Kiezblock-Wahnsinn

Lichtenberg: Poller-Frust kocht hoch! 4000 wütende Anwohner protestieren

Anwohner und Gewerbetreibende regen sich über die Anti-Auto-Politik im Kiez auf. Es geht um Verdrängung und zu wenig Bürgerbeteiligung.

Author - Karim Mahmoud
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Dieser Poller in der Lichtenberger Stadthausstraße bringt 4000 Leute auf die Palme. Autos kommen hier nicht mehr durch.
Dieser Poller in der Lichtenberger Stadthausstraße bringt 4000 Leute auf die Palme. Autos kommen hier nicht mehr durch.Markus Wächter

Der Widerstand gegen die Verpollerung der Berliner Kieze wächst – und wie! Mehr als 4000 Menschen haben unterschrieben, weil sie genug haben von einer Verkehrspolitik, die aus ihrer Sicht an der Lebensrealität vieler Menschen vorbeigeht. Am 26. Mai überreichte der Verein Verkehrsberuhigung mit Augenmaß die letzten Unterschriften ans Bezirksamt Berlin-Lichtenberg. Schon wenige Tage vorher gingen die Listen an den Bezirksbürgermeister Martin Schaefer (CDU) und die Verkehrsstadträtin Filiz Keküllüoglu (Grüne). Der Ton ist versöhnlich, aber deutlich. Und die Botschaft? Unüberhörbar.

Viele Lichtenberger haben die Nase voll von einer Anti-Auto-Politik. Zwar reichte es mit 4059 Unterschriften nicht ganz für einen offiziellen Bürgerentscheid – dafür wären rund 6500 nötig gewesen –, aber das Thema ist trotzdem auf dem Tisch. Der Vorstoß wird jetzt als Einwohnerantrag ins Bezirksparlament getragen. Die nächste größere Debatte darüber ist also nur eine Frage der Zeit.

Im Visier der Initiative ist vor allem der sogenannte Kiezblock in der Victoriastadt. Der Poller in der Stadthausstraße, 2022 von Aktivisten per Einwohnerantrag durchgedrückt, sorgt bis heute für Ärger. Die Stadthausstraße ist wichtig für den Durchgangsverkehr. Der muss jetzt einen großen Bogen fahren, um aus dem Kiez rauszukommen.

Zu einseitig, zu radikal – so lautet die Kritik. Die Gegner sprechen von einer schleichenden Verdrängung: Ältere Menschen, Menschen mit Behinderung, Handwerksbetriebe, Pflegekräfte, Lieferdienste – sie alle sehen sich im Alltag behindert. Wer aufs Auto angewiesen ist, fühlt sich ausgesperrt. Auch für Einsatzkräfte der Feuerwehr ist der Poller eine Herausforderung.

Mitglieder des Vereins Verkehrsberuhigung mit Augenmaß übergeben etwa 4000 Unterschriften an Bezirksbürgermeister Martin Schaefer (Mitte) und Verkehrsstadträtin Filiz Keküllüoglu (2.v.l.).
Mitglieder des Vereins Verkehrsberuhigung mit Augenmaß übergeben etwa 4000 Unterschriften an Bezirksbürgermeister Martin Schaefer (Mitte) und Verkehrsstadträtin Filiz Keküllüoglu (2.v.l.).Bezirksamt Lichtenberg

Janette Menzel, Schatzmeisterin des Vereins, sagte: „Wir sehen das Ergebnis als demokratischen Weckruf. Über 4000 Menschen aus dem Bezirk, insbesondere ältere Menschen, Gewerbetreibende, Gehbehinderte, Handwerker, Lieferverkehr, Pflegedienste, Hebammen oder Rettungswagenfahrer, wünschen sich mehr Bürgerbeteiligung an einschneidenden Verkehrsmaßnahmen. Das sind mehr als viermal so viele Unterschriften, wie für den Einwohnerantrag für die Errichtung des Pollers notwendig waren.“

Auch Händler in Lichtenberg schieben Poller-Frust

Und weiter: „Zudem hätten viele Gewerbetreibende und Arbeitnehmer, die in den verpollerten Gebieten tätig sind, ebenfalls gern unterschrieben. Wer außerhalb des Bezirks wohnt, durfte für den Bürgerentscheid nicht berücksichtigt werden.“

Der Verein macht deutlich: Es geht nicht um ein Zurück zur Blechlawine, sondern um eine ausgewogene Verkehrspolitik, die nicht gegen, sondern mit den Menschen gestaltet wird. Von einem „autofeindlichen Klima“ ist die Rede, von Entscheidungen über die Köpfe der Bürger hinweg.

Und es soll nicht bei einem einmaligen Aufbegehren bleiben. Bis zu den nächsten Wahlen im Herbst 2026 will sich die Initiative gemeinsam mit anderen Gruppen in die politische Debatte einbringen. Mit dem Ziel, eine Verkehrswende mit gesundem Menschenverstand auf den Weg zu bringen – sozial, nachhaltig, aber ohne Verbotskultur. Berlin soll nicht Barcelona werden, heißt es. Sondern lebenswert – für alle.

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