Es gab in der DDR viele Filme, die riesige Erfolge feierten – und die noch heute einen festen Platz in den Herzen vieler Menschen haben, die die damalige Zeit erlebten. Auf der Liste der erfolgreichsten Filme der DDR finden sich noch heute Streifen wie „Die Geschichte vom kleinen Muck“ und „Das kalte Herz“. Doch ein Film, der bei vielen bereits in Vergessenheit geraten sein dürfte, findet sich ebenfalls unter den Top Ten der erfolgreichsten DDR-Filme: das Märchen von Schneewittchen! Die Verfilmung der DEFA aus dem Jahr 1961 zog mehr als sieben Millionen Zuschauer in die Kinos, wurde allerdings von mehreren modernen Verfilmungen überholt. Wir erinnern an die Stars des Streifens – und erzählen vom traurigen Ende der bösen Königin aus dem DDR-Märchen.
Schneewittchen in der DDR: Der Film feierte 1961 Premiere, wurde zum Erfolg
Die Geschichte von Schneewittchen dürfte jeder Märchenfan kennen – und auch in der Inszenierung der DEFA weicht sie nicht weit vom Original der Gebrüder Grimm ab. Es geht um eine Königin, die sich beim Nähen in den Finger sticht. Das Blut im Schnee bringt sie auf den Gedanken, ihr späteres Kind Schneewittchen zu nennen. Wenige Wochen nach der Geburt stirbt die Königin. Der König heiratet eine neue Frau, doch die böse Stiefmutter mag Schneewittchen nicht. Sie beauftragt den Jäger des Schlosses, das Mädchen umzubringen.
Der Jäger bringt es nicht übers Herz, lässt Schneewittchen laufen. Auch in der DDR-Version des Films findet die Prinzessin im Wald eine Hütte, in der sieben Zwerge leben, die ihr Obdach geben. Die böse Königin hingegen erfährt, dass Schneewittchen noch lebt – und versucht mehrmals, sie zu töten. Der vergiftete Apfel, den sie Schneewittchen beim dritten Versuch verabreicht, hat Erfolg. Bei der Trauerzeremonie stolpert einer der Zwerge jedoch, das Apfelstück rutscht aus Schneewittchens Hals, sie erwacht zum Leben.

Der Film der DEFA, der als Studioproduktion in Babelsberg entstand, feierte am 6. Oktober 1961 im Kino Babylon in Berlin Premiere. Allein rund um den Filmstart guckten 4,5 Millionen Menschen den Film, insgesamt kam er auf mehr als 7 Millionen Kinobesucher. Und zählt damit neben dem Trickfilm von Walt Disney aus dem Jahr 1937 die bekannteste deutsche Verfilmung des Märchens von Schneewittchen. Der Erfolg war auch den Darstellern zu verdanken, die der Geschichte der Gebrüder Grimm Leben einhauchten. Allen voran Doris Weikow, 1957 Deutsche Jugendmeisterin der DDR im Turnen, die die Rolle des Schneewittchen übernahm. Nach dieser ersten großen Rolle ihrer Karriere folgten nur drei weitere, dann hängte sie die Schauspielkarriere an den Nagel.
Aus dem Schneewittchen der DDR wurde später eine Fernsehansagerin im DDR-Fernsehen
In der DDR konnte man sie dennoch erleben, denn: Sie gehörte seit Mitte der 60er-Jahre zu den Fernsehansagerinnen der DDR, moderierte bis zur Abwicklung beim Deutschen Fernsehfunk (DFF). Nach der Wende verschwand sie aber von der Mattscheibe, zog sich aus der Öffentlichkeit zurück. Viel ist nicht bekannt über Doris Weikow, die heute laut Berichten am Stadtrand von Berlin lebt. Dass sie nicht in mehr Filmen der DEFA zu sehen war, dürfte viele der Fans des Films „Schneewittchen“ sehr traurig gemacht haben.

Einen anderen Weg ging Marianne Christina Schilling: Sie spielte in der DEFA-Version von „Schneewittchen“ die böse Königin! Für sie war die Rolle im DDR-Märchen eine der ersten der Karriere, wurde zugleich eine ihrer bekanntesten. In einem Interview mit der „SuperIllu“ verriet Schilling vor Jahren, wie sehr sie sich damals über das Engagement freute. „Ich war noch ein junges Weib, ein hübsches attraktives. Als mein erster Film dann gleich so ein Riesenerfolg wurde, dachte ich: Jetzt geht es los“, sagte sie. Doch trotz des großen Erfolgs von „Schneewittchen“ habe es sechs Jahre gedauert, bis die nächste Rolle zu ihr kam, ein Auftritt im Streifen „Das Tal der sieben Monde“. In kleineren Produktionen war Schilling immer wieder auf der Mattscheibe zu sehen.
Die böse Königin erinnert sich: So lief der Dreh des DDR-Films „Schneewittchen“ ab
Der wohl speziellste Auftritt bleibt aber jener in „Schneewittchen“. Noch Jahre später erinnerte sie sich auch an die Dreharbeiten. Das Arbeiten mit Regisseur Gottfried Colditz sei harmonisch gewesen, verriet sie im Interview. „Ich konnte meiner Phantasie freien Lauf lassen, und er gab mir das Gefühl, alles richtig zu machen.“ Die Dreharbeiten passierten in den zauberhaften Studiodekorationen der DEFA. „Man hatte in den DEFA-Ateliers einen Wald mit echten Bäumen aufgebaut, in dem ein Bächlein sprudelte. Sogar Eichhörnchen und Kröte waren lebendige Tiere.“ In der DDR waren Filme eben noch echtes Handwerk.

Doch das hatte auch seine Tücken. „Das Eichhörnchen ging gern seine eigenen Wege und büxte aus. Einmal suchte es der ganze Stab stundenlang. Es hatte sich in einem Rohr versteckt, das an einen Baum gebunden war“, berichtete Schilling. „Die Kröte saß nie auf dem Stein, wenn sie gefilmt werden sollte.“ Für sie ging mit dem Engagement für den DDR-Film auch ein Kindheitstraum in Erfüllung. „Ich habe mein ganzes Leben immer so für mich gesponnen, mir meine eigenen Märchen ausgedacht. Meistens war ich eine Prinzessin, die befreit werden musste, und tüdelte mich an. Ich kann mir meine Jugend nicht anders vorstellen, als dass ich mir einen Gürtel um den Bauch gebunden, die Röcke gerafft und ein Märchen gespielt habe.“
Die Geschichte von Marianne Christina Schilling endete aber nicht märchenhaft. Nach einer Karriere auf den Bühnen der DDR kehrte sie dem Osten den Rücken, zog mit ihrem Mann nach Bremen. Der Grund: „Wir passten ideologisch nicht in den DDR-Topf, denn wir haben nie einen Hehl daraus gemacht, dass wir die Welt kennen lernen wollten, Kunst und Kultur in den westlichen Ländern“, sagte sie der „SuperIllu“. Später erkrankte sie an Polyarthrose, konnte laut Berichten am Schluss kaum bewegen. Ihr Mann kümmerte sich liebevoll um die Schauspielerin. „Ich habe ja meinen wunderbaren Mann, der schon das ganze Leben für mich sorgt. Jetzt erst recht, wo ich kaum noch laufen kann“, sagte sie. Sie starb am 12. Mai 2012 in Bremen.