Wer in der DDR gern Filme schaute, der kam an bestimmten Darstellern nicht vorbei. Doch während einige zu echten Promis wurden, die man noch heute kennt, kannte man von anderen nicht einmal die Namen. Das beste Beispiel ist Anastassija Platonowna Sujewa: Die Schauspielerin geht als Märchen-Oma in die Filmgeschichte ein. In russischen Märchen wie „Abenteuer im Zauberwald“, „Der Hirsch mit dem goldenen Geweih“ und „Die schöne Warwara“ öffnete sie zu Beginn der Filme ihre Fensterläden, um als Erzählerin durch die Geschichte zu führen. Erinnern Sie sich? Viele sahen Sujewa in den Film-Klassikern der Sowjetunion. Doch wer war die Frau, die sich mit ihrer Mini-Rolle einen Platz im Märchen-Himmel eroberte? Wir lüften das Geheimnis
„Die schöne Warwara“ und „Abenteuer im Zauberwald“: Wer war die russische Märchen-Oma?
„Abenteuer im Zauberwald“ war schon in der DDR populär, ist noch heute einer der bekanntesten russischen Märchenfilme - in der Geschichte kommen populäre Figuren wie Väterchen Frost und die berühmte Hexe Baba Jaga vor. Doch bevor sie ihren großen Auftritt haben durften, was Anastassija Platonowna Sujewa an der Reihe: Sie begrüßte die großen und kleinen Zuschauer, verkleidet als Märchen-Oma, saß in einer Art Fenster mit geöffneten, bunt verzierten Fensterläden und erzählte die Geschichte.
„Es waren einmal vor langer, langer Zeit ein alter Mann und eine böse, alte Frau, die hatten zwei Töchter“, berichtete sie etwa am Anfang des Films „Abenteuer im Zauberwald“. „Nastjenka, die Tochter des Alten und Marfuschka, die faule Tochter der bösen Alten.“ Noch berühmter als ihre Auftritte am Anfang des jeweiligen Films waren aber die Verabschiedungen am Ende: Hier moderierte Anastassija Platonowna Sujewa nicht nur die jeweilige Geschichte ab, sondern schloss obendrein die bunten Fensterläden, um die Märchenstunde offiziell zu beenden. Ein Bild, das sich ins Gedächtnis vieler Zuschauer einbrannte.

Doch wer war die Frau, die einen festen Platz in so vielen Kindheitserinnerungen hat, ohne dass viele überhaupt ihren Namen nennen könnten? Anastassija Platonowna Sujewa wurde im Dezember 1896 im Dorf Spasskoje in Russland geboren. Schon zu ihrer Geburt gab es widersprüchliche Angaben - während manche Quellen den 5. Dezember als Geburtsdatum nennen, ist in anderen vom 17. Dezember die Rede. Außerdem gehen manche Dokumente vom Geburtsjahr 1894 aus. Laut Verwandten sei allerdings 1896 das Geburtsjahr – es ist auch das Jahr, das später auf dem Grabstein der Schauspielerin vermerkt wurde.
Märchen-Oma aus „Abenteuer im Zauberwald“: Schon ihre Geburt war ein Geheimnis
Anastassija Platonowna Sujewa gehörte zu einer wohlhabenden Bauernfamilie. Ihr Vater starb, als sie vier Jahre alt war. Schon während ihrer Schulzeit beschloss sie, Schauspielerin zu werden, absolvierte später an einer Moskauer Schauspielschule ihre Ausbildung. Im Jahr 1916 stieß sie zum Ensemble des 2. Studios des Moskauer Künstlertheaters, acht Jahre später spielte sie auch im Moskauer Gorki-Theater. Auftritte in zahlreichen Bühnenstücken folgten. Im Film war Anastassija Platonowna Sujewa erstmals im Jahr 1932 zu sehen, damals trat sie im Film „Просперити“ („Wohlstand“) auf.

Zahlreiche weitere Filme folgten. Zu jenen, die sie auch dem Publikum in der DDR bekannt machten, gehören die russischen Märchenfilme des Regisseurs Alexander Rou. 1964 legte sie in „Abenteuer im Zauberwald“ ihren Märchen-Grundstein, schon 1968 folgte eine weitere Zusammenarbeit in „Feuer, Wasser und Posaunen“. 1970 war sie dann im Filom „Die schöne Warwara“ zu sehen, später in „Der Hirsch mit dem goldenen Geweih“.
Bekannteste Märchen-Oma der DDR: Sie starb im Alter von 92 Jahren in Moskau
Auch hier durfte sie zu Beginn des Films ihre Fensterläden öffnen. „Guten Tag, liebe Kinder, da bin ich wieder - ihr wartet wohl schon lange?“ Wie auch die Märchenfilme zuvor wurde „Der Hirsch mit dem goldenen Geweih“ in den Kinos der DDR gezeigt, lief außerdem im DDR-Fernsehen. 1982 gab sie im Film „Abenteuer mit Tarnkappe“ des Regisseurs Michail Jusowski dann noch ein letztes Mal die russische Märchen-Oma. Am 23. März 1986 starb die wohl bekannteste Märchenerzählerin der DDR im Alter von 92 Jahren in Moskau, wurde auf dem Nowodewitschi-Friedhof in der russischen Hauptstadt beigesetzt.