Sie waren die Comic-Helden der DDR, eroberten zwischen 1955 und 1975 die Herzen von Millionen Lesern – und kehrten erst kürzlich noch einmal zurück: die Digedags aus der Zeitschrift „Mosaik“. Erst Mitte Mai erschien zum 100. Geburtstag von Digedags-Erfinder Hannes Hegen das Heft „Das Duell der Newa“, gezeichnet nach einem unveröffentlichten Manuskript. Nun widmet auch das DDR Museum Berlin den Comics einen Abend: Der evangelische Pfarrer Dr. Matthias Friske hat über Jahre zu „Mosaik“ geforscht, gibt bei einem Vortrag Einblicke in die Geschichte der Comics. Und verriet dem KURIER vorab die kleinen Geheimnisse der Digedags!
DDR-Comic Mosaik: 1975 verschwanden die Digedags von der Bildfläche
Wer die Ankündigung für den Vortrag liest, der gerät ins Staunen: Was hat ein evangelischer Pfarrer mit den Digedags zu tun? Die coole Antwort von Dr. Matthias Friske: „Auch ein evangelischer Pfarrer war mal Kind“, sagt er. Die Liebe für die Comic-Helden der DDR – sie wurde dem heute 56-Jährigen, der in Salzwedel lebt und arbeitet, in die Wiege gelegt. „Mein Vater war auch Pfarrer, hatte seit den 50er-Jahren ein Mosaik-Abo“, sagt Friske. „Ich bin also damit groß geworden.“ Wie auch viele andere Menschen in der DDR, die sich „Mosaik“ erst vierteljährlich, später sogar monatlich kauften.
Doch im Leben vieler Comic-Fans gab es einen herben Einschnitt: 1975 verschwanden die Digedags, die Hauptfiguren der Comics, plötzlich von der Bildfläche, wurden durch die Abrafaxe ersetzt. Warum? Das bleib lange ein Geheimnis. „Es gab keine Informationen“, sagt Friske. Verschiedene Theorien über das Ende der Digedags kursierten. „Es hieß immer, die Zensur sei gekommen und habe Hannes Hegen das verboten. Aber das stimmt gar nicht.“ Stattdessen habe der „Mosaik“-Papa einfach etwas kürzertreten wollen. Das weiß man heute, doch lange ließ auch Friske das Geheimnis der Digedags nicht los. Der Literaturhistoriker forschte, brachte das Buch „Die Geschichte des Mosaik von Hannes Hegen“ auf den Markt.

Dass die Digedags so große Erfolge feierten und auch heute noch viele Fans haben, erklärt Friske vor allem mit der Qualität der Comics. „Es waren gut produzierte Geschichten, sowohl grafisch als auch inhaltlich“, sagt er. Hinzu kam mangelnder Konkurrenzdruck. Bis zu zwei Millionen Leser hatten die Hefte zur damaligen Zeit. „Die Leute kauften das – und was anderes gab es nicht“, sagt Friske.
Und auch die Geschichte der Comics an sich sei spannend: „Es ist für mich noch immer kaum zu glauben, dass ein unabhängiger Unternehmer – Hannes Hegen – eine Comiczeitschrift machen konnte, die einfach an die Leute ausgeliefert wurde. Das ist in der DDR eine besondere Sache gewesen“, erklärt der „Mosaik“-Experte.
Die Geheimnisse der Digedags: Auch in Ungarn waren die Comic-Helden der DDR ein Hit!
In seinem Vortrag berichtet Dr. Matthias Friske aus der Geschichte der Digedags – und verrät dabei auch das eine oder andere spannende Geheimnis. Wussten Sie beispielsweise, dass die Abenteuer von Dig, Dag und Digedag nicht nur in der DDR ein Hit waren, sondern auch in Ungarn? „Die Comics wurden auch auf Finnisch, Holländisch und Englisch übersetzt“, sagt Friske. „In Ungarn waren sie aber nicht nur eine Randerscheinung, sondern hatten ein richtige Erfolgsgeschichte! 30.000 Exemplare wurden jeden Monat verkauft, das ist viel für so ein kleines Land.“ Grund für den „Mosaik“-Experten: kulturelle Gemeinsamkeiten.

Anfänge in der DDR: Zwei Ausgaben von „Mosaik“ erschienen ohne die Digedags
Ein weiterer spannender Fakt aus der Geschichte der Digedags: Es gab in der Anfangszeit der „Mosaik“-Comics zwei Ausgaben, die ohne die Comic-Helden auskommen mussten. Denn zu Beginn war noch nicht klar, welche Figuren langfristig im Heft auftreten sollen. Deshalb drehten sich die Hefte Nummer 3 und 5 (sie erschienen 1975) um Tiere, wie man sie heute eher den Disney-Comics zuordnen würde. „Das unverwechselbare Profil haben erst die Digedags gebracht“, sagt Friske. Die waren zu Beginn übrigens zu dritt, das Trio bestand aus Dig, Dag und Digedag. In Heft 20 aber reduzierten sie sich auf Dig und Dag. Erst Jahre später tauchte Digedag wieder auf.

Geheimnisse der Digedags: Verschwundener Digedag versteckte sich im Hintergrund
Was viele nicht wissen: „Einige Hefte, bevor er wieder auftaucht, versteckt er sich schon in einem Wimmelbild“, verrät Friske. Das Heft mit der Nummer 88 spielt in Venedig, erzählt eine Agentengeschichte. In einem Bild vom berühmten Markusplatz hat sich Digedag schon eingeschlichen, versteckt steht er im Hintergrund. „Die müssen damals schon gewusst haben, dass er ein paar Hefte weiter zurückkehren wird.“ Solche und andere Geschichten gibt’s beim Vortrag „Digedags und Abrafaxe“ von Dr. Matthias Friske am Mittwoch, dem 11. Juni 2025, um 18 Uhr. Schauplatz: Der Konferenzraum des DDR Museum Berlin, Sankt Wolfgang-Str. 2, 10178 Berlin. Der Eintritt ist frei.
Ob die Digedags nach „Das Duell der Newa“ noch einmal zurückkehren werden: unklar. Immerhin: Hannes Hegen hatte viele Geschichten über die Comic-Helden der DDR im Kopf, die er nie vollenden konnte. Im Zeitgeschichtlichen Forum Leipzig schlummern noch heute Aufzeichnungen: Karten, auf denen Schauplätze für die Abenteuer von Dig, Dag und Digedag markiert sind, dazu Bilder der Figuren in zeitgenössischer Kleidung. In den Notizen von „Die verschwundene Kriegskasse“ tragen sie laut Friske etwa Biberfellmützen. „Die Vermutung liegt nahe, dass die Geschichte in Amerika spielte, vielleicht zu Zeiten des Unabhängigkeitskrieges“, sagt er. Ob man es je erfahren wird? Im Gegensatz zu „Das Duell der Newa“, wo die Geschichte schon weiter fortgeschritten und dokumentiert war, nahm Hegen die Geheimnisse dieser Karten leider mit ins Grab.
