Klaus Meine exklusiv im KURIER

Scorpions: Die ganze Wahrheit über den Einheits-Hit „Wind of Change“

35 Jahre: So alt wie die Einheit ist der Mega-Hit. Im KURIER erklärt der Sänger Klaus Meine, warum er „Wind of Change“ nicht mehr wie früher singt.

Author - Norbert Koch-Klaucke
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Der Sänger Klaus Meine (77) bei einem Auftritt der Scorpions vor wenigen Tagen in Bukarest: Weltweit singt die deutsche Hardrockband ihren Mega-Hit „Wind of Change“ – allerdings in einer aktuell veränderten Version.
Der Sänger Klaus Meine (77) bei einem Auftritt der Scorpions vor wenigen Tagen in Bukarest: Weltweit singt die deutsche Hardrockband ihren Mega-Hit „Wind of Change“ – allerdings in einer aktuell veränderten Version.Eibner-Pressefoto/imago

Mit einem Pfeifen geht es los. Und dieses Pfeifen kennt die ganze Welt, diese eingängige und einprägsame Melodie, mit der der größte Hit der deutschen Hardrockband Scorpions beginnt: „Wind of Change“. Und ich wette, Sie haben jetzt auch die Melodie im Kopf. Wie die Deutsche Einheit wird auch diese Rockballade nun 35 Jahre alt, die für viele Menschen zur Hymne des Mauerfalls und der Wiedervereinigung Deutschlands geworden ist.

Geschätzt 15 Millionen Mal ging die Single weltweit über die Ladentische. In 78 Ländern landete der Song sofort in den Charts, war in Deutschland, Österreich und der Schweiz auf Platz 1. In Großbritannien erreichte die Ballade damals Platz 2, in den USA Platz 4.

Klaus Meine (77) stieg 1969 als Sänger bei den Scorpions ein. Die Band feiert gerade ihr 60-jähriges Jubiläum.
Klaus Meine (77) stieg 1969 als Sänger bei den Scorpions ein. Die Band feiert gerade ihr 60-jähriges Jubiläum.Sepp Spiegl/imago

Doch was steckt tatsächlich hinter dem Mega-Hit „Wind of Change“, den Chöre an über 250 Orten auf Einheitsfesten am 3. Oktober in Deutschland singen werden (in Berlin u.a. der Staats- und Domchor im Lustgarten ab 11.30 Uhr)? Warum wurde der Songtext zweimal verändert? Fragen, die der Scorpions-Sänger und „Wind of Change“-Schreiber Klaus Meine (77) exklusiv dem KURIER beantwortet.

Herr Meine, wie entstand „Wind of Change“ wirklich? Was war der Auslöser? Ich erinnere mich an ein Mega-Konzert in Moskau im Sommer 1989, auf dem viele Stars wie Bon Jovi und auch die Scorpions aus dem Westen auftraten.

Beim Moscow Music Peace Festival im August 1989 im damaligen Olympiastadion, genau 20 Jahre nach Woodstock, war der Schrei nach Freiheit so laut vernehmbar wie nie zuvor. Als wir auf der Bühne standen und spielten, war das ein unglaublicher Moment. Die Sicherheitskräfte, die Soldaten, schmissen ihre Jacketts in die Luft, ihre Mützen flogen weg. Sie wurden eins mit dem Publikum. Und wir hatten das Gefühl: Die Welt verändert sich vor unseren Augen. Wir spürten damals, die ganze Welt sitzt in einem Boot und wir sprechen alle eine Sprache. Die Sprache der Musik. All die Erlebnisse habe ich versucht, in diesem Song auszudrücken.

Klaus Schenker, Klaus Meine und Matthias Jabs (v.l.n.r.) bei dem legendären Scorpions-Auftritt in Moskau. Aus diesem Erlebnis entstand „Wind of Change“.
Klaus Schenker, Klaus Meine und Matthias Jabs (v.l.n.r.) bei dem legendären Scorpions-Auftritt in Moskau. Aus diesem Erlebnis entstand „Wind of Change“.SNA/imago

Was war damals Ihr eigentlicher Gedanke, als Sie das Lied geschrieben haben? Wie gesagt – an Mauerfall und Deutsche Einheit war ja zu jenem Zeitpunkt noch gar nicht wirklich zu denken.

Es war nur die gefühlte Interpretation dessen, was wir gerade erlebten. Und es drückte die Hoffnung aus, dass die Welt sich verändert.

„Wind of Change“ wurde zur Wende-Hymne, zur Mauerfall-Hymne und letztendlich zur Hymne der Deutschen Einheit. Wie erklären Sie sich das? „Wind of Change“ wurde doch erst im November 1990 auf dem Album „Crazy World“ veröffentlicht, die Single-Auskopplung kam sogar erst später.

Das stimmt. Aber „Wind of Change“ ging damals einfach einher mit einer Aufbruchsstimmung in der ganzen Welt, mit einem Gefühl der Freiheit, des Friedens. Die Grenzen fielen, und der Fall der Mauer war einfach eingebettet in das weltweite Aufatmen nach jahrzehntelangem Kalten Krieg. Ganz anders als heute, wo die Menschen von Furcht und Sorgen erfüllt sind.

Die Scorpions bekommen Anfang 1991 die Goldene Schallplatte für das Album „Crazy World“, auf dem auch der Mega-Hit „Wind of Change“ zu hören ist.
Die Scorpions bekommen Anfang 1991 die Goldene Schallplatte für das Album „Crazy World“, auf dem auch der Mega-Hit „Wind of Change“ zu hören ist.Brigani-Art/imago

„Wind of Change“ wegen Ukraine und Nahost geändert

Der Songtext wurde leicht geändert – warum? Und bleibt das dann auch so?

Den Text habe ich nicht leicht geändert, sondern ich fand, dass es angesichts des furchtbaren Krieges in der Ukraine nicht die Zeit ist, Russland mit Lyrics wie „Follow the Moskva/ Down to Gorky Park“ zu romantisieren. Ich wollte ein Statement setzen, um die Ukraine zu unterstützen, also begann der Song mit „Now listen to my heart / It says Ukraina, waiting for the wind to change.“

Am 3. Oktober feiert Deutschland das 35-Jahre-Jubiläum der Deutschen Einheit. Auch wir berichten darüber - mit den schönsten Geschichten aus Ost und West.
Am 3. Oktober feiert Deutschland das 35-Jahre-Jubiläum der Deutschen Einheit. Auch wir berichten darüber - mit den schönsten Geschichten aus Ost und West.Berliner KURIER

Inzwischen sind die Konflikte auf der ganzen Welt weiter eskaliert. Deshalb haben wir die Lyrics auf der aktuellen Tour noch einmal verändert. „Now listen to my heart / it still believes in love / waiting for the wind to change.“ Egal, was in der Ukraine, in Gaza oder Israel oder sonst irgendwo auf unserer Erde passiert: Wir wollen den Glauben an eine friedliche Zukunft nicht verlieren.

Wie werden die Scorpions den Tag der Deutschen Einheit verbringen?

Rudolf, Matthias und ich werden an den Tagen davor in Berlin sein, weil das Plattenlabel BMG mit uns das 60-jährige Jubiläum der Scorpions feiern möchte und wir unter anderem zu einer exklusiven Spreefahrt auf der „MS Schöneberg“ eingeladen sind. Im Oktober kommt auch Musik aus 60 Jahren unseres Schaffens auf den Markt (gemeint ist das Best-of „From the first Sting“, Anm. d. A.).