Für mehr Sicherheit

Quatsch oder sinnvoll? In Erfurt will man Zebrastreifen umdrehen

Längs statt quer! Eine Initiative mit Unterstützung eines Bürgermeisters will die Zebrastreifen um 90 Grad drehen. Was damit erreicht werden soll.

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Der Erfurter Ortsteilbürgermeister Robert Bednarsky und der Dozent der Fachhochschule Erfurt Stefan Peter Andres sprechen über die Vorteile eines Zebrastreifens mit um 90 Grad gedrehten Streifen.
Der Erfurter Ortsteilbürgermeister Robert Bednarsky und der Dozent der Fachhochschule Erfurt Stefan Peter Andres sprechen über die Vorteile eines Zebrastreifens mit um 90 Grad gedrehten Streifen.Tobias Junghannß/dpa

Wird der Straßenverkehr für Fußgänger sicherer, wenn man Zebrastreifen anders gestaltet. Darüber wird immer wieder diskutiert. In Erfurt setzt sich aktuell eine Initiative dafür ein, die weißen Markierungen von Fußgängerüberwegen um 90 Grad zu drehen. Ein Dozent für Stadtplanung und ein Bürgermeister machen sich für die Idee stark.

Nicht mit dem Verlauf der Straße, sondern quer dazu sollen die weißen Streifen laufen. Den Fußgängern sollen sie dann als Längsstreifen den Weg über die Straße ebnen, Autofahrern dagegen als Querstreifen eher als Barriere erscheinen, so das Argument. „Es ist auch ein psychologischer Effekt“, sagt der Dozent für Stadt- und Raumplanung der Fachhochschule Erfurt, Stefan Peter Andres.

In seinem Seminar „Spaziergangwissenschaften“ haben Studierende die Idee erarbeitet, Zebrastreifen zu überdenken und die Ausrichtung zu ändern. Als die Studis dann versuchsweise auf nicht öffentlichem Gelände einen gedrehten Zebrastreifen aufbrachten und Passanten nach deren Meinung dazu befragten, war auch Robert Bednarsky dabei. „Mir leuchtete der Ansatz ein, gedreht ist die Führung des Zebrastreifens doch intuitiver“, so der Ortsteilbürgermeister. Für sein Stadtviertel wolle er neue Zebrastreifen beantragen. Er hofft, dass zumindest einer davon versuchsweise längs aufgebracht werden dürfe.

Gedrehter Zebrastreifen sicherer für Fußgänger?

Der Ortsteilbürgermeister und der Dozent versprechen sich von der Drehung Verbesserungen für Fußgänger im Straßenverkehr. „Ich denke, dass ein um 90 Grad gedrehter Fußgängerüberwege sicherer ist als die bekannte Form“, sagt Andres. Vom Forschungsprojekt wird ein weiteres Argument eingebracht. Es gebe Hinweise, dass Menschen mit Autismus Schwierigkeiten hätten, quer verlaufende Streifen zu überqueren. Auch soll es Hunde geben, die solche Markierungen scheuen.

Daten, die für eine Drehung der Streifen sprechen, gibt es allerdings nicht. Mehr Forschung sei nötig. Dass die Zebrastreifen zeitnah generell gedreht werden, halten Andres und Bednarsky ohnehin für unwahrscheinlich. Denn dafür müsste auch die Straßenverkehrsordnung überarbeitet werden.

Ob die Drehung Zebrastreifen tatsächlich effektiver machen würde, vermag auch die Deutsche Verkehrswacht nicht einzuschätzen. Der Verkehrserziehungsverein lobt aber, dass überhaupt über Fußgängerüberwege diskutiert wird. Skeptisch reagiert die Unfallforschung der Versicherer (UDV) im Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV). Die Änderung des eigentlich gewohnten Zebrastreifens könne möglicherweise auch zu Missverständnissen und somit zu mehr Unfällen führen, gibt die UDV-Leiterin Kirstin Zeidler zu bedenken.

Feldversuche mit 3D-Zebrastreifen

Ein 3D-Zebrastreifen in Schmalkalden in Thürigen, augetragen 2018 vom Graffitikünstler Alexander Frank .
Ein 3D-Zebrastreifen in Schmalkalden in Thürigen, augetragen 2018 vom Graffitikünstler Alexander Frank .Christoph Soeder/dpa

Für mehr Sicherheit für Fußgänger gibt es auch andere Ideen für Übergänge mit Zebrastreifen. Da werden die weißen Streifen in 3D-Optik aufgemalt. Sie sehen aus wie Balken, die leicht über der Straße schweben. Das wirkt wie eine Barriere, die Autofahrer zuverlässiger bremsen lassen soll. Mit dieser Arzt Zebrastreifen wird bereits experimentiert.

Liebe Leser, was sagen Sie zu dem Vorschlag, Zebrastreifen um 90 Grad zu drehen? Schreiben Sie uns an leser-bk@berlinerverlag.com oder kommentieren Sie unseren Beitrag auf Facebook oder bei X. Wir freuen uns auf Ihre Zuschriften! ■