Nette Gabe oder Müll?

„Zu verschenken“-Kiste kostet bis zu 400 Euro Strafe

In Berlin gehören vor Häusern abgestellte Kisten mit gebrauchten Sachen zum Stadtbild. Doch die gut gemeinten Spenden können teuer werden.

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Soll weg, aber zu schade für den Müll. Solche „Zu verschenken“-Kisten auf dem Gehweg und am Straßenrand gehören schon zum Stadtbild von Berlin.
Soll weg, aber zu schade für den Müll. Solche „Zu verschenken“-Kisten auf dem Gehweg und am Straßenrand gehören schon zum Stadtbild von Berlin.Jürgen Ritter / Imago

Bummelt man durch die Wohngebiete in Berlin, sieht man vielerorts vor Häuserwänden oder an Straßenecken Kisten stehen mit allerlei gebrauchten Gegenständen und Kleidung. Dazu ein handbeschriebenes Schild: „Zu verschenken!“ Das findet bei manchen Anklang als Weitergabe von nützlichen Dingen unter Nachbarn, andere allerdings ärgern die gratis feilgebotenen Sachen als allzu bequeme Lösung der Entsorgung.

Die Einschätzung ist wohl auch davon abhängig, was sich in den jeweiligen Kisten befindet. Und vom Zustand der Dinge, die ein neues Zuhause finden sollen. Mal so gefragt: Was spricht dagegen, gut erhaltenes Geschirr, kaum gelesene Bücher, ladenneue, aber leider doch zu kleine Schuhe, wenig getragene Jeans oder ein funktionsfähiges Radio auf diese Weise weiterzugeben? Schließlich sind Abnehmer meist schnell zur Stelle.

Die gut gemeinte Verschenke-Kiste kann teuer werden

Fragt man beim Ordnungsamt nach, in unserem Fall beim Ordnungsamt Mitte, ist die Auskunft so klar wie ernüchternd. Das Herausstellen solcher „Zu verschenken“-Kisten werde als „illegale Müllablagerung gewertet und nicht toleriert.“ Steht die Kiste auf öffentlichem Straßenland ist das laut Gesetz eine Sondernutzung, die einer Erlaubnis der Straßenbaubehörde bedarf. Die allerdings werde in der Regel nicht gewährt, „sodass in diesen Fällen grundsätzlich von einem bußgeldbewährten Verstoß ausgegangen werden kann.“

Heißt: Verschenke-Kiste auf den Gehweg stellen ist verboten, wer’s trotzdem tut, muss damit rechnen, zur Kasse gebeten zu werden. Und das kann richtig teuer werden. Mit einer Geldbuße von bis zu 10.000 Euro kann man belangt werden, wenn man gegen das Berliner Straßengesetz verstößt. Bei diesen extrem hohen Beträgen geht es allerdings nicht um kleine Kisten. Da hängt es davon ab, wie viel Fläche man unerlaubt mit seinem ausrangierten Kram besetzt. Im Falle des üblichen, etwa weinkistengroßen  „Zu verschenken“-Kartons können es bis zu 400 Euro Bußgeld werden. Immer noch recht happig. Wird man nur verwarnt, sind es 25 bis 55 Euro.

Stoff zur (Weiter)Bildung gibt hier jemand weiter. Bücherkisten finden sich häufig in Hauseingängen. Sind sie da erlaubt?
Stoff zur (Weiter)Bildung gibt hier jemand weiter. Bücherkisten finden sich häufig in Hauseingängen. Sind sie da erlaubt?Seeliger / Imago

Wo darf die „Zu verschenken“-Kiste stehen?

Wer die Geldstrafe nicht riskieren will, wählt ein schlaueres Plätzchen für die Kiste. Stehen die zur anonymen Weitergabe drapierten Sachen auf einer privaten Fläche, also zum Beispiel im Hauseingang, muss man keine Bestrafung durchs Ordnungsamt fürchten. Da hat höchstens die Hausverwaltung was dagegen, aber dazu gleich mehr. Wenn man dann noch dafür sorgt, dass alles regensicher steht und bei fehlendem Interesse der Passanten die Kiste zeitnah wieder verschwindet, sollte es keine Probleme geben.

Dass das bisschen Aussortiertes auf dem Gehweg gleich so hohes Bußgeld nach sich ziehen kann, mag einem recht streng vorkommen. Doch auch wenn die alten Sachen für die Spender offenbar solch großen Wert haben, dass sie bitte nicht in die Tonne sollen – letztlich ist es eben nicht viel anderes als wilder Müll. Und wo ein Verschenke-Kistchen steht, gesellt sich gern ein Müll-Häufchen dazu. Und eh man sich versieht, landet daneben eine versiffte Matratze und ein kaputter Fernseher. Müll zieht Müll an.

Wie ist es mit Verschenke-Kisten im Mehrfamilienhaus?

Nun aber noch kurz zu den Verschenke-Kisten im Mehrfamilien-Mietshaus – für alle, die nur die direkten Nachbarn mit ihren abgelegten Dingen beglücken wollen. In erster Linie geht es hier um die Sicherheit, das Treppenhaus muss frei bleiben. „Werden durch das Abstellen der Gegenstände andere in der Nutzung des Treppenhauses beeinträchtigt oder sogar Fluchtwege versperrt, kann der Vermieter unverzüglich die Beseitigung fordern“, sagt Wibke Werner, Geschäftsführerin beim Berliner Mieterverein. Sei aber deutlich erkennbar, dass die Gaben-Kiste zeitnah wieder verschwindet und sie nicht der Anfang einer wachsenden Ausstellungsfläche ist, könne damit gerechnet werden, „dass die Vermieter ein Auge zudrücken und diese Form der vorübergehenden Nutzung tolerieren.“

Zum Schluss noch der Tipp: Es gibt in Berlin viele Möglichkeiten, gut erhaltene Haushaltswaren und Kleidung weiterzugeben. Zum Beispiel das Gebrauchtwarenkaufhaus NochMall der BSR oder die Läden von Oxfam. Eine Liste von Organisationen und Einrichtungen, die gut erhaltene Gebrauchsgegenstände annehmen, finden Sie hier.

Liebe Leser, was meinen Sie? Sind „Zu verschenken“-Kisten eine gute Sache, auch im Sinne der Nachhaltigkeit? Oder führen die Kartons mit den gutgemeinten Gaben nur zu noch mehr Müll auf den Wegen? Und was denken Sie über die Bußgelder? Schreiben Sie uns an leser-bk@berlinerverlag.com oder kommentieren Sie unseren Beitrag auf Facebook oder bei X. Wir freuen uns auf Ihre Zuschriften!