Mietpreisbremse läuft aus

Neue Mietenexplosion droht in Berlin: Müssen wir bald 17 Euro/qm zahlen?

Die amtierende Bundesregierung wird die Verlängerung der Mietpreisbremse wohl nicht mehr durchkriegen. Als Erste betroffen: Hunderttausende Mieter in der Hauptstadt.

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Dunkle Wolken für Berlins Mieter: Die Mietpreisbremse läuft in der Hauptstadt schon in sechs Monaten, am 31. Mai 2025, aus.
Dunkle Wolken für Berlins Mieter: Die Mietpreisbremse läuft in der Hauptstadt schon in sechs Monaten, am 31. Mai 2025, aus.Stefan Henseke

Droht Berlin ab Juni nächsten Jahren die nächste Mietenexplosion? Denn am 31. Mai läuft in der Hauptstadt die Mietpreisbremse aus. Und nach dem Ampel-Aus im Bund wird eine Verlängerung immer unwahrscheinlicher. Der Mietbund warnt vor steigenden Mieten.

Über die Hälfte der Bevölkerung in Deutschland wohnt zur Miete. Damit ist Deutschland laut einer Auswertung des Statistischen Bundesamts Mieterland Nr. 1 in der Europäischen Union. Entsprechend viele Menschen leiden unter den steigenden Mieten der vergangenen Jahre – besonders in großen Städten. Um dem Einhalt zu gebieten, führte die Politik im Jahr 2015 die Mietpreisbremse ein. Doch deren Zukunft ist nach dem Ende der Ampel-Koalition ungewiss.

„In Berlin führte der Deckel dazu, dass die Mieten während seiner Gültigkeit schnell sanken – in der Spitze um elf Prozent“, erklärt das Institut der deutschen Wirtschaft (DIW). Eine Studie zeige aber auch, dass sich die Zahl der inserierten Wohnungen halbiert habe. Für Vermieter sei es oft lukrativer, Wohnungen zu verkaufen oder in Ferienwohnungen umzuwandeln. Letztlich haben in erster Linie ältere und einkommensstarke Mieter, die selten umziehen, vom Mietendeckel profitiert, heißt es in der DIW-Studie.

Mietpreisbremse: Die wichtigsten Fragen und Antworten

Warum läuft die Mietpreisbremse aus?  Spätestens am 31. Dezember 2025. In sieben Bundesländern läuft die Mietpreisbremse sogar schon vorher aus, als Erstes in Berlin am 31. Mai 2025. Ursprünglich hatte die Ampel-Koalition in ihrem Koalitionsvertrag vereinbart, diese Frist bis 2029 zu verlängern. Im Oktober stellte der damals zuständige Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) dann seinen Gesetzesentwurf vor – der sah eine Verlängerung bis Ende 2028 vor. Nach dem Ende der Ampel-Koalition ist unklar, ob es dafür noch eine Mehrheit im Bundestag gibt.

Wie funktioniert die Mietpreisbremse in Berlin? Die Miete zu Beginn des Mietverhältnisses darf die ortsübliche Vergleichsmiete höchstens um 10 Prozent übersteigen. Beispiel: Beträgt die Vergleichsmiete für die Wohnung 800 Euro, so darf diese für maximal 880 Euro neu vermietet werden. Es gibt aber auch Ausnahmen – bei Neubauwohnungen, die nach dem 1. Oktober 2014 erstmals vermietet wurden und für die erste Vermietung nach einer umfassenden Modernisierung. Und: Eine vom Vormieterhaushalt verlangte Miete darf auch vom neuen Mieterhaushalt verlangt werden. Normale Modernisierungen innerhalb der letzten drei Jahre vor Wohnungsanmietung können eine höhere Miete zu Mietbeginn rechtfertigen.

Großes Manko: Möblierte Wohnungen werden bisher nicht von der Mietpreisbremse erfasst. Deshalb ist die Zahl möblierter Wohnungen in Internet-Inseraten in Berlin explodiert – auf rund 35 Prozent. Mit im Schnitt mehr als 36 Euro pro Quadratmeter.

Wie stehen die Chancen, dass die Mietpreisbremse noch vor der Neuwahl verlängert wird? Nicht gut. Zwar befindet sich der Gesetzesentwurf nach Angaben einer Sprecherin des Bundesjustizministeriums nach wie vor in der Abstimmung innerhalb der Bundesregierung. Doch in den Bundestag dürfte er so wohl nicht eingebracht werden. So kündigte der wohnungspolitische Sprecher der SPD, Bernhard Daldrup, an, der Entwurf sei seiner Fraktionen nicht weitgehend genug, und er hoffe noch auf Nachbesserungen. Auch Grüne und Linke sehen bei der Mietpreisbremse noch Verbesserungsbedarf. Für die wohnungspolitische Sprecherin der Grünen, Christina-Johanne Schröder, hat eine Verlängerung aber die höchste Priorität. Von Caren Lay von den Linken hieß es „das wäre immerhin besser als nichts.“

Für eine Verlängerung der Mietpreisbremse im Bundestag würde es mit den Stimmen aus den drei Parteien allerdings nicht reichen. Von der FDP, deren Minister den bisherigen Entwurf als Teil der Bundesregierung immerhin noch ausgearbeitet hat, heißt es auf Anfrage, man habe sich immer gegen die Mietpreisbremse ausgesprochen. „Die Mietpreisbremse war und bleibt eine Investitionsbremse“, teilt deren wohnungspolitischer Sprecher Daniel Föst mit.

Ohne Mietpreisbremse: Mieten von im Schnitt 17 Euro/qm

Auch die Union äußerte sich ablehnend zu einer Verlängerung der Mietpreisbremse. Diese sei verfassungsgerichtlich kaum mehr begründbar, erklärt der wohnungspolitische Sprecher Jan-Marco Luczak. „Sie kann nicht beliebig oft verlängert werden, der mietrechtlichen Regulierung setzt die Eigentumsgarantie verfassungsrechtliche Grenzen.“ Der wohnungspolitische Sprecher der AfD, Marc Bernhard, kündigte an, dass seine Fraktion einer Verlängerung nicht zustimmen werde. Das Bündnis Sahra Wagenknecht äußerte sich auf Anfrage dazu bislang nicht.

Wie sehen die weiteren Pläne der Parteien für die Mietpreisbremse aus? Während CDU/CSU, FDP und AfD die Mietpreisbremse grundsätzlich ablehnen, kommunizieren Grüne und Linke angesichts des anstehenden Wahlkampfes bereits weitergehende Pläne für die Zukunft. So kündigte die neue Parteispitze der Grünen an, bei einer Reform der Mietpreisbremse Schlupflöcher schließen zu wollen. So seien möblierte Wohnung bislang nicht darin erfasst. Es ist sogar die Rede von einem möglichen Mietenstopp in besonders angespannten Wohnlagen.

Auch die Linken wollen Ausnahmen bei Modernisierungen und Möblierung streichen. Ihrer Meinung nach sind außerdem die bislang erlaubten 10 Prozent über der Vergleichsmiete bei Neuvermietungen zu hoch.

Bei der SPD setzt man hingegen noch darauf, dass das Gesetz doch noch vor der Neuwahl verabschiedet wird. Man dürfe nicht auf die Bildung einer neuen Bundesregierung warten, teilt der SPD-Abgeordnete Daldrup mit. Er verweist dabei auf die Länder, die bereits im Sommer ihre Verordnungen zur Mietpreisbremse verlängern müssen. „Wenn der Union der soziale Friede im Land wichtig ist, trägt hoffentlich mein Appell an die CDU/CSU-Fraktion: Lassen Sie uns gemeinsam das Gesetz beschließen“, so Daldrup.

Welche Folgen könnte ein Ende der Mietpreisbremse haben? Laut dem Deutschen Mieterbund drohen beim Auslaufen der Mietpreisbremse unkalkulierbare Folgen für die angespannten Wohnungsmärkte in vielen Städten Deutschlands. „Ohne Mietpreisbremse werden die Wiedervermietungsmieten in die Höhe schießen, da es dann keine wirksame Deckelung mehr geben würde“, teilt Lukas Siebenkotten, Präsident des Deutschen Mieterbundes, mit. Mieten von durchschnittlich 17 Euro pro Quadratmeter seien dann normal.

Lukas Siebenkotten, Präsident des Deutschen Mieterbundes, prophezeit Mieten von durchschnittlich 17 Euro pro Quadratmeter.
Lukas Siebenkotten, Präsident des Deutschen Mieterbundes, prophezeit Mieten von durchschnittlich 17 Euro pro Quadratmeter.Christoph Soeder/dpa

„Dieses Instrument auslaufen zu lassen, ohne zeitgleich ausreichend bezahlbaren Wohnraum anbieten zu können, wäre in höchstem Maße unvernünftig“, so Siebenkotten. Auch nach Einschätzung von Konstantin Kholodilin vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung ist bei einem Auslaufen der Mietpreisbremse damit zu rechnen, „dass die Mietpreise ein Stück stärker steigen werden“. Ein Auslaufen der Mietpreisbremse könne aber auch ein positiver Impuls für den Bau sein.

Kai Warnecke, Präsident des Eigentümerverbands Haus und Grund, teilt hingegen mit: „Wir erwarten, dass sich private Vermieter bei der Neuvermietung weiterhin an der ortsüblichen Vergleichsmiete zuzüglich 10 Prozent orientieren.“

Sozialstaat muss Ärmeren helfen

Was spricht für, was gegen die Mietpreisbremse? Über die Sinnhaftigkeit einer Mietpreisbremse gehen die Meinungen auseinander. „Die Mietpreisbremse gilt seit fast einem Jahrzehnt. In dieser Zeit hat sich die Lage auf dem Wohnungsmarkt nicht verbessert“, argumentiert Warnecke. Langsam würden auch die negativen Folgen der Mietpreisbremse für Mieter sichtbar: weniger Modernisierungen und weniger Neubau.

Anstatt dessen fordert Warnecke die Unterstützung von Menschen, die durch Mieten stark belastet sind. „Diesen Personen sollte der Sozialstaat unter die Arme greifen – anstatt über die Mietpreisbremse die Mieten auch für Wohlhabende zu senken.“ Siebenkotten ist sich hingegen sicher: „Die Deckelung der Neuvertragsmieten in angespannten Wohnungsmärkten ist absolut richtig.“ Denn nur so sei dafür gesorgt, dass die Mieten bezahlbar bleiben.

Der große Vorteil der Mietpreisbremse in Deutschland bestehe darin, dass sie relativ milde sei, so Kholodilin. „Man täuscht sich nur, wenn man denkt, dass man den Markt austricksen kann.“ Den Ansatz halte er grundsätzlich für nicht richtig, denn die Mietpreisbremse ziehe neben der Deckelung der Mieten unter anderem eine Verschlechterung der Qualität der Wohnungen und weniger Neubau nach sich. Der Druck auf den Wohnungsmarkt verstärke sich so nur weiter. ■