Im Kungerkiez in Alt-Treptow reihen sich Altbauten, kleine Geschäfte und Cafés aneinander. Aber die Berliner Kiez-Idylle ist bedroht. Denn die Eröffnung der A100-Verlängerung steht vor der Tür. In wenigen Wochen werden täglich Tausende Autos bis direkt nach Treptow rollen. Zum Unmut vieler Anwohner. Mit der neuen Autobahnanbindung rollt auch die Angst vor noch mehr Stau, noch mehr Lärm und noch mehr Abgasen heran.
Die Gegend rund um die Elsenbrücke ist sowieso schon staugeplagt. Seit Jahren sind die marode Brücke und die umliegenden Straßen eine Dauerbaustelle. Und jetzt kommt noch die A100 dazu. Bei einem Vororttermin mit dem KURIER im April bemängelten die zuständigen Verkehrsstadträtinnen von Treptow-Köpenick und Friedrichshain-Kreuzberg, dass es kein aktuelles Verkehrskonzept gebe, der Verkehr sich seine eigenen Wege bahnen würde.
Treptow-Köpenick: Bezirk plant Sperre in der Bouchéstraße
„Die umliegenden Kieze sind nicht geschützt“, sagte damals Claudia Leistner (Die Grünen), Stadträtin in Treptow-Köpenick. Der Bezirk wollte deshalb den benachbarten Karl-Kunger-Kiez mit Kiezblocks, also Pollern, vor Schleichverkehr schützen.
Doch dann kam Verkehrssenatorin Ute Bonde (CDU) und drehte den Geldhahn für Pollerprojekte zu. Betroffen auch der geplante Kunger-Kiezblock: zur Empörung vieler betroffener Anwohner und von Stadträtin Claudia Leistner. Sie sprach von einem herben Rückschlag, es sei „ein Schritt in die falsche Richtung“. Lediglich für Maßnahmen zur Verkehrsberuhigung in der Lohmühlenstraße habe die Senatsverwaltung Fördermittel bewilligt. Außerdem gebe es bisher „keine klare Antwort“ vom Senat darüber, wie die Fördergelder verwendet werden dürfen.
Leistner und das Bezirksamt setzen sich weiterhin dafür ein, zumindest Teile des Projekts umzusetzen. „Die Schaffung einer Fahrradstraße samt Diagonalsperre in der Bouchéstraße plant das Bezirksamt nun aus eigenen Mitteln“, erklärt Leistner gegenüber dem KURIER. Der Kunger-Kiezblock ist also noch nicht endgültig vom Tisch.
Der Kiezblock sei laut Bezirksamt „ein wichtiges Instrument zur lokalen Verkehrswende“, gerade mit Blick auf die erwarteten Belastungen durch die neue A100-Anbindung. „Die Notwendigkeit des Kiezblocks wird mit der Eröffnung dieses Bauabschnitts noch dringlicher.“

Poller-Befürworter befürchten, dass die Autobahn für mehr Stau, Durchgangsverkehr, Lärm und größere Unfallgefahren sorgen könnte. Die Autobahn GmbH sieht das anders: Nach deren Prognose soll sich der Verkehr nur verlagern. Verkehrssenatorin Ute Bonde (CDU) spricht sogar davon, dass einige Straßen entlastet werden würden.
Verlängerung der A100: Immer wieder gab es Bau-Verzögerungen
Um dies zu steuern, sollen die Ampeln so geschaltet werden, dass der Verkehr nur langsam in die Stadt fließt, selbst wenn sich dadurch ein Rückstau auf der A100 bilden sollte. Ob diese Lösung nachhaltig ist, und inwiefern sich diese Vermutung bewahrheitet, wird sich in wenigen Wochen zeigen, wenn der Abschnitt 16 freigegeben wird – voraussichtlich Anfang September.
Der 3,2 Kilometer lange Abschnitt vom Dreieck Neukölln bis zum Treptower Park wird seit 2013 gebaut und kostet über 720 Millionen Euro. Immer wieder, zuletzt im Frühjahr, gab es Bauverzögerungen und eigentlich fehlt bis heute vielerorts ein durchdachtes Verkehrskonzept.