Ahlbeck, Binz und Zinnowitz – wer an der Ostsee bucht, macht in diesem Sommer eine Reise ins Blaue. Wo, wie etwa in Ahlbeck auf Usedom, die AfD besonders viele Stimmen holte, könnten demnächst einige Urlauber fernbleiben. Denn Reisende machen ihre Pläne auch davon abhängig, bei wem sie vermutlich einchecken, wem sie sich im Restaurant oder am Strand gegenüber sehen. Die Zuschriften unserer Leser aus ganz Deutschland zeigen, wie tief gespalten die Meinungen in der Frage sind. Wie sehen Sie das, würden Sie Ihr Urlaubsziel davon abhängig machen, wie die Menschen vor Ort wählen?, haben wir gefragt und Sie haben uns geantwortet. Wir dokumentieren die Lesermails (kursiv gedruckt).
Die einen können nicht nachvollziehen, wie das Wahlverhalten der Einheimischen Einfluss auf das Urlaubsziel haben kann und spannen den Bogen noch weiter.
Da muss ich doch herzhaft lachen, wenn ich diesen Artikel lese. Die Urlauber stornieren also den Urlaub, weil die AfD Wahlerfolge verzeichnet? Das ist doch an Lächerlichkeit nicht zu überbieten. Esse ich das Brot vom Bäcker nicht mehr, weil der als AfD-Wähler das Brot gebacken hat? Ist AfD ansteckend? Wie war das doch vor dem Krieg? Ich erinnere an die Hetze, dass an den Fensterscheiben der Geschäfte die Aufschrift stand: „Kauft nicht bei Juden.“ Wie schlimm muss das hier noch werden? Muss der Heizungsbauer oder der Maler oder der Dachdecker und Fliesenleger erst sagen, was er gewählt hat, sonst bekommt er den Auftrag nicht?
Andere Leser würden genau das befürworten. Sie wollen ihr Geld, schon gar nicht das Urlaubsgeld, lieber nicht an Unterstützer rechtsextremer Parteien ausgeben:
Lieber Urlaub an der Nordsee
Ich wollte ursprünglich in Boltenhagen Urlaub machen, aber bei dem Wahlergebnis kommt das für mich nicht mehr infrage. Da weiche ich lieber an die Nordsee aus. Faschisten bekommen von mir keinen Euro, wo ich es vermeiden kann.
AfD-Wähler müssen spüren, dass sie sich ins eigene Fleisch schneiden
Natürlich mache ich die Wahl meines Urlaubszielortes von dem AfD-Wahlergebnis im Zielort ab. Die AfD-Wähler müssen spüren, dass sie sich in eigene Fleisch schneiden, dass sie sich persönlich Nachteile einhandeln, wenn sie die AfD wählen, dass die AfD keine Lösungen hat, sondern nur Problembeschreibungen. Man kann auch in Schleswig-Holstein, Polen, Tschechien usw. Urlaub machen. Ich persönlich beschäftige keine AfD-Handwerker und gehe auch nicht in Geschäften einkaufen, deren Inhaber die AfD unterstützt, kaufe keine Produkte der Firma ‚Müller-Milch‘ und deren Derivate. Ich kaufe auch keine Produkte amerikanischer Hersteller! Jeder Mensch kann und sollte Zeichen setzen!
Zwischen den Zeilen liest man auch immer wieder das Unverständnis von Menschen aus Westdeutschland gegenüber den als undankbar empfundenen Ostdeutschen:
Auf Wutbürger im Osten kann ich gerne verzichten
Meine Frau und ich sehen es genauso, wie die Menschen, die angesichts der Wahlergebnisse in den neuen Ländern ihre Urlaube dort stornieren. Ich finde, man sollte dieses pubertäre und undankbare Wahlverhalten nicht akzeptieren. Ich habe z.B. Dresden vor und nach der Wende gesehen - ich habe keinerlei Verständnis für die motzige Art und die beleidigte Leberwurst-Haltung vieler Wähler im Osten. Ich hatte berufliche Kontakte nach Erfurt und habe gerne Orte wie Eisenach, Weimar und Dresden besucht. Mit diesen Regionen habe ich erst einmal fertig. Vor allem das Ergebnis der AFD, aber auch die Ergebnisse der Linken und des BSW machen mich zornig. Bei allem Verständnis für die Fehler, die vielleicht in Verbindung mit der Wende westlicherseits gemacht wurden. Dass man den Zerstörern unseres seit Jahrzehnten bewährten „Systems“ seine Stimme gibt, halte ich für verwerflich und unverständlich. Ich finde, man sollte das zum Ausdruck bringen und die empfindlichen Seelchen im Osten nicht allzu sehr schonen. Die Länder der alten Bundesrepublik haben kulturell und landschaftlich viel zu bieten. Auf den Osten mit seinen Wutbürgern kann ich gerne verzichten.
Baut die Mauer wieder auf
Der ehemalige Grenzverlauf zum Westen ist blau, das ist die Dankbarkeit! Keinen einzigen EUR sollte der Westen zum Osten senden. Soll sich doch das AfD-Land sein Geld für Wiederaufbau von Putin geben lassen. Jeder dieser Blau-Wähler sollte in Zukunft von jeglichen Zahlungen von der Bundesregierung gesperrt werden für den jetzigen Dank für den Wiederaufbau nach der Wende, der von uns bezahlt wurde. Dann sollen diese Typen sich die Mauer wieder hochziehen! Weidel, Brandner und Konsorten sollen dann alle Zahlungen dort vornehmen.
Ungutes Gefühl in Ostdeutschland
Wir sind Niedersachsen und haben bereits seit vielen Jahren ein ungutes Gefühl bei Fahrten in die ostdeutschen Bundesländer. Schon vor 20 Jahren empfanden wir Beklemmung, als wir in Wismar am Parteibüro der NPD in unmittelbarer Innenstadtnähe vorbeigingen, inklusive den dazu passenden Männern in Springerstiefeln, Glatze usw. Wir vermeiden inzwischen bewusst Besuche in Ostdeutschland. Wir haben das Gefühl als „Wessis“ nicht willkommen zu sein, zuletzt 2023 bei einer Familienfeier. Ein Urlaub dort kommt für uns definitiv nicht infrage. Ich muss hinzufügen, dass wir auch andere Gebiete meiden, z. Bsp. Länder, die Menschenrechte nicht respektieren (Türkei, Ägypten). Wir waren mehrmals auf Usedom. Jetzt werden wir auf keinen Fall unseren Urlaub da planen. AfD -Wähler und die Einstellung der Bürger hierzu ist der Grund.

Andere Leser fahren gerade an die Ostsee, weil dann mehr Platz sei, ohne andere Touristen und unter Gleichgesinnten.
Fahren trotzdem an die Ostsee
Sie können noch so viel Hetze gegen die AfD schreiben, wir werden trotzdem an die Ostsee fahren und dort unseren Urlaub machen. Wir suchen uns natürlich ein Hotel aus, das nicht in der AfD-Hetze beteiligt ist! Sie können gern auch diese Meinung mal schreiben, statt gegen die AfD zu hetzen!
Gesunder Menschenverstand herzlich willkommen
Spannendes Thema. Es zeigt, wie die jahrelang medial vorangetriebene Diffamierung politisch Andersdenkender in der Bevölkerung wirkt. Sei's drum. Die Ostseestrände in Mecklenburg-Vorpommern sind fantastische Urlaubsregionen, Menschen mit gesundem Menschenverstand und Realitätssinn werden ihren Urlaub genießen. Herzlich willkommen. Ein Ossi.
Mehr Platz – wir freuen uns auf den Sommer
Ihr könnt nun aufhören mit dem Sc....ß, die Wahl ist vorbei! Zur Coronazeit wurden wir als „Ungeimpfte“ herzlich aufgenommen. Wenn nun wirklich einige meinen, die Menschen an der Ostsee haben falsch gehandelt, na prima, dann ist für uns mehr Platz und wir freuen uns schon auf den Sommer.
Denkt an die Geschichte, mahnen ältere Leser
Besonders ältere Leser haben die Geschichte im Blick, wenn sie sich gegen einen Urlaub in AfD-Hochburgen entscheiden.
Den Urlaub im Osten Deutschlands streichen wir aus unserem Plan, wer so wählt, vergisst die Vergangenheit. Wer nachdenkt, muss doch wissen, wie es damals begann. Wir lassen keinen Cent mehr dort. Der Osten ist wohl vom Westen ausgenutzt worden, aber er ist auch frei geworden. Das sollte nicht vergessen werden. Ich habe viele Menschen dort kennengelernt, ich kann mir nicht vorstellen, dass alle unzufrieden sind. Seid keine Lämmer und zieht nur anderen hinterher. Ich bin Jahrgang 1942 und habe viel von den Anfängen 1930 und später gelesen und gehört. Erschreckend, wie sich das alles wiederholt – die Vergangenheit lehrt uns doch einiges, das sollten wir lernen. Reiß das Ruder rum!
Seit vielen Jahren an der Ostsee, jetzt nicht mehr
Wir waren in den vergangenen Jahren mehr als 10 x an der Ostsee, überwiegend auf Rügen in Binz, sowie auf Usedom in Ahlbeck. In Binz haben wir auch mit einer Spende den Erweiterungsbau der kath. Kirche unterstützt. Künftig werden wir, leider, die Ostseeküsten im Bereich Meckpom meiden. Eine solche Gegend mit überwiegend AfD-Wählern werden wir nicht mehr unterstützen. Wir sind 1948 geboren und haben die Nachkriegsjahre noch mit erlebt, wir wissen noch genau von unseren Eltern was im Krieg abgelaufen ist und wer diesen verursacht hat. Das können und werden wir nicht unterstützen, dass wir das noch erleben müssen. Die jungen Wähler, welche ja überwiegend AfD wählen, sollten sich mal ausführlich über diese Zeit informieren, bzw. auch informiert werden.
Unsere letzte Reise an die Ostsee
Gerne geben wir Ihnen die Rückmeldung bzgl. unserer Reiseplanung MV. Wir fahren regelmäßig mindestens einmal pro Jahr seit 1999 auf die Insel Usedom, auf Rügen waren wir sechs bis sieben Mal. Im Februar dieses Jahres waren wir bereits in Ahlbeck. Unser Quartier für Mai in Bansin/Insel Usedom ist seit Monaten fest gebucht. Dies wird allerdings unsere letzte Reise hierhin sein. Es gibt viele andere schöne Orte, wo nicht die Rechtsextremen dominieren.
Aus Sicherheitsgründen an die Nordsee
Auch ich möchte Ihnen mitteilen, dass wir unseren geplanten 4 Wochen-Urlaub mit vier Personen an der Ostsee, wegen des überdurchschnittlichen Anteiles von AfD-Wählern aus Sicherheitsgründen jetzt lieber an der Nordsee verbringen werden.
Nazihochburg Ostsee
Nicht im Traum würde ich in eine solche Nazihochburg an der Ostsee fahren und dort meinen Urlaub verbringen. Wer weiß, was die so machen, wenn da so ein alter Sozi kommt, denn zimperlich sind diese AfD-Heinis nicht. Man muss nur sehen, wie diese narzisstische Psychopathin Weidel agiert. Da kann man nur kotzen.
Keine dummen Bemerkungen von den Insulanern
Ich bin gebürtiger Brandenburger und verbringe seit Jahren Urlaub auf der Insel Rügen und in Stralsund. Ich habe die Wahlergebnisse gesehen und meinen Urlaub im April erstmal auf eine Woche verkürzt und keine weiteren Urlaube gebucht. Ich bin abwartend und will erstmal sehen, ob sich die Menschen dort verändert haben und es mir möglich ist, Urlaub ohne politische Gespräche oder „Bedrohungen“ zu machen. Ich möchte in meinem Urlaub mein Leben so leben, wie ich es bisher gelebt habe und möchte keine „dummen“ Bemerkungen von Insulanern haben. Ich hoffe, dass es den Gastgebern gelingt, dies zu ermöglichen. Mit einem kleinen Unwohlgefühl sehe ich Besuche in Kneipen oder Bars, weil dies meist die Brennpunkte der Auseinandersetzungen sind. Mal sehen, wo das noch hinführt.

Ja, geplante Reisen nach Thüringen, Brandenburg, Sachsen und Mecklenburg-Vorpommern verschiebe ich erstmal.
Bleibt weg vom Osten
Sehr wohl entscheide ich bei meinem Urlaubsziel, wie sich die politische Situation vor Ort gestaltet. Ich reise in keine bestehenden oder sich dorthin entwickelnden Diktaturen oder Frauen diskriminierende Länder. Genauso halte ich es bereits seit den Europawahlen mit dem Osten Deutschlands; mehrere Newsletter von Hotels im Erzgebirge, im Ostharz und an der mecklenburgischen Ostsee habe ich mit der Begründung der dortigen AfD-Wahlerfolge abbestellt.
Wer eine Partei wählt, die in Teilen rechtsradikal, Europa feindlich und für mich verfassungsfeindlich ist, der verdient mein Urlaubsgeld nicht. In so einer Gegend kann ich mich mit solchen für mich politisch vollkommen verirrten Menschen nicht entspannen.
Vielleicht sollte man den AfD-Wählenden mal erklären, dass der Staat nicht alles richten kann, die AfD keine Lösungen hat und man sich letztendlich selber helfen muss. Wer keine Kinder bekommen hat, hat keinen Nachwuchs und muss Ausländer für die Arbeit holen. Wer so wählt, lockt keinen jungen Arzt aufs Land. Und die Kaufhalle lohnt sich nicht für 50 Rentner; vielleicht sollten die Bürgermeister mal Sammelbestellungen im Internet veranlassen. Die Post kommt ja noch.
Mir geht dieses Gejammere wirklich auf die Nerven und habe das Gleiche aber auch im reichen Speckgürtel, wo ich seit 30 Jahren wohne. Und hier ist alles bestens (neues, bezahlbares Schwimmbad, neue Stadthalle, bestens ausgestattete Schulen, guter öffentlicher Nahverkehr, viel zum Einkaufen u.s.w.); sprich „blühende Landschaften“. Aber, es sei ja alles so Scheiße und die Demokratie hätte versagt…. Ich fürchte, der Osten schafft sich ab…nur wegbleiben von dort und damit Zeichen setzen!
Die Meinungen über den Urlaub gehen weit auseinander, was auffällt: Keiner der Briefschreiber will in die blauen Gebiete an der Ostsee oder in Thüringen fahren, um mit AfD-Wählern ins Gespräch zu kommen, auch wenn er oder sie anderer Meinung ist. Es mag naiv klingen, aber ist nicht Annäherung durch Gespräch und Kontakt der einzige Weg, Extremismus zu begegnen und Spaltung zu überwinden?