Bitte ohne Rad einsteigen

Bahn-Chaos in Berliner Regios: Radfahrer sollen Räder zu Hause lassen!

Die Zustände in den Regionalzügen rund um Berlin sind oft chaotisch: Die Züge sind völlig überfüllt. Nun wendet sich der VBB-Chef mit einem Appell an Radfahrer.

Author - Florian Thalmann
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Es ist das übliche Bild in den Regionalzügen: In den Abteilen ist viel zu wenig Platz für die vielen Fahrräder. Nun bittet der VBB-Chef deshalb die Radfahrer, ihre Räder zu Hause zu lassen.
Es ist das übliche Bild in den Regionalzügen: In den Abteilen ist viel zu wenig Platz für die vielen Fahrräder. Nun bittet der VBB-Chef deshalb die Radfahrer, ihre Räder zu Hause zu lassen.Sabine Gudath/imago

Am Wochenende haben wieder etliche Menschen die freie Zeit genutzt, um eine Ausfahrt mit dem Regionalzug zu unternehmen – das Deutschlandticket macht es besonders günstig möglich. Sehr begehrt sind dabei immer die Verbindungen in Richtung Ostsee. Einen Tag abschalten an der Küste, kurz die Füße ins Wasser halten: Das ist für viele Leute in Berlin immer wieder ein beliebter Plan. Doch das Regio-Chaos auf den Strecken ans Meer macht den Ausflug oft zum Horror. Züge sind immer wieder hemmungslos überfüllt. Verschärft wird die Situation durch Fahrradfahrer, die ihre Räder mitnehmen wollen. Der neue VBB-Chef bittet nun darum, dass Fahrradfahrer ihre Räder zu Hause lassen.

Volle Regionalzüge: Wer zur Ostsee will, sollte kein Fahrrad mitnehmen

Wer schon einmal eine Fahrt mit dem Regio unternommen hat, der hat die Situation bestimmt schon einmal erlebt: Vor allem in den Großraumabteilen der Regionalzüge ist auf den beliebten Strecken oft die Hölle los. Hier stapeln sich nämlich nicht nur die Fahrgäste, sondern auch die Fahrräder, die von den Radfahrern mitgebracht werden. Der Platz wird immer weniger, je mehr Drahtesel im Abteil landen, für Fahrgäste ohne Rad ist kaum noch Platz. Und das Aussteigen wird zur organisatorischen Meisterleistung.

Der neue VBB-Chef Christoph Heuing hat sich jetzt mit einem Appell an die Radfahrer der Hauptstadtregion gewandt. „Die Fahrradmitnahme ist natürlich was, was die Situation besonders verschärft“, sagte er zu den besonders vollen Zügen, die vor allem im Sommer auf den Ostsee-Linien unterwegs sind. „Deswegen wäre jetzt die Bitte für alle diejenigen, die von Berlin an die Ostsee fahren, wenn möglich, auf die Fahrradmitnahme zu verzichten.“ Wer also eine Radtour an die Ostsee plant, sollte doch überlegen, ob daraus nicht eher eine Wandertour werden könnte.

Das Chaos bei den Regios in Richtung Ostsee soll sich dank noch mehr Zügen etwas lichten. Denn die Züge auf den begehrten Linien Richtung Küste sind ständig voll.
Das Chaos bei den Regios in Richtung Ostsee soll sich dank noch mehr Zügen etwas lichten. Denn die Züge auf den begehrten Linien Richtung Küste sind ständig voll.Sabine Gudath/imago

Doch es geht noch weiter: Wer mit dem Rad unterwegs ist, müsse sich jederzeit darauf einstellen, dass das Fahrrad gar nicht mitgenommen werden kann. Denn Rollstühle und Kinderwagen hätten Vorrang, sagt Heuing. Der VBB-Chef hat auch einen Hinweis für alle, die trotzdem radeln wollen: Auch am jeweiligen Fahrtziel gibt es Fahrradverleiher, bei denen man sich ein Rad borgen könne. „Und natürlich wollen wir es langfristig hinkriegen, dass man auch jederzeit das Fahrrad mitnehmen kann. Nur im Moment ist die Situation nicht so.“

Schräger Fall: Nur sechs Fahrgäste mit Fahrrädern durften in den Regionalzug

Die „Berliner Zeitung“ berichtete erst vor Wochen über einen Fall, der sich in der Regionalbahn RB12 nach Templin ereignete. Ein Radfahrer berichtete dem Blatt, man könne mit der Regionalbahn eigentlich keine Fahrradtouren unternehmen. „Es durften nur sechs Fahrgäste mit Fahrrädern einsteigen, die anderen wurden abgewiesen und einfach stehen gelassen“, berichtete der Mann. Auch der nächste Zug habe nur sechs Fahrräder mitgenommen. Reisen zwischen dem Templiner Ortsteil Bebersee und Berlin seien ohne Auto eigentlich nicht möglich. „Denn es ist nicht sicher, dass man in der Bahn mitgenommen wird“, sagte er der „Berliner Zeitung“.

Schnell noch rein: Wer mit den stark nachgefragten Regio-Linien fahren will, muss starke Nerven haben. Für Fahrräder ist oft kein Platz mehr.
Schnell noch rein: Wer mit den stark nachgefragten Regio-Linien fahren will, muss starke Nerven haben. Für Fahrräder ist oft kein Platz mehr.Dirk Sattler/imago

Ostsee-Linien völlig überfüllt: Chaos in den Regios nervt viele Radfahrer gewaltig

Das Chaos bei der Mitnahme von Fahrrädern – es nervt auch viele Radfahrer gewaltig. Doch eine Lösung scheint so schnell nicht in Sicht. „Auf eine Art sollen alle besser auf das Rad umsteigen und dann wieder sowas. Das kann nicht harmonieren und funktionieren“, kritisiert ein Mann in einem Kommentar auf Facebook. Ein anderer gibt auch den Fahrgästen selbst die Schule am Platz-Chaos. „Würden Fahrgäste ein bisschen mitdenken und nicht die Mehrzweckabteile besetzen, obwohl sie genauso gut woanders sitzen könnten, wäre schon mehr Platz“, schreibt ein Nutzer. Er kritisiert auch, dass dadurch Raum verloren wird, dass Radfahrer sich auf einen Platz setzen, um ihre Räder während der Fahrt festzuhalten. „Aber es ist natürlich vor allem eine Frage des politischen Willens.“

Chaos im Regio: VBB will mehr Züge an die Ostsee schicken

Das grundsätzliche Chaos in den Zügen in Richtung Ostsee will der VBB übrigens mit mehr Zügen beseitigen – konkret: mit einem zusätzlichen Zug. Es führen bereits morgens zwei zusätzliche Züge in Richtung Ostsee und nachmittags wieder zurück. „Wir prüfen derzeit, ob wir noch einen dritten Zusatzzug reinbekommen können“, sagte der VBB-Chef. Denn die vollen Züge und die schwierige Situation für Fahrgäste seien ein Problem, das ihn persönlich bewegt und bedrückt. „Weil wir hier zum Teil Zustände haben, die wir den Fahrgästen eigentlich nicht zumuten dürften“, sagt Heuing.

Und was denken Sie? Welche Erfahrungne haben Sie mit dem Fahrrad in den Regios in Berlin und Brandenburg gemacht? Schreiben Sie uns Ihre Meinung in die Kommentare oder an leser-bk@berlinerverlag.com – wir schätzen Ihre Meinung!