Das höchste Wahrzeichen Berlins verschwindet. Hinter einem Hochhausturm, der gerade am Alexanderplatz an der Seite des Galeria-Kaufhauses wächst, wächst und wächst. Noch drei Etagen, dann ist der Fernsehturm weg! Verschwinden wird er aus einer prominenten Sichtachse, die vor allem für Touristen ein beliebter Foto-Hotspot mit dem „Telespargel“ war. Und nur, weil der Senat duldet, dass der Wolkenkratzer seine ursprünglich vereinbarte Höhe um 12 Meter überschreiten darf. Dafür wurde jetzt zweimal ein Städtebau-Vertrag geändert. Danke, Bausenator Christian Gaebler (SPD)!

Die prominente Sichtachse, von der die Rede ist, liegt an der Karl-Liebknecht-Straße. Vor allem Touristen wählten gegenüber vom Kaufhaus die Ansicht, um mit Handys und Fotoapparaten einen Schnappschuss vom Fernsehturm zu machen, der mit seinen 368 Metern sogar das höchste Bauwerk Deutschlands ist.
Doch nun will ein anderes Bauwerk am Alex hoch hinaus. Die Berliner staunen, in welcher Windeseile der Wolkenkratzer an der Galeria gerade in den Himmel wächst und sich vor den Fernsehturm schiebt. Sahen vor Wochen Passanten am Pressecafé an der Kreuzung Karl-Liebknecht-/Memhardtstraße noch die Kugel hinter dem Bau hervorlugen, ist jetzt an gleicher Stelle kaum noch die Spitze zu sehen. Seit Ende 2023 drehen sich die Baukräne. 31 Etagen des Hochhauses sind jetzt fertig. Damit hat das Gebäude eine Höhe von 134 Metern erreicht.
Eigentlich sollte da Schluss sein. So hatte es Timo Herzberg gesagt, als 2021 der Grundstein des Hauses gelegt wurde. Herzberg war damals Chef der Signa Real Estate, die ursprüngliche Bauherrin des Wolkenkratzer-Projektes, die zum Reich des österreichischen Milliardärs René Benko gehörte. Dank einer gigantischen Pleite gibt es das Imperium und damit auch die Hochhaus-Bauherrin nicht mehr.
Hochhaus verschlingt Fernsehturm: Das wollte eine Senatorin verhindern
Jetzt baut die Commerz Real (auch Eigentümer des Kaufhauses) weiter. Und das Hochhaus wächst weiter über seine 134 Meter hinaus. Dabei sollten künftige Wolkenkratzer am Alex nicht höher als 130 Meter werden. Das hatte 2018 die damalige Bausenatorin Katrin Lompscher (Linke) so beschlossen. Ein Grund: Die Bauten sollten nicht den Blick auf den Fernsehturm verdecken. Genau das passiert aber jetzt. Schuld daran ist der Senat – und so wie es aussieht, die Behörde von Bausenator Gaebler. „In der 1. Ergänzungs- und Änderungsvereinbarung zum Städtebaulichen Vertrag 2022 vom 5./10./13. März 2025 wurde eine Änderung der Höhenbegrenzung des Turmgrundstückes vereinbart. Die Höhe der baulichen Anlage des Hochhausturms wurde von 134 Meter auf 142 Meter angehoben.“

Das gab der Senat jetzt zu – in einer Antwort auf einer parlamentarischen Anfrage, die die Grünen-Abgeordneten Christoph Wapler und Julian Schwarze zum Thema Galeria-Kaufhaus gestellt hatten. Warum der Bausenator den Wolkenkratzer weiter wachsen lässt? Etwa als ein Zugeständnis an den Bauherrn und Kaufhaus-Eigentümer, mit dem gerade über den dortigen Einzug der Zentralen Landesbibliothek verhandelt wird? „Denn je höher so ein Hochhaus da steht, umso attraktiver ist es vermutlich für den Bauherrn“, sagt der Grünen-Abgeordnete Julian Schwarze dem KURIER.
Die genehmigte Erweiterung der Höhenbegrenzung: Offenbar berufen sich der Senat und vor allem die Gaebler-Behörde dabei auf den Bebauungsplan I-B4a vom 2. April 2000 für den Alexanderplatz. Dieser sieht die Errichtung des Wolkenkratzers am Kaufhaus in einer Höhe von bis zu 150 Metern vor.
Zu diesem Zeitpunkt war Peter Strieder (SPD) Bausenator in Berlin. „Mit diesem Bebauungsplan hat der Senat damals gültiges Recht geschaffen“, sagt Schwarze. „Diese hätte der jetzige Bausenator ändern können“, sagt der Abgeordnete in Hinblick auf die „Fernsehturm“-Verdrängung. Fairerweise muss man auch sagen: Dies hätte auch Katrin Lompscher als Bausenatorin durchsetzen können, als sie in ihrer Amtszeit die Höhenbegrenzung von bis zu 130 Metern wegen der Sichtbarkeit des Fernsehturmes gefordert hatte.
Hochhaus am Alex wird 12 Meter höher: Baubehörde ließ Verträge ändern
Doch irgendwie verließ man sich darauf, dass das Hochhaus nur 134 Meter in den Berliner Himmel wächst. Doch nun wird es sogar 146 Meter hoch, wie Bauherr Commerz Real dem KURIER bestätigte. Dazu wurde vor knapp einem Monat der Städtebauliche Vertrag zwischen der Senatsbauverwaltung und dem Bauherrn erneut geändert.

Das bestätigt das Bezirksamt Berlin-Mitte dem KURIER. „Im Zuge der weiteren Projektplanung wurde seitens des Vorhabenträgers festgestellt, dass die im Bebauungsplan (von 2000, d. A.) festgesetzte Geschossfläche von 42.000 Quadratmetern für das Hochhaus bei einer Höhe von (ursprünglich) 134 Metern nicht erreicht wird, wurde die Höhe in einer Änderungsvereinbarung im August 2025 auf 146 Metern angehoben“, teilt eine Sprecherin mit.