Nach Zoff im Humboldt Forum

Trotz Verbot: Chöre singen Lindenberg-Song mit „Oberindianer“

Die Stiftung vom Humboldt Forum hatte sich gegen die Verwendung des Wortes beim Singen des „Sonderzug“-Liedes ausgesprochen. Lesen Sie hier, warum die Sänger sich bei ihrem Auftritt nicht daran hielten.

Author - Norbert Koch-Klaucke
Teilen
Beim Chorsingen im Humboldt Forum erklang auch der Lindenberg-Song mit dem Wort „Oberindianer“.
Beim Chorsingen im Humboldt Forum erklang auch der Lindenberg-Song mit dem Wort „Oberindianer“.Funke Foto Services/imago

Krachende Niederlage für die Sprachwächter vom Humboldt Forum in Berlin: Beim dortigen Foyer-Gratiskonzert „Vielstimmigkeit 2024“ am Wochenende taten die acht Chöre genau das, was man ihnen seitens der Stiftung des Hauses zuvor untersagt hatte. Sie stimmten den Udo-Lindenberg-Song „Sonderzug nach Pankow“ an und schmetterten lauthals das verbotene Wort „Oberindianer“!

Der Zoff um das Wort aus dem Lindenberg-Hit von 1983 sorgte bundesweit für Aufregung und Unverständnis. Um Konzerte in der DDR durchzusetzen, hatte Udo Lindenberg vor 41 Jahren den „Sonderzug“-Song aufgenommen und darin DDR-Staatschef Erich Honecker als „Oberindianer“ tituliert. Doch die Zeile „Ich muss da ´was klären, mit eurem Oberindianer. Ich bin ein Jodeltalent und will da spielen mit 'ner Band“ passte der Stiftung des Humboldt Forums nicht.

Die Chöre, die in der Veranstaltung Lieder von „Hanns Eisler bis Udo Lindenberg“ singen wollten, sollten das Wort „Oberindianer“ nicht singen. Stattdessen sollte an der besagten Stelle ein langgezogenes „I“ erklingen.

Begründung der Stiftung: „Das Wort wird von vielen indigenen Menschen, aber auch von vielen unserer nationalen und internationalen Besucher*innen als diskriminierend und rassistisch wahrgenommen. Diese Sichtweise nehmen wir ernst und respektieren wir.“ Angeblich sei das auch der Wunsch der Chorsänger gewesen, hieß es.

Udo Lindenberg bei einem Konzert
Udo Lindenberg bei einem KonzertFuture Image/imago

Humboldt Forum: Darum sangen die Chöre den Lindenberg-Hit mit „Oberindianer“

Doch das war offenbar nicht der Fall, wie die RBB-Abendschau berichtet. Ein Team war am Sonnabend (16. November) bei dem Gratiskonzert im Humbold Forum dabei, hörte genau zu. Und man staune und höre: Die Laien-Chöre sangen beim „Sonderzug“-Lied deutlich vernehmbar das umstrittene Wort „Oberindianer“.

Warum die Sänger das Verbot umgingen?  Weil es bei ihnen auf Unverständnis stieß, die satirische Bezeichnung Honeckers als „Oberindianer“ wegzulasssen, weil es angeblich dem heutigen Zeitgeist nicht mehr entspräche. „Bei den alten Ossis ist es ein Kultsong. Wir waren einfach nicht einverstanden, dass wir das nicht singen dürfen“, sagte Chor-Sänger Eberhard Licht dem RBB.

Seine Sangeskollegin Verena Suchowski erklärte: „Wir haben uns konzentriert, gute Musik zu machen, das war unser Job.“ Mehr nicht.

Laut dem RBB haben auch die Betroffenen, also die Vertreter der First Nation, wie sich heute die Indianer in den USA bezeichnen, nichts gegen die Verwendung des Begriffs „Oberindianer“. Der  Verein „Native American Association of Germany“ teilte dem RBB mit: „Indianer ist die deutsche Übersetzung für das Wort Indian, das ursprünglich eine Fremdbezeichnung war. In den USA gibt es jedoch sehr viele Stammesnationen, Communities und Organisationen bei denen das Wort Indian ein Teil des Namens ist.“

Und wie geht das Humboldt Forum mit der Klatsche um? Generalintendant Hartmut Dogerloh soll nun erklärt haben: „Wir zensieren weder Udo Lindenberg noch schreiben wir den Chören vor, was sie zu singen haben.“