Auf dem Sterbebett packte er aus

DDR-Legende Eberhard Cohrs: Das dunkle Geheimnis des Komikers

Er war der „Kleene mit der großen Gusche“: Eberhard Cohrs wurde zu einer echten Legende des Ostens. Doch der DDR-Star hatte ein dunkles Geheimnis.

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Die Zuschauer in der DDR liebten Eberhard Cohrs für seinen Humor. Doch der beliebte Komiker aus dem Osten hatte ein dunkles Geheimnis.
Die Zuschauer in der DDR liebten Eberhard Cohrs für seinen Humor. Doch der beliebte Komiker aus dem Osten hatte ein dunkles Geheimnis.United Archives/imago

Er brachte mit seinen Sketchen das TV-Publikum im Osten zum Lachen, wurde als der „Kleene mit der großen Gusche“ bekannt. Doch so lustig die Bühnen-Nummern von Eberhard Cohrs auch waren, so dunkel war das Geheimnis, das er sein Leben lang hütete. Schon am 17. Juni 1999 starb der Unterhaltungskünstler, der mit seiner besonderen Komik zu einer der Legenden der DDR wurde. Das, was allerdings nach seinem Tod über Eberhard Cohrs enthüllt wurde, schockt Fans noch heute. Erst auf dem Sterbebett enthüllte der Komiker das wohl größte und auch dunkelste Geheimnis seines Lebens.

Eberhard Cohrs wurde zu einer Legende der DDR, doch er hatte ein dunkles Geheimnis

Er unterhielt die TV-Zuschauer mit seinen herrlichen Witze, mit dem sächsischen Dialekt, mit seinem gesamten Auftreten: Eberhard Cohrs gehört noch heute zu den echten TV-Legenden, die die DDR hervorgebracht hat. Nach ersten Bühnenauftritten in Dresden und bestandener Komikerprüfung im Jahr 1945 wurde er als der „Kleene mit der großen Gusche“ schnell zu einem echten Publikumsliebling auf den Varieté-Bühnen des Ostens. Doch seine Karriere gestaltete sich wechselhaft: 1977 flüchtete Cohrs bei einem Auftritt in Westberlin aus der DDR. Doch weil das westdeutsche Publikum seine Aussprache nicht verstand, konnte er im Westen nicht an seine großen Erfolge anknüpfen.

Nach dem Mauerfall kehrte Cohrs mit seiner Frau in den Osten zurück. Die gute Nachricht für den Komiker: Das Publikum war ihm treu geblieben. So schaffte er es zurück auf die Bühnen und ins Fernsehen, trat etwa in zahlreichen Shows des MDR auf. Doch im Jahr 1997 begann für den Komiker eine Zeit der schweren Schicksalsschläge: Eberhard Cohrs erkrankte an Darmkrebs, sein Sohn starb im Alter von 25 Jahren bei einem Tauchunfall in Thailand. 1999 geriet Cohrs in die Schlagzeilen, weil er mit einer Pistole mindestens sieben Schüsse auf seine Frau Dagmar abfeuerte – ein Jahr zuvor hatte er erfahren, dass sie jahrelang einen Liebhaber hatte.

Bobby Bölke und Eberhard Cohrs bei einem ihrer legendären Auftritte.
Bobby Bölke und Eberhard Cohrs bei einem ihrer legendären Auftritte.United Archives/imago

Auf dem Sterbebett enthüllte Eberhard Cohrs seine SS-Geschichte

Eberhard Cohrs gab später an, er habe kurz vor der Tat eine Überdosis Schmerzmittel genommen, weshalb auch die Staatsanwaltschaft später von seiner Schuldunfähigkeit ausging. Am 17. August 1999, kurz nach der Tat, starb Cohrs in seinem Haus am Scharmützelsee. Doch wenige Tage vor seinem Tod sorgte Cohrs für eine Enthüllung, die Fans noch Jahre danach nachhaltig schockiert: Auf dem Sterbebett machte er seinem Anwalt gegenüber Andeutungen, er sei bei der Waffen-SS gewesen. „Er hatte das Bedürfnis, sein Gewissen in einem düsteren Punkt der Vergangenheit zu erleichtern“, sagte Anwalt Peter-Michael Diestel in einem Interview mit der „Super Illu“.

Allerdings sei Cohrs sehr allgemein geblieben. „Er sagte nur, dass es etwas gäbe, das ihn stark belaste. Welcher Art seine Verstrickungen ins NS-System waren, sagte er nicht, ließ aber durchblicken, dass der DDR-Staatssicherheitsdienst Bescheid wusste“, sagte Diestel. Tatsächlich gab es Unterlagen – eine ganze Akte dokumentierte den Werdegang von Eberhard Cohrs. Er habe als Funker seit 1941 „am Krieg teilgenommen“ und sei im August 1944 in die Waffen-SS eingetreten, berichtete der MDR Jahre später.

Eberhard Cohrs in der Serie „Ein verrücktes Paar“ an der Seite von Harald Juhnke und Grit Böttcher.
Eberhard Cohrs in der Serie „Ein verrücktes Paar“ an der Seite von Harald Juhnke und Grit Böttcher.United Archives/imago

Am 6. September 1944 wurde Eberhard Cohrs demnach in das Konzentrationslager Sachsenhausen beordert, wo er als Wachposten im Einsatz war. Bis Februar 1945 soll er zum SS-Totenkopf-Wachbataillon des Konzentrationslagers gehört haben. Unklar ist bis heute, was genau Eberhard Cohrs im KZ Sachsenhausen erlebte, an welchen Aktionen und Taten er beteiligt war. In einer Einschätzung der Staatssicherheit hieß es laut Berichten: „Trotz umfassender Prüfung konnten keine Hinweise auf eine Beteiligung an Verbrechen gegen die Menschlichkeit erarbeitet werden.“

Eberhard Cohrs starb 1997 in seinem Haus am Scharmützelsee. Der beliebte DDR-Komiker wurde 78 Jahre alt.
Eberhard Cohrs starb 1997 in seinem Haus am Scharmützelsee. Der beliebte DDR-Komiker wurde 78 Jahre alt.Eventpress/imago

Warum machte die Stasi die Akten von Eberhard Cohrs nicht öffentlich?

Unklar ist auch, warum das Ministerium für Staatssicherheit die Akten nach der Flucht von Eberhard Cohrs in den Westen nicht veröffentliche – es wäre eine Möglichkeit gewesen, den Komiker zu diskreditieren. Vermutlich wollte man der DDR nicht schaden. Denn die Veröffentlichung der Akten hätte auch die Frage aufgeworfen, warum Eberhard Cohrs mit seiner Vergangenheit in der DDR überhaupt eine Karriere als Komiker starten konnte. Viele Details über das dunkle Geheimnis des beliebten Komikers werden also weiter im Dunkeln bleiben.

Für viele Fans dürfte die Geschichte von Eberhard Cohrs allerdings einen bitteren Beigeschmack hinterlassen. Und auch Anwalt Diestel sagte im Interview, man müsse nun mit dem Widerspruch leben, „dass Cohrs mehr war als nur der Komiker, der mit seinem Witz an der DDR-Fassade gekratzt hat. Er war eben als junger Mensch – wie so viele andere – nicht zum Widerstandskämpfer geboren, der es wagte, Nein zu sagen.“ Trotz des dunklen Geheimnis erinnern sich viele an die Auftritte des „Kleenen mit der großen Gusche“ – allein mit seiner Komik bleibt Eberhard Cohrs eine TV-Legende der DDR. ■