Dem Himmel so nah. Für ein katholisches Wohnungsunternehmen eigentlich ein verständlicher Ansatz. Also baute die katholische Wohnungsbau- und Siedlungsgesellschaft Petruswerk ein Hochhaus in Berlin-Neukölln. Das Hochhaus Ruth – 71 Meter hoch, 21 Stockwerke, 71 Wohnungen. Doch ein Drittel der Wohnungen steht auch ein Jahr nach Fertigstellung noch leer. Interessenten werden durch die unchristlichen Mietpreise abgeschreckt. Bis zu 28 Euro pro Quadratmeter kalt verlangt das Petruswerk. Wegen des Leerstands droht das Bezirksamt Neukölln jetzt mit Zwangsgeldern.
Das Grundstück an der Eschersheimer Straße gehörte früher zur Brandenburgischen Hebammen-Lehranstalt und Frauenklinik, später zur Frauenheilanstalt Neukölln. 2005 wurde der Krankenhausbetrieb von Vivantes eingestellt. Das Petruswerk verwandelte das 37.500 Quadratmeter große Areal in das Wohnquartier St. Marien, mehr als 600 Mietwohnungen entstanden hier. Das neu gebaute Hochhaus Ruth ist ein Teil davon.
In der 17. Etage: Vier Zimmer für 3826,55 Euro
Die Lage ist ideal, im angesagten Neuköllner Kiez – zwischen der Silbersteinstraße im Norden und dem Mariendorfer Weg im Süden. Das Petruswerk preist das Wohnquartier auf seiner Internetseite an: Das Tempelhofer Feld sei nur 450 Meter entfernt, bis zum S- und U-Bahnhof Hermannstraße sind es auch gerade mal 800 Meter.
Sorgenkind bleibt das Hochhaus Ruth. Während der Rest des Areals vermietet ist, stehen hier 24 Wohnungen leer, wie man unter „Wohnungssuche“ auf der Petruswerk-Internetseite nachlesen kann. Es geht um 21 3-Zimmer- und drei 4-Zimmerwohnungen.
Im Angebot ist eine 4-Zimmer-Wohnung „mit tollem Blick auf Berlin“. In der 18 Etage, vier Zimmer, 117,74 Quadratmeter - für eine Kaltmiete von 3237,85 Euro. Das sind 27,50 Euro pro Quadratmeter kalt. Dazu kommen noch mal 353,22 Euro Betriebskosten plus 235,48 Euro Heizkosten. Macht zusammen: 3826,55 Euro.
Im fünften Obergeschoss kostet eine 80,57 Quadratmeter große 3-Zimmer-Wohnung 1732,26 Euro kalt – ein Quadratmeterpreis von 21,50 Euro. Rechnet man dann noch Betriebs- und Heizkosten dazu, endet man bei satten 2135,11 Euro.
Trotz des Leerstands: Senken will das Petruswerk die Mieten nicht. „Die ursprünglich noch im Jahre 2023 bei den Angebots-Objekten aufgerufenen Durchschnittsmiete wurde bereits 2023 erheblich und im Jahre 2024 noch einmal geringfügig gesenkt“, sagte Geschäftsführer Douglas Fernando RBB24. „Eine weitere Senkung der Mieten ist grundsätzlich nicht geplant.“

Fernando erklärt, dass sich die erheblichen Steigerungen der Baukosten in den letzten Jahren auch auf die Mieten ausgewirkt hätten. „Schon bei einem normalen Neubau war in den letzten Jahren ein Bauen unter 18 Euro pro Quadratmeter Nettokaltmiete nicht mehr möglich.“ Nun könne man selbst mit einer durchschnittlichen Netto-Kaltmiete von 22 Euro „kein plus/minus null“ mehr erreichen.
Katholisch hin oder her: „Die christlichen Ziele des Unternehmens werden insbesondere bei Projekten mit unseren christlichen Partnern verfolgt. Ansonsten muss das Unternehmen wirtschaftlich agieren, um solche Ziele verfolgen zu können“, erklärte Geschäftsführer Fernando gegenüber RBB24.
Strafe angekündigt: 5000 Euro pro Wohnung
Der Bezirk hat nun genug vom andauernden Leerstand im Hochhaus Ruth. Bezirksbürgermeister Martin Hikel (SPD) teilte vor kurzem mit, dass schon am 30. September „Zuführungsanordnungen mit Zwangsgeldandrohungen“ erlassen wurden und beruft sich dabei auf das Zweckentfremdungsgesetz von 2014, dass Zweckentfremdung durch Leerstand verhindern will. Wenn bis Januar 2025 keine Mietverträge für die 24 noch leerstehenden Wohnungen nachgewiesen werden, drohen 5000 Euro pro Wohnung Zwangsgeld.
„Sofern das Zwangsgeld tatsächlich erhoben wird, kann bei ausbleibender Zuführung der leerstehenden Wohnungen ein weiteres Zwangsgeld, dann in Höhe von 10.000 Euro, angedroht werden“, teilte ein Pressesprecher des Bezirks der Tageszeitung nd mit. Leerstehende Wohnungen könnten im Extremfall sogar treuhänderisch zwangsvermietet werden. Das beabsichtige der Bezirk aber nicht, so der Pressesprecher weiter. Das Bezirksamt gehe grundsätzlich davon aus, dass die Eigentümerin ein hohes Eigeninteresse an der Vermietung des fertigen Neubaus habe.
Neukölln versucht seit einiger Zeit, systematisch gegen Leerstand vorzugehen. 2023 wurden in 1231 Fällen insgesamt 425.384 Euro an Bußgeldern wegen Zweckentfremdung eingenommen. Dazu zählen aber auch Zweckentfremdungen durch Ferienwohnungen. Das Hochhaus Ruth ist im Bezirk der einzige Neubau, der leer steht. ■