-Keeper wiederum ist mit Hygge nahezu noch viel zu schwach beschrieben. Mit Ausnahme seines Jugendvereins AC Horsens war der Schlussmann noch nirgendwo so lange wie hier.

Der 1. FC Union setzt die Dänen-Tradition in der Bundesliga fort
Da passt es ganz gut, dass mit Bo Svensson ein Landsmann Rönnows als Trainer in der Wuhlheide angeheuert hat.
Überhaupt haben Dänen einen sensationell guten Ruf in der Branche. Bereits in längst vergangenen Zeiten, als Deutschland noch geteilt war und ein Bundesligist maximal zwei Ausländer unter Vertrag nehmen durfte, leckten sich viele Vereine die Finger nach den Nordmännern: Sören Lerby, Brian Laudrup, Ole Björnmose, Flemming Povlsen, Ebbe Sand … Nicht zu vergessen Henning Jensen und Allan Simonsen, neben Günter Netzer, Berti Vogts und Rainer Bonhof die Superstars der damaligen Mönchengladbacher Fohlen-Elf. Und dass der große Morten Olsen einst Spieler und Trainer hierzulande war, darauf darf sich Deutschlands Eliteliga durchaus etwas einbilden.
Die Latte, die von dänischen Spielern und Trainern gelegt wurde, ist von jeher in Höhenluft angesiedelt. Auch beim 1. FC Union sind die Erwartungen nach der Ach-und-Krach-Saison des Vorjahres gestiegen. Nicht zuletzt, weil mit Robert Skov ein weiterer Spieler aus dem Land, das durch die kettenrauchende Königin Margrethe II., die das Zepter nach 42-jähriger Amtszeit im Januar an ihren Sohn Frederik übergab, geprägt wurde, in Köpenick angeheuert hat. Alles in allem nicht die schlechtesten Voraussetzungen, um in ruhiges Fahrwasser zu kommen.
1. FC Union gegen RB Leipzig wird zum Dänen-Treff
Am Sonnabend beim Gastspiel in Leipzig sollten die Eisernen mit dem Wissen um dänische Qualitäten umso mehr Vorsicht walten lassen. Denn auch die Bullen haben in ihren Reihen einen von dort. Der gehört sogar längst zu deren Inventar: Yussuf Poulsen. Seit 2013 spielt der Angreifer in der Messestadt. In seiner zwölften Saison dort ist er aus dem Team von Trainer Marco Rose kaum mehr wegzudenken.
Das ist bei allen teils dramatischen Unterschieden zwischen beiden Klubs eine Story, der, um es auf den 1. FC Union zu projizieren, in Köpenick allein Christopher Trimmel gerecht wird. Aber das ist, weil der Capitano ja Österreicher ist, ohnehin eine andere Geschichte. ■