Das Regime des syrischen Machthabers Baschar al-Assad ist Geschichte. Der Schlächter, wie der Präsident des Bürgerkriegslandes genannt wird, ist laut Medien per Flugzeug aus Syrien geflohen. Nach russischen Angaben fand der Dikatator Unterschlupf bei einem seiner engsten Verbündeten: dem russischen Präsidenten Wladimir Putin in Moskau. „Assad und seine Familienmitglieder sind in Moskau angekommen“, berichteten die staatlichen Nachrichtenagenturen Tass und Ria Nowosti am Sonntag unter Berufung auf eine Quelle im Kreml.
Assads weiteres Schicksal ist ebenso ungewiss wie auch die Zukunft des Bürgerkriegslandes Syrien. Kämpfer unter Führung der islamistischen Gruppe Hajat Tahrir al-Scham (HTS) und mit ihr verbündete Milizen hatten in der Nacht zum Sonntag die Einnahme der Hauptstadt Damaskus und die Flucht von Machthaber al-Assad verkündet. Zuvor hatten die Rebellen mit ihrer Offensive das Land regelrecht überrollt und binnen weniger Tage die Kontrolle über mehrere syrische Großstädte gewonnen.

Doch wie wird es für die Menschen im Bürgerkriegsland nun weitergehen? Und wie reagieren die Millionen Syrien-Flüchtlinge auf den Umsturz in ihrem Heimatland? Eine neue Flüchtlingswelle aus Syrien will der außenpolitische Sprecher der Unions-Bundestagsfraktion, Jürgen Hardt (CDU), jetzt nicht ausschließen. Syrer und Syrerinnen könnten das Land verlassen, „wenn die scheinbar schon laufenden Gespräche zwischen den Gruppen scheitern sollten und der Bürgerkrieg weiter an Intensivität zunimmt“, so Hardt gegenüber der „Rheinischen Post“. Er selbst rechnet jedoch nicht mit einer neuen Flüchtlingswelle. „Eine zweite große Flüchtlingswelle halte ich zurzeit für unwahrscheinlich, diese haben wir aus Aleppo auch nicht gesehen“, so Hardt weiter.
Kehren jetzt Syrien-Flüchtlinge wieder zurück?
Die Bundesregierung müsse jetzt angesichts dieser neuen und dynamischen Lage auf eine rasche Abstimmung in der EU über das weitere Vorgehen drängen, forderte der CDU-Politiker. Andere Staaten sollten den syrischen Gruppen eine Verhandlungsplattform bieten „und ihre Unterstützung beim Aufbau einer neuen syrischen Gesellschaft signalisieren“. Dadurch könne Syrien wieder eine Stabilität und Sicherheit erreichen, „die es den vielen Millionen Syrern im Ausland erlaubt, in ihr Heimatland zurückzukehren und an einem Staat mitzuarbeiten, der ihre Mitwirkung verdient hat“.
Doch ist es Syrern im Ausland zumutbar, in ein politisch instabiles, von Islamisten beherrschtes Land zurückzukehren? „Es ist ein Tag voller Hoffnung, der Hoffnung auf ein Land mit Demokratie ohne das Assad-Regime“, sagt der flüchtlingspolitische Sprecher von Pro Asyl, Tareq Alaows. Doch die letzten Tage haben gezeigt, dass von Stabilität in Syrien nicht geredet werden kann und dürfe. Der Verein Pro Asyl forderte bereits vor Assads Sturz einen sofortigen und bundesweiten Abschiebestopp nach Syrien.
Unsicherheit in Syrien vor dem Unbekannten
Werden Menschen in die Kriegshandlungen in Syrien abgeschoben, drohen ihnen dort Verfolgung, Folter, unmenschliche Bestrafung oder sogar Gefahr für Leib und Leben, befürchtet der Verein. „Kriegshandlungen, Menschenrechtsverletzungen und Tötungen sind an der Tagesordnung, Syrien ist nicht sicher“, so Alaows. Im Land herrsche „große Angst vor dem Unbekannten“, berichtet er nach dem Sturz des Assad-Regimes. Die bewaffneten Gruppen in Syrien hätten den religiösen Minderheiten zwar Zusicherungen gemacht und mancherorts auch Vereinbarungen getroffen, „aber sie sind mit Vorsicht zu genießen“.
In Deutschland leben rund eine Million Geflüchtete aus Syrien. Mehr als 600.000 von ihnen haben eine befristete Aufenthaltserlaubnis, die sie zum Teil alle ein bis drei Jahre verlängern müssen. Ein Großteil der syrischen Bevölkerung habe Angst vor Unruhen, Gewalt und Versorgungsengpässen, so Pro Asyl weiter. Besonders gefährdet sind religiöse Minderheiten wie zum Beispiel Christen sowie ethnische Bevölkerungsgruppen. Sie fürchten Verfolgung bei der Machtübernahme durch islamistische Kräfte. ■