Bühne frei! Das ZDF macht den Berliner Friedrichstadt-Palast wieder zum Serien-Star. Nach drei Jahren Pause geht es im Januar 2025 mit „Der Palast“ endlich weiter. In der zweiten Staffel dreht sich alles um die Mega-Krise, in der Europas größtes Revue-Theater in den 90er-Jahren hineinschlitterte. Ost-West-Sprengstoff im wiedervereinten Berlin, in dem die weltberühmte DDR-Bühne fast zu Grunde gegangen wären. An die schlimmste des Hauses erinnert sich auch der heutige Intendant Berndt Schmidt (60). Wessi-Arroganz hätte den Friedrichstadt-Palast damals beinah platt gemacht, sagt er im KURIER-Gespräch.
Wir erinnern uns: Im Januar 2022 flimmerte die erste „Palast“-Staffel (sechs Teile) über die Bildschirme. Da bot der glamouröse Friedrichstadt-Palast die Kulisse für die spannende Verwechslungsgeschichte um eine DDR-Tänzerin und ihrer West-Schwester kurz vor dem Mauerfall. Das bescherte dem ZDF über sechs Millionen Zuschauer pro Folge, toppte damals sogar die RTL-Show „Wer wird Millionär?“ mit Günther Jauch.
Für das ZDF, der Moove GmbH und der Constantin-Film ein guter Grund, sechs neue Teile der „Palast“-Serie zu produzieren. Das erfüllt Friedrichstadt-Palast-Chef Berndt Schmidt und seinem Ensemble mit großem Stolz. „Der Palast ist die bekannteste Bühne für Showunterhaltung in Deutschland. Eine solche Serie ist wie ein Ritterschlag für uns“, sagt er.
ZDF-Serie „Der Palast“: So geriet der Friedrichstadt-Palast in den 90ern in die Krise
Die neuen Folgen knüpfen allerdings nicht an die erste Staffel an. Sie spielen Anfang der 90er-Jahre, als in Berlin, gerade frisch wiedervereint, nichts mehr so ist, wie es gerade einmal war. Vor allem im Osten der Stadt geht ein gewaltiger Umbruch vor sich.
Genau da betreten Nachwuchstänzer wie Luise, Lukas und Karla (gespielt von Lary Müller, Lukas Brandl und Taynara Silva-Wolf) die Bühne des Friedrichstadt-Palastes. Und sie müssen mit den alteingesessenen Ensemble-Mitgliedern gemeinsam um den Erhalt des Hauses kämpfen.

Denn auch der Palast befindet sich im Umbruch. Revuen, die einst in der DDR stets für ein volles Haus sorgten, sind plötzlich nicht mehr gefragt. „Auf der Bühne sind mehr Leute als im Saal“, sagt frustriert eine Tänzerin im ersten Serien-Teil.
Es rumort im Palast. Der Berliner Senat will in der Serie das inzwischen finanziell angeschlagene Revue-Theater so schnell wie möglich verramschen. Er setzt einen Westdeutschen als Intendanten (gespielt von Benno Fürmann) ein. Der kommt mit der fixen Idee, aus dem glanzvollen Palast ein glamouröses Show-Casino wie in Las Vegas zu machen, und steuert so den Palast erst recht an den Rand des Abgrundes. Dagegen wehrt sich das Ensemble. Es kommt zur Palast-Revolte …
„Der Palast“: Wie viel Wahres steckt in der neuen ZDF-Serie
Wie viel echter Friedrichstadt-Palast steckt in dieser Serie? „Es gibt durchaus Inspirationen aus der Nachwendezeit, die jedoch real über mehrere Jahre gingen, hier aber auf ein Jahr verdichtet wurden“, sagt Berndt Schmidt, seit 2007 Friedrichstadt-Palast-Intendant.
So hatte der Berliner Senat 1990 tatsächlich das legendäre Revue-Theater übernommen. Eine der ersten Maßnahmen: Man strich Subventionen in Höhe von 27 Millionen Mark (heute wären es rund 26,9 Millionen Euro) für kommende Produktionen. Von den 800 Palast-Mitarbeitern wurden 300 entlassen. Gerüchte machten die Runde, dass das Land Berlin das Haus verkaufen wollte.

Den West-Intendanten aus der Serie gab es auch wirklich. Der Senat setzte Julian Herrey (starb 2022) als Nachwende-Chef des Palastes ein. Ein Mann, der einst der erste Technischer Direktor des ICC in West-Berlin kam, aber nicht viel von Shows verstand, sollte nun nach westlichen Maßstäben den Friedrichstadt-Palast in die neue Zeit führen.
Kaum im Amt feuerte er den beliebten Chefdramaturgen Alexander „Sascha“ Iljinskij (starb 2009). Die Folge: Die Show „Jazz Leggs“, die Julian Herrey 1993 produzierte, floppte. Es kamen nun noch weniger Zuschauer in den Palast.
Auch die Palast-Revolte gab es. Das verbliebene Ensemble ging mit Unterschriftssammlungen auf die Barrikaden, protestierten mit Kostümen im Berliner Abgeordnetenhaus (auch das sieht man in der ZDF-Serie). Mit Erfolg: Alexander Iljinskij, der nach seinem Rauswurf schon als Chefdramaturg in den USA arbeitete, wurde im Oktober 1993 der neue Palast-Intendant.

In einem Kraftakt schaffte er es, mit neuen Shows wieder die Menschen in das Revue-Theater zu holen. Nachfolger Berndt Schmidt gelingt es dann endgültig mit modernen Produktionen, dass die Vorstellungen wieder ausverkauft sind und der Friedrichstadt-Palast satte Gewinne macht.
Schmidt findet es sehr gut, dass die Krisen-Jahre des Palastes jetzt in der ZDF-Serie erzählt werden. „Das war eine sehr spannende Zeit, denn damals drohte wirklich die Abwicklung des Hauses aus einer Wessi-Arroganz heraus. Und das sage ich selbst als geborener Wessi. Glücklicherweise kam man da 1994/95 zur Besinnung“, sagt er dem KURIER.
Nun drohen wieder schwere Zeiten, die den gesamten Berliner Kulturbetrieb treffen. 120 Millionen Euro will der Senat in diesem Bereich streichen. Insgesamt will man im Landesetat über fünf Milliarden Euro einsparen.

Doch zurück zur Serie „Der Palast“: Die Szenen für die Show und für Nebenhandlungen im Haus wurden im Juni und Juli im Friedrichstadt-Palast gedreht. „Wir haben choreographisch und tänzerisch über unsere Ballettdirektorin Alexandra Georgieva mitgewirkt“, sagt Berndt Schmidt. „Es wurden auch Kostüme vergangener Shows verwendet und ehemalige Mitarbeiter haben die Autorin beraten, damit alles authentisch wirkt.“
ZDF-Serie „Der Palast“: So liefen die Dreharbeiten
Das Projekt habe dem Palast sehr viel Arbeit gemacht, so der Intendant. „Aber alle waren mit Begeisterung dabei“, sagt er. Vor den Filmarbeiten im Palast wurde in Krakau (Polen) gedreht, „wo es noch etwas mehr nach DDR-Berlin aussieht“.
Und wie geht es mit dem echten Friedrichstadt-Palast weiter? Eine neue Grand Show ist in Vorbereitung. Am 27. November feiert die Young Show „Frida & Frida“ für Kinder und Jugendliche Premiere.

Hier kommen die ganz jungen Tänzer des Palastes auf die Bühne. „Es ist jedes Mal Gänsehaut pur, zu sehen, wie jeweils hundert Kids zwischen sieben und 18 Jahren in einer Vorstellung wirklich alles geben“, sagt Schmidt. „Es sind ja alles Amateure, weil sie im ,Hauptberuf‘ noch zur Schule gehen. Aber sie machen das alle mit ungeheurer Hingabe und Professionalität.“
In der Young Show treten auch Gaststars auf. „Ein kleines Highlight ist sicher, dass die artistischen Acts von einer Gruppe junger Ukrainerinnen und Ukrainer meisterlich ausgeführt werden“, sagt Schmidt. „Sie kamen größtenteils aus dem Krieg aus Kiew und spielen für ein Vierteljahr hier. Es ist ungeheuer traurig, wenn man bedenkt, was sie alles im Kopf haben werden und es ist auch sehr berührend, sie hier zu sehen. Sie sind einfach toll.“
Wie toll die zweite Staffel der ZDF-Serie „Der Palast“ wird? Ab dem 6. Januar 2025 läuft sie im Fernsehen. Wer nicht so lange warten möchte: Die Teile werden vorab ab dem 19. Dezember 2024 in der ZDF-Mediathek im Internet gezeigt. ■