Ute Bonde war Geschäftsführerin beim Verkehrsverbund Berlin-Brandenburg (VBB), arbeitete davor lange bei den Berliner Verkehrsbetrieben (BVG): Ein großer Fan des Berliner 29-Euro-Tickets scheint die neue Berliner Verkehrssenatorin aber dennoch nicht zu sein. In zwei Interviews, die sie jetzt gab, liest man zwischen den Zeilen heraus, dass sie das Berliner Billig-Abo wieder abschaffen möchte. Grund: Es bringt nichts und sorgt nur für sinkende Einnahmen.
„Aus die Idee aufkam, das 29-Euro-Ticket in Berlin wieder aufzulegen, gab es das bundesweit gültige Deutschlandticket für 49 Euro im Monat noch nicht. Heute müssen wir feststellen, dass das Berlin-Abo das Deutschlandticket kannibalisiert“, sagt Bonde der Berliner Zeitung. „Berliner wechseln vom 49- zum 29-Euro-Ticket, ohne dass es im nennenswerten Maße echte Neukunden gibt. Das Ziel, Systemeinsteiger zu gewinnen, dem Nahverkehr neue Kundschaft zuzuführen, die vom Auto zum Nahverkehr wechselt, wurde bislang noch nicht erreicht.“
Das 29-Euro-Ticket kollidiert mit dem Sparzwang des Berliner Senats
Deshalb wird das 29-Euro-Ticker jetzt wieder auf den Prüfstand kommen, wie die Verkehrssenatorin in einem Interview mit der Deutschen Presse-Agentur (dpa) ankündigt. „Und wir werden evaluieren, wie es in jedem Wirtschaftsbereich gemacht wird, wenn ein neues Produkt eingeführt wird: Wie läuft das, entspricht es den Nutzerbedürfnissen?“ Das 29-Euro-Ticket soll Anfang Juli für den AB-Bereich in Berlin eingeführt werden und nur im Abonnement zu haben sein. Das Angebot gilt auch innerhalb der schwarz-roten Regierungskoalition als zunehmend umstritten, nicht zuletzt angesichts der Haushaltslage in der Hauptstadt.

Bonde ist bekennender Fan des bundesweiten 49-Euro-Tickets, das sie „eine unglaublich intelligente Lösung“ nennt. „Ob es intelligent eingeführt worden ist, lässt sich im Nachhinein immer kritisch fragen. Aber es war schon eine gute und coole Idee, das zu tun“, so die Verkehrssenatorin. „Ich bin immer für Einfachheit für alle Bürgerinnen und Bürger. Und am einfachsten ist es, wenn ich dieses Ticket habe und damit in ganz Deutschland fahren kann.“
Das 29-Euro-Ticket kollidiert natürlich auch mit dem Sparzwang des Berliner Senats, dem auch die Verkehrsverwaltung unterworfen ist. Die Einsparungen in Bondes Ressort summieren sich in diesem Jahr auf 61.246.500 Euro. Dagegen stehen prognostizierte Minderausgaben im öffentlichen Verkehr von 130 Millionen Euro. Die SPD hat deshalb vorgeschlagen, die Verkehrsverträge zu überprüfen und bei den Zahlungen an die Verkehrsunternehmen zu sparen.
Die CDU-Politikerin widerspricht: „Wir müssen uns alles anschauen, doch die Leistungen im Nahverkehr möchten wir nicht kürzen. Es wäre falsch, Fahrpläne und Liniennetze auszudünnen“, sagt sie im Interview mit der Berliner Zeitung. Auch sinnvolle und wichtige Investitionen in die Zukunft möchte sie nicht streichen. „Als wir noch eine andere Haushaltslage hatten, waren manche Projekte nice to have. Doch nicht alle sind unbedingt erforderlich und dringlich.“ Klingt so, als meinte sie damit auch das 29-Euro-Ticket, das Lieblingskind von Wirtschaftssenatorin Franziska Giffey (SPD).
Berlins Verkehrssenatorin hält eine Diskussion über die künftige Finanzierung des Personennahverkehrs für unverzichtbar. „Wir müssen aus meiner Sicht zu alternativen Finanzierungsquellen im ÖPNV kommen, und wir müssen dafür über den Gartenzaun blicken: Was machen denn andere, die ähnliche Probleme haben wie wir?“, sagt die CDU-Politikerin, die seit vier Wochen im Amt ist. „Und dann müssen wir ins Nachdenken kommen und Produkte finden, die am wenigsten Eingriff bedeuten – egal ob für Bürger oder Arbeitgeber – und am meisten Effizienz.“
Parkgebühren sollen steigen. Kommt eine City-Maut?
In der CDU-Fraktion werde gerade an einem ganzheitlichen Konzept zur Parkraumbewirtschaftung gearbeitet, sagt sie. „Es prüft die unterschiedlichen Möglichkeiten, die es beim Thema Parkgebühren geben kann wie das Ausweiten der Flächen und die Erhöhung der Gebühren.“ Man müsse aber auch über den Gartenzaun schauen. „Wenn mein Nachbar eine superschöne Rose hat, gucke ich: Wie hat der das gemacht, welche Düngemittel hat er verwendet? London hat die City-Maut eingeführt, Wien das 365-Euro-Ticket und die Arbeitgeberabgabe“, so die Senatorin.

Der jüngste Vorschlag sah nun vor, dass die Parkvignette für ein Jahr künftig 60 und für zwei Jahre 100 Euro kosten soll. „Es wird an einem Konzept gearbeitet. Ich denke, dass wir im Herbst 2024 weiter sind“, sagt Ute Bonde. In Berlin soll es aber keine höheren Gebühren für SUV oder andere große Autos geben, weil es unsozial wäre. „Familien mit drei oder mehr Kindern brauchen große Autos. Wenn wir nach Größe differenzieren würden, dann träfen wir die Falschen.“
Die Öffis möchte die Verkehrssenatorin beschleunigen, sie spricht beispielsweise von Fahrstreifen, die im Berufsverkehr temporär gesperrt werden, damit Busse schneller vorankommen. „Zusammen mit der BVG arbeiten wir am Mobilitätskonzept 2035“, sagt Bonde im Interview mit der Berliner Zeitung. „Wir wollen ein Angebot schaffen, das viele Berlinerinnen und Berliner davon überzeugt, dass sie in dieser Stadt keinen eigenen Pkw mehr brauchen. Eine nahtlose Mobilitätskette soll das Auto entbehrlich machen.“
Doch anders als die Grünen vorher, will die Verkehrssenatorin die Berliner Autofahrer zu nichts zwingen. „Zwang entspricht nicht meiner persönlichen Einstellung. Es passt auch nicht zu der Partei, für die ich dieses Senatorinnenamt übernommen habe. Die CDU ist eine christliche, freiheitliche Partei. Restriktionen und Verbote sind für Christdemokraten nicht die Mittel der Wahl.“ ■