Haben Sie es auch schon bemerkt? Hertha BSC hat gerade den glücklichsten Pal Dardai, seit er als Cheftrainer bei den Blau-Weißen arbeitet. Der Ungar kann endlich so arbeiten, wie er will. Kein Michael Preetz, kein Fredi Bobic, mit denen er oft zermürbende Kader-Kompromisse machen musste und nie seine Fußballidee verwirklichen konnte. Alle Bosse haben absolutes Vertrauen zur Vereinsikone.
Nach dem 2:1-Kampfsieg in Kaiserslautern spannte Dardai mit nur zwei Sätzen den ganzen Bogen des vergangenen halben Jahres nach dem Abstieg zusammen: „Wenn wir die drei Punkte jetzt noch gegen Osnabrück holen, kann ich nur sagen: Kompliment an den ganzen Verein. Das ist für uns wichtig.“
Rückblick: Im Mai war Hertha BSC am Boden. Abstieg und die Lizenz war in Gefahr. Um es klar zu sagen: Dardai, der diesen Klub liebt, übernahm ein Himmelfahrtskommando, als er sich endgültig entschloss, auch in der Zweiten Liga den Job zu übernehmen. Doch für ihn war es auch der Reiz: kompletter Kader-Umbruch, viele junge Spieler aus der Akademie zu den Profis. Der von Präsident Kay Bernstein ausgegebene „Berliner Weg“ war genau Dardais Ding.
Hertha BSC hat plötzlich den zweitbesten Sturm
Jetzt kann er ein Team formen nach seiner Philosophie: offensives Pressing mit schnellen Flügelspielern. Attraktiver Powerfußball mit vielen Toren. In den ersten drei Spielen, als das Team noch nicht endgültig zusammengestellt war, gab es keinen einzigen Treffer. 13 Spieltage später hat Hertha unter Dardai mit 33 Toren den zweitbesten Sturm hinter Düsseldorf (34).

Die Saat von Hobbygärtner Dardai geht auf, sie fängt mitten im Winter an zu blühen. Von Woche zu Woche spielte Hertha immer besser. Aber lange Zeit eben noch nicht gut genug. In der zweiten Spielhälfte wurden oft Siege verschenkt. Jetzt ist auch das behoben: Lautern war das erste Spiel, bei dem ein Halbzeit-Rückstand zu einem Sieg umgewandelt wurde.
Hertha-Trainer Dardai ist stolz auf sein Team
Dardai sagt dazu: „Danke an die Mannschaft, dass sie die Überzahl so eiskalt ausgenutzt hat. Das ist manchmal nicht so einfach.“ Ja, die Partie auf dem Betzenberg war ein Kampf mit vielen Widerständen. Ausgepowerte Spieler nach 120 Minuten Pokalkrimi gegen den HSV drei Tage vorher. Und auch noch eine Panne bei der Anreise in die Pfalz.
„Wir hatten eine lange Reise mit Verspätung gehabt. Ich habe mich bei der Mannschaft bedankt, dass keiner gemeckert hat. Wir haben das runtergeschluckt. Wir haben einen guten Teamgeist. Sie haben trotzdem alles gegeben“, verrät Dardai.
Hertha-Trainer Dardai will Aufstieg
Als Spieler war er Teamplayer, als Trainer duldet er nur Teamplayer. Totaler Kaderumbruch und nach einem halben Jahr ist das ein verschworener Haufen. Der erfahrene Kapitän Toni Leistner sagte nach dem Pokal-Triumph: „Wir haben immer den Glauben, dass irgendetwas geht. Das war der Beweis dafür, dass wir uns extrem weiterentwickelt haben. Mich macht dieser Auftritt sehr stolz.“ Und sein Stellvertreter und Publikumsliebling Fabian Reese erklärt: „Man sieht, wie wir immer mehr als Team zusammenwachsen.“
Solche Sätze machen auch den Trainer Dardai stolz. Doch er will mehr, er will weiter und weiter entwickeln: „Wir sind erst am Anfang der Entwicklung. Wir haben so viele junge Spieler jetzt schon in der Startelf, die sind jetzt 18, 19, 20, 21 Jahre alt. Die werden in den nächsten Jahren noch besser.“ Dardai kann und darf glücklich sein. Noch ein Heimsieg gegen Osnabrück, dann ist seine Zielvorgabe erfüllt: „Dann können wir Weihnachten sagen, dass die Chance da ist, in der Rückrunde etwas Schönes zu machen.“ ■