Volksbühne Berlin

Für Wessi-Hasser: Ex-Begrüßungsgeld-Empfänger geben jetzt Abschiedsgeld

Bei einem Performance-Abend in der Volksbühne dürfen DDR-Bürger, die einst Begrüßungsgeld bekamen, das Geld zurückgeben. Gute Idee?

Author - Karim Mahmoud
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In der Volksbühne Berlin dürfen DDR-Bürger ihr Begrüßungsgeld zurückgeben.
In der Volksbühne Berlin dürfen DDR-Bürger ihr Begrüßungsgeld zurückgeben.Jürgen Ritter/imago

Wenn die Volksbühne am Rosa-Luxemburg-Platz am 16. Oktober 2025 ihre Türen für das Großprojekt „Futures East“ öffnet, steht mehr auf dem Spiel als nur ein Bühnenabend. Das Haus verwandelt sich in ein Experimentierfeld für Kunst, Debatte und Identität – und setzt dabei auf ein ebenso kluges wie ironisches Symbol: das „Abschiedsgeld“. Für Wessi-Hasser die Gelegenheit zur ironischen Revanche.

Statt Begrüßungsgeld gibt’s diesmal den umgekehrten Weg. Beim Verlassen der Volksbühne Berlin können ehemalige Begrüßungsgeldempfänger aus der DDR am 16. Oktober 50 Euro Abschiedsgeld einzahlen – eine satirische Geste, die nachdenklich machen soll und sicher schmunzeln lässt. Das Geld soll, so die Idee, zur Rückerlangung der Würde beitragen.

Wohin es fließt, entscheidet jeder selbst. Die Volksbühne teilte mit: „Sie können selbst wählen, was mit dem Geld geschieht: Aufbau eines Ausbildungszentrums für Critical Wessiness, Spende wahlweise an die Bundesregierung, an forma_te e.V., ans NSU-Dokumentationszentrum Chemnitz oder ans 88,4 MHz Pi Radio.“ Die Macher des Abends haben sogar den Wechselkurs zwischen DDR-Mark, D-Mark und Euro schon eingerechnet.

Ost-Ökonomie als Performancekunst – bissig, politisch und clever zugleich. Doch das Abschiedsgeld ist nur Teil eines größeren Denkraums. „Futures East“ widmet sich dem Selbstverständnis junger Ostdeutscher, zwischen Ostalgie, Aufbruch und Überidentifizierung, heißt es.

Wohin das Abschiedsgeld fließt, entscheidet jeder selbst

Inspiriert von der These der Sozialwissenschaftlerin Naika Foroutan, die bereits 2020 vermutete, dass Nachwendekinder neue Wege der DDR-Identifikation suchen, zeigt das Projekt, wie sich Theorie in gesellschaftliche Wirklichkeit verwandelt. Der Thementag beginnt um 18 Uhr mit einem dichten Mix aus Diskussionen, Filmen und Performances in allen Ecken des Hauses.

12.11.1989, West-Berlin: So standen DDR-Bürger nach dem Mauerfall fürs Begrüßungsgeld an.
12.11.1989, West-Berlin: So standen DDR-Bürger nach dem Mauerfall fürs Begrüßungsgeld an.Norbert Michalke/dpa

Ab 20 Uhr übernehmen zwei prominent besetzte Podien die große Bühne. Später – gegen 22.30 Uhr – öffnen sich an den vier Saalausgängen Runde Tische, an denen Experten und Publikum gemeinsam Zukunftsbilder eines „East Futurism“ entwerfen. Diese Gespräche sollen die gesamte Spielzeit über weiterlaufen und im Juni 2026 in einem „Katalog ostfuturistischer Thesen“ münden, der symbolisch ans Rad vor dem Theater geschlagen wird.

In der Kantine gibt es dann auch noch Kafana-Musik mit Rudi Mahall (Bassklarinette) und Zoran Terzić (Klavier), die auch für den musikalischen Nachhall des Abends sorgen. „Futures East“ ist ausgearbeitet und kuratorisch zusammengestellt von Leonie Jenning, Sebastian Kaiser und Zoran Terzić.

Alle weiteren Infos und Tickets gibt es hier.