Jetzt kommt es raus

Zu hart für Honi: Scorpions verraten, warum sie nie in der DDR spielten

Sänger Klaus Meine erklärt im KURIER die Gründe, warum die Scorpions in der DDR nicht spielen durften – obwohl ihre Songs im Radio liefen.

Author - Norbert Koch-Klaucke
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Die Scorpions traten in fast jedem Ort der Welt auf - wie hier in Rio de Janeiro (Brasilien). Nur in der DDR durften sie nicht spielen.
Die Scorpions traten in fast jedem Ort der Welt auf - wie hier in Rio de Janeiro (Brasilien). Nur in der DDR durften sie nicht spielen.Leo Cirrea/AP

Sie schrieben den Wende-Hit schlechthin. Den Song „Wind of Change“, den die Scorpions (feiern gerade ihren 60. Band-Geburtstag) vor 35 Jahren veröffentlichten. Die Hardrock-Band aus dem damaligen Westen Deutschlands spürte bereits Mitte der 80er Jahre den Wind der Veränderungen bei Konzerten auf der östlichen Seite des Eisernen Vorhangs. Vor allem beim „großen Bruder“ Sowjetunion gastierten die Scorpions gerne. Nur ihre Fans in der DDR bekamen dagegen Klaus Meine und Co. nie zu sehen.

Warum traten die Scorpions eigentlich nie in der DDR auf?

In einem Gespräch mit dem KURIER verrät jetzt die Kultband, warum das so war. So weiß Sänger Klaus Meine (77), dass auch die Jugend in der DDR auf Hardrock und Heavy Metal stand. Led Zeppelin, AC/DC oder KISS waren auch im Mauer-Staat angesagt. Von einigen Bands liefen die Songs sogar in den Programmen der DDR-Radiosender. Dazu gehörten auch die Hits der Scorpions. Wer Glück hatte, konnte im Plattenladen sogar ihr Mega-Album „Love at First Sting“ mit den Klassikern „Rock you like a Hurricane“ und „Still loving you“ kaufen, das die staatliche DDR-Plattenfirma Amiga 1988 herausbrachte.

Das Scorpions-Album „Love at First Sting“, das 1988 in der DDR erschien. Die Autogramme auf dem Cover bekam unser Autor Jahre später.
Das Scorpions-Album „Love at First Sting“, das 1988 in der DDR erschien. Die Autogramme auf dem Cover bekam unser Autor Jahre später.Norbert Koch-Klaucke/KURIER

Die Scorpions hatten Zehntausende Fans in der DDR

„Wir hatten Zehntausende von Fans in der DDR“, sagt Meine. „Und wir wären auch gerne vor ihnen aufgetreten.“ Doch der Wunsch der Scorpions wurde nicht gewährt. „Wir waren den DDR-Oberen nicht genehm“, sagt Meine. Mit anderen Worten: Die Hardrocker aus Hannover waren Erich Honecker und Co. offenbar zu hart für ihren Geschmack – und durften nicht in die DDR. Wie Panik-Rocker Udo Lindenberg, der unter anderem mit dem Song „Sonderzug nach Pankow“ immer wieder versuchte, Honi umzustimmen. Nur für einen Kurzauftritt, am 25. Oktober 1983, ließ man Lindenberg in den Palast der Republik. Die versprochene DDR-Tour wurde seitens der Kulturfunktionäre gecancelt.

Klaus Meine: „Udo hatte Honi, die Scorpions hatten Gorbi!“

„Udo hatte Honi, die Scorpions hatten Gorbi“, sagt Meine dem KURIER. „Letztendlich kamen wir nur über den Umweg Moskau auch an die Fans aus der DDR.“ Scorpions-Gründer und Gitarrist Rudolf Schenker (77) ergänzt: „Nach unserem Erfolg mit dem Album ,Blackout‘ hatte ich 1983 schon erklärt, wir müssen in der Sowjetunion spielen. Der Wunsch wurde stärker, als dann 1985 Michail Gorbatschow an die Macht kam, von Glasnost und Perestroika gesprochen wurde. Wir wollten dem Land zeigen, dass wir eine ganz andere Generation in Deutschland sind, die nun nicht mit Panzern nach Russland kommt, sondern mit Love, Peace und Rock’n’Roll.“

Das kam in der Sowjetunion gut an. „Plötzlich durften wir 1988 für zehn Konzerte nach Leningrad“, sagt Schenker. „Und dann kam das Moscow Peace Festival im August 1989.“ An zwei Tagen fand es vor bis zu 160.000 Menschen statt. Bon Jovi, Skid Row, Mötley Crüe, Ozzy Osbourne kamen aus dem Westen angereist, um mit sowjetischen Stars und Bands wie Stas Namin und Gorky Park aufzutreten. Die Scorpions waren die Hauptband beider Abende.

Scorpions: „Über den Umweg Moskau spielten wir auch vor DDR-Fans“

„An diesen Abenden spielten wir auch vor Fans aus der DDR“, sagt Meine. „Denn es waren nicht nur Rock-Fans aus allen Teilen der Sowjetunion im Stadion. Es kamen auch sehr viele Menschen aus Osteuropa angereist, darunter waren auch über 1000 Leute aus der DDR. Und so spielten wir vor unseren Fans aus dem anderen Teil Deutschlands, fernab von unserer Heimat.“

Die Scorpions bei ihrem Auftritt in Moskau im August 1989. Dort waren auch DDR-Fans im Publikum, so Sänger Klaus Meine.
Die Scorpions bei ihrem Auftritt in Moskau im August 1989. Dort waren auch DDR-Fans im Publikum, so Sänger Klaus Meine.ITAR-Tass/imago

Das Konzert in Moskau, die damalige Tour in Leningrad (heute St. Petersburg) – unter dem Eindruck dieser Ereignisse des Wandels in der Sowjetunion und in Osteuropa schrieb Klaus Meine im September 1989 den Welt-Hit „Wind of Change“. Ein Jahr später und einen Monat nach der Deutschen Wiedervereinigung wurde der Song auf dem Album „Crazy World“ veröffentlicht.

„Ich hatte dann die Idee, den Song auf Russisch einzusingen“, sagt Rudolf Schenker. Damit komme man in den Kreml, habe er damals scherzhaft gesagt. Und tatsächlich: Gorbatschow empfing die Scorpions 1991 im Kreml. Dass die Hardrocker aus Hannover auf Gorbi setzten: Vielleicht war das auch mit ein Grund, warum Honecker und Co. die Band nicht in der DDR auftreten ließen.