Die mehr als 20-jährige Herrschaft von Baschar al-Assad in Syrien ist Geschichte. Rebellen erklärten am Sonntag die Hauptstadt Damaskus für „befreit“, nachdem Assad die Stadt unter dem Schutz der Dunkelheit verlassen hatte. Sein Aufenthaltsort bleibt unbekannt. Mit diesem entscheidenden Moment läuteten die Aufständischen das Ende einer dunklen Ära ein.
Die Offensive der Islamisten-Allianz Haiat Tahrir al-Scham (HTS), die am 27. November überraschend entfacht wurde und von der Türkei und den USA unterstützt wird, brachte den Bürgerkrieg in Syrien nach jahrelanger Stagnation mit voller Wucht zurück. Innerhalb weniger Tage nahmen die Rebellen weite Teile des Landes ein – darunter Aleppo, Hama und die strategisch wichtige Stadt Homs. Die schnelle Entwicklung führte zur Isolation Assads, dessen einst mächtige Armee nahezu kampflos kapitulierte.
In der syrischen Hauptstadt herrschte nach Assads Flucht ausgelassene Stimmung. Menschen feierten auf den Straßen, erklommen Panzer und stimmten Freiheitsgesänge an. Auch in Istanbul, Heimat von Millionen syrischen Flüchtlingen, war der Jubel groß: Videos zeigen Feuerwerk und Gesänge in der Nacht. Für viele symbolisiert der 8. Dezember die Hoffnung auf eine neue Ära der Freiheit und Rückkehr.
Die Rebellen-Allianz erklärte, die Machtübernahme solle friedlich erfolgen. Öffentliche Einrichtungen in Damaskus würden unter der Aufsicht des früheren Ministerpräsidenten bleiben, um Chaos zu verhindern. Militärische Gewalt sei strikt untersagt, so die Ankündigung des Rebellenführers Abu Mohammed al-Dschulani.
Neue Zukunft nach Sturz Assads möglich
Die Einnahme der drittgrößten Stadt Homs markierte den entscheidenden Wendepunkt. Strategisch gelegen, war die Stadt lange ein Bollwerk der Regierungstruppen und verbindet die Küstenhochburgen von Assad mit Damaskus. Doch am Samstag fiel Homs weitgehend kampflos in die Hände der Rebellen. Experten sehen darin den endgültigen Zerfall von Assads Macht.

Während die Rebellen die Hauptstadt umzingelten, berichteten Medien über massenhaft desertierende syrische Soldaten. Über 2000 sollen mit voller Ausrüstung in den Irak geflohen sein. Gleichzeitig breitet sich in Damaskus Angst vor den neuen Machthabern aus: Viele Familien verließen die Stadt und suchten Schutz im benachbarten Libanon.

Die Entwicklungen in Syrien alarmieren die Nachbarstaaten. Israel verstärkte seine Truppen auf den Golanhöhen, nachdem die Rebellen mehrere grenznahe Orte eingenommen hatten. Die israelische Armee unterstützte Blauhelmsoldaten, die an der Grenze von bewaffneten Angreifern attackiert wurden. Unterdessen beobachten die USA die Lage genau. Präsident Joe Biden ließ verlauten, dass Washington in engem Austausch mit seinen Partnern stehe.
Baschar al-Assad trat 2000 mit Reformversprechen an, doch seine Herrschaft wurde zu einer Fortsetzung der autoritären Politik seines Vaters Hafis al-Assad. Der Bürgerkrieg, der 2011 nach Protesten gegen die Regierung ausbrach, brachte Syrien internationales Leid: 14 Millionen Vertriebene, 300.000 zivile Opfer und eine zerstörte Nation.
Nun bleibt die Hoffnung, dass der Sturz Assads eine neue Zukunft einläutet. Doch der Weg zu einem stabilen Syrien bleibt steinig, da internationale und interne Konflikte weiterbrodeln. ■