Kennen SIE sie noch?

DDR-Legende „Die schöne Warwara“: SIE war Russlands Märchen-Prinzessin

Neben „Abenteuer im Zauberwald“ und „Feuer, Wasser und Posaunen“ gehörte auch „Die schöne Warwara“ zu den Kult-Märchen der Sowjetunion.

Author - Florian Thalmann
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Die Geschichte vom Wassergeist und seiner Tochter verzauberte auch die Märchen-Fans in der DDR. „Die schöne Warwara“ kam in der DDR im Jahr 1971 in die Kinos.
Die Geschichte vom Wassergeist und seiner Tochter verzauberte auch die Märchen-Fans in der DDR. „Die schöne Warwara“ kam in der DDR im Jahr 1971 in die Kinos.Youtube

Wer in der DDR mit Märchenfilmen aufwuchs, der kennt Klassiker wie „Schneewittchen“, „Die Geschichte vom kleinen Muck“, „Das kalte Herz“ und „Das Feuerzeug“. Doch in den Kindheitserinnerungen vieler Film-Fans spielen auch russische Märchen wie „Abenteuer im Zauberwald“ eine große Rolle. Von der Märchen-Oma, die am Anfang jedes Films ihre bunten Fensterläden öffnete, bis hin zur berühmten Hexe Baba Jaga: Die Figuren haben eine ganze Generation geprägt.  Auch eine besondere Märchenprinzessin hat einen festen Platz im Herzen vieler Menschen im Osten: Jene junge Fau, die in „Die schöne Warwara“ die Hauptrolle spielte. Doch wer war sie – und was wurde aus der Schauspielerin, die mit ihrem Auftritt auch in der DDR zur Legende wurde?

Kennen Sie noch „Die schöne Warwara“? Dieser russische Film wurde Kult!

Der Film „Die schöne Warwara“ gehört zur Riege der bekannten russischen Märchen, die allesamt von einem Regisseur auf die Leinwand gebracht wurden: Alexander Rou war es, der auch „Der Hirsch mit dem goldenen Geweih“ und „Abenteuer im Zauberwald“ schuf. „Die schöne Warwara“ entstand im Jahr 1969, feierte am 30. Dezember 1970 in den Kinos der Sowjetunion  Premiere. Ein halbes Jahr später, am 23. Juli 1971, durften sich auch die Film-Fans in der DDR über den Streifen freuen – 1973 wurde der Film dann auch im Fernsehen der DDR gezeigt.

In dem Märchenfilm geht es um einen Zaren, der einst eine Wette gegen einen mächtigen Wassergeist verlor. Der Wetteinsatz: Dem Wassergeist soll fortan alles gehören, von dem der Zar nichts wusste. Also fängt der Zar an, alles in seinem Reich zu zählen und in einem Buch festzuhalten. Eines entgeht ihm leider: Die Zarin hat zum Zeitpunkt der Wette heimlich einen Sohn zur Welt gebracht.  Mit einer List gelingt es ihm, den Sohn zu behalten: Er lässt ihn gegen den Sohn einer Fischerfamilie austauschen.

„Die schöne Warwara“ war wahrlich schön - und verzauberte im Märchen die großen und kleinen Zuschauer auch in der DDR.
„Die schöne Warwara“ war wahrlich schön - und verzauberte im Märchen die großen und kleinen Zuschauer auch in der DDR.Youtube

Etwa 18 Jahre später will der Wassergeist seine eigene Tochter Warwara unter die Haube bringen. Doch sie will weder eine Kreatur aus dem Unterwasserreich, noch einen beliebigen Menschenjungen heiraten. Der Wassergeist erinnert sich an die Wette mit dem Zaren – und fordert nun den Sohn für seine Tochter. Das Problem: Die schöne Warwara hat sich indes in den vermeintlichen Fischersohn verliebt, der ja das Kind des Zaren ist. Werden Warwara und der Zarensohn zusammenfinden – und wird der Wassergeist bemerken, dass er vom Zaren veräppelt wurde?

Das Märchen „Die schöne Warwara“ war auch in der DDR beliebt

Das Märchen „Die schöne Warwara“ ist eine Kombination verschiedener Geschichten – als Inspiration diente unter anderem „Der Meereszar und die allweise Wassilissa“ von Alexander Nikolajewitsch Afanassjew. Der Ethnograph war für Russland das, was die Gebrüder Grimm für Deutschland waren: Er sammelte und zeichnete Märchen auf, veröffentlichte sie in Büchern. Zum besonderen Charme des Films „Die schöne Warwara“ trugen, wie so oft bei Märchenfilmen, vor allem die Darsteller bei. Vor allem die schöne Warwara wurde berühmt. Doch wer war sie?

Geheimnis der Schauspielerin gelüftet: SIE war „Die schöne Warwara“!

Die Rolle im Film wurde von Tatjana Nikolajewna Kljujewa übernommen, einer sowjetischen Schauspielerin, die am 25. August 1951 in der Sowjetunion geboren wurde. Schon als Schülerin stand sie vor der Kamera, spielte 1965 im Film „Es klingelt, mach die Tür auf“ mit. Schon während der Dreharbeiten wurde der Regisseur Jewgeni Scherstobitow auf sie aufmerksam. Kljujewa sagte später in einem Interview, der seltsame Mann habe sie mit Fragen gelöchert: Er habe wissen willen, ob sie schwimmen könne, ob sie Fahrradfahren könne – und ob sie Lust auf einen anderen Film hätte.

In diese Augen verliebten sich sicher viele Zuschauer: Tatjana Nikolajewna Kljujewa spielte die schöne Warwara im gleichnamigen Märchen aus Russland.
In diese Augen verliebten sich sicher viele Zuschauer: Tatjana Nikolajewna Kljujewa spielte die schöne Warwara im gleichnamigen Märchen aus Russland.Youtube

Er engagierte sie später für den zweiten Film, „Taucher am Meeresgrund“. In der zehnten Klasse wurde sie dann schließlich von Regisseur Alexander Rou entdeckt, der sie zum Vorsprechen für „Feuer, Wasser und Posaunen“ einlud. Weil Kljujewa zu jung aussah, bekam sie die Rolle nicht, dafür aber das Versprechen, im nächsten Film „Die schöne Warwara“ mitspielen zu dürfen. Alexander Rou überließ ihr die Hauptrolle – und machte die junge Schauspielerin in der gesamten Sowjetunion und auch in der DDR berühmt.

DDR-Hit „Die schöne Warwara“: Was wurde aus Tatjana Nikolajewna Kljujewa?

Tatjana Nikolajewna Kljujewa absolvierte später noch ein Studium am Russischen Institut für Theaterkunst, schloss dieses im Jahr 1974 ab. Danach zog sie sich allerdings vom Schauspiel zurück. Laut Berichten heiratete sie einen Marineoffizier und zog nach Sewastopol auf der Halbinsel Krim. Danach soll sie unter anderem bei einem Taxiunternehmen, als Händlerin und einer Partnervermittlung gearbeitet haben. Im Jahr 2015 leitete sie außerdem den Kaiserlichen Fonds zur Erhaltung des historischen und kulturellen Erbes in Sewastopol und auf der Krim.

Als Schauspielerin wie in „Die schöne Warwara“ war sie aber nicht mehr zu sehen – das Märchen, das sie berühmt machte, bleibt dennoch eine spannende Episode ihres Lebens. In einem Interview bezeichnete sie den Film später als „unglaubliches Glück“. „'Die schöne Warwara' wurde für mich zu einem Meilenstein. Ich wurde dadurch wiedererkannt.“ Der Ruhm, der folgte, sei für sie aber eher peinlich gewesen. „Säcke voller Zuschauerbriefe kamen“, sagte sie. Bei einem Filmdreh lernte sie dann den Marineoffizier kennen. Tatjana Nikolajewna Kljujewa spielte danach zwar noch einige Male in Filmen mit, doch ihr Mann, der ständig auf See war, und ihr pflegebedürftiger Sohn beanspruchten ihre ganze Zeit. In den Herzen vieler Film-Fans aus der DDR hat sie dennoch auch heute noch einen festen Platz – als schöne Warwara.