Der Streit um die geplante Flüchtlingsunterkunft in Berlin-Westend wird immer bizarrer. Nach Anwohnerprotesten steht das Projekt jetzt auf der Kippe. Während in den Ost-Bezirken der Stadt die Flüchtlingslast immer größer wird, reicht es im Westen offenbar, wenn ein paar Anwohner Krawall schlagen, damit eine Unterkunft gar nicht erst eingerichtet wird. Eine gerechte Verteilung der Asylsuchenden wird somit erschwert. Und die Frage drängt sich auf: Hat der Westen in Sachen Flüchtlingen eigentlich einen Sonderbonus?
Eigentlich sollte in der Soorstraße im Berliner Westend ein leerstehendes Bürogebäude zur Flüchtlingsunterkunft mit rund 950 Plätzen umgebaut werden. Ab 1. Januar 2026 sollte es zehn Jahre lange genutzt werden, so der Plan. Doch ob es jemals dazu kommt, ist ungewisser denn je.
Auf „RBB24“ heißt es dazu: „Wie der RBB aus Kreisen der schwarz-roten Koalition erfuhr, wird der Hauptausschuss am Mittwoch nicht wie geplant über die Anmietung eines leerstehenden Bürokomplexes in der Soorstraße entscheiden. Eine entsprechende Vorlage wurde erneut vertagt und kann damit frühestens im neuen Jahr behandelt werden.“
Damit ist für die Eigentümer des Gebäudes das Maß voll. Ein Anwalt der beiden Gebäudeeigentümer erklärte, dass damit das gesamte Geschäft scheitern könne. Das Gebäude gehört zu 60 Prozent dem Immobilienentwickler Aroundtown und zu 40 Prozent einem südkoreanischen Unternehmen.
Koalitionsstreit über das Flüchtlingsheim im Westen Berlins
Was eine mögliche Einigung erschwert: Hinter den Kulissen schwelt ein Streit zwischen der CDU und der SPD über die Verteilung der Asylsuchenden. Berlins Sozialsenatorin Cansel Kiziltepe (SPD) möchte Flüchtlinge möglichst über die Stadt verteilt dezentral unterbringen und so die Zeltstadt auf dem Gelände des früheren Flughafens Tegel langfristig überflüssig machen. Der Koalitionspartner CDU ist strikt dagegen. CDU-Fraktionschef Dirk Stettner kündigte im RBB an: „Wir werden nicht 30, 40, 50 weitere Unterkünfte auf das Stadtgebiet verteilen.“

Um das Projekt zu hintertreiben, schlug die CDU für die Soorstraße schließlich eine Reduzierung der Plätze und eine Mischnutzung mit Wohnungen für Studierende vor. Ursprünglich sollten dort nämlich 1500 Plätze eingerichtet werden. Aber weil Anwohner und die rechtspopulistische Nachrichtenwebseite von Ex-Bild-Chefredakteur Julian Reichelt mobil machten, konnte sich die CDU wohl durchsetzen.
Die Kosten des Projekts trotz reduzierter Plätze belaufen sich auf knapp 160 Millionen Euro bis 2035. Dazu kommen Umbaukosten von rund 30 Millionen Euro und die monatlichen Kosten von etwa 1,2 Millionen Euro. Letztere Summe zahlt Berlin für die Zeltstadt in Tegel allein pro Tag!
Berlinweit bringt der Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf, in dem der Ortsteil Westend liegt, etwa sieben Prozent aller Geflüchteten unter. Die meisten Asylsuchenden werden allerdings in Marzahn-Hellersdorf, Lichtenberg, Pankow und Tempelhof-Schöneberg einquartiert (mehr als die Hälfte aller Geflüchteten), also vor allem in der östlichen Stadt. Die Ost-Bezirke haben sich darüber immer wieder beschwert. Bisher allerdings vergeblich. ■