Er sorgte für Aufregung: Der Poller in der Lichtenberger Stadthausstraße, an dem ein Feuerwehrauto mit Blaulicht im Silvestereinsatz scheiterte, die Besatzung mit dem Fahrzeug rückwärts aus der Straße fahren musste. Zu sehen war dies in einem Video eines Bürgervereins – nicht zur Freude des Bezirksamtes. Nun hat sich der Senat mit dem Vorfall beschäftigt. Bei seinem Fazit kommt der Poller-Wahn in Lichtenberg und in anderen Kiezen nicht gerade gut weg.
Das Hickhack um den Poller in Lichtenberg, der einen Kiez verkehrstechnisch beruhigen soll, dafür aber ein Feuerwehrfahrzeug zur Umkehr zwang: Was da am beginnenden Neujahrstag wirklich geschah, wollte nun der fraktionslose Abgeordnetenhaus-Parlamentarier Alexander King (BSW) wissen – und zwar von der Innensenatsverwaltung.
Denn deren Chefin, Senatorin Iris Spranger (SPD), ist auch für die Berliner Feuerwehr zuständig. Daher stellte der BSW-Politiker eine entsprechende Anfrage. Auch aus dem Grund, weil das Bezirksamt Lichtenberg, zumindest ein Teil davon, den im Video dokumentierten Poller-Vorfall mit der Feuerwehr, zunächst bestritt.

Anders der Senat. Die Innenverwaltung bestätigt in der Beantwortung der Anfrage des Abgeordneten King jedenfalls, dass es den Vorfall durchaus gab. Allerdings fuhr die Feuerwehr nicht zu einem Wohnungsbrand in der Weitlingstraße, wie vermutet wurde, sondern zu einem nicht näher benannten „Kleinbrand“.
Und die Innenverwaltung bezieht sich dann auch konkret auf das Video, das vom Poller-kritischen Bürgerverein „Verkehrsberuhigung mit Augenmaß“ mit dem rückwärtsfahrenden Feuerwehrauto in Lichtenberg in der Neujahrsnacht gemacht und deren Echtheit von einem Verantwortlichen aus dem Bezirksamt zunächst bezweifelt wurde.
Berliner Feuerwehr: Poller nicht tagesaktuell im Fahrzeug-Navi
Denn die Innenverwaltung erklärt: „Aufgrund der zahlreichen Einsätze in der Silvesternacht wurde das im Video zu sehende Löschfahrzeug von einer weit entfernten Wache in Rummelsburg eingesetzt. Aufgrund fehlender Ortskenntnis war den Einsatzkräften in diesem Fall die einschränkende Verkehrsmaßnahme nicht bekannt.“

Das ist die Antwort auf die Frage des BSW-Politikers an den Senat, ob denn den Einsatzkräften der Berliner Feuerwehr bekannt war, dass die Stadthausstraße mit einem Poller abgesperrt ist, um den Durchgangsverkehr aus dem Kaskelkiez zu unterbinden. Allerdings sollten die Berliner Feuerwehren schon grundsätzlich Kenntnisse über solche Hindernisse „im Bereich ihrer jeweiligen Wachen“ haben, so die Innenverwaltung.
Aber der Zufall wollte es, dass nun in der sehr angespannten Einsatznacht zum Jahreswechsel eine ortsfremde Feuerwehr am Start war, die von dem Poller-Hindernis nichts wusste. Theoretisch hätte sie von dem Poller schon wissen können. Denn er hätte im Navi der Rettungsfahrzeuge verzeichnet sein müssen.
War er aber nicht. Denn solche Poller, die nun nach Wunsch vieler Aktivisten künftig sich in der Stadt richtig vermehren sollen, sind „nicht tagesaktuell im Navigationssystem der Berliner Feuerwehr hinterlegt, da der Update-Zyklus der Navigationssoftware einen größeren zeitlichen Abstand hat“. Daher war der Poller „zum Zeitpunkt des betroffenen Einsatzes nicht in den Karten des Navigationssystems hinterlegt“.
Behörde der Innensenatorin: Poller verzögern Einsätze der Feuerwehr
Wir Berliner Feuerwehr und Senatsinnenverwaltung die Absperrung von Kiezen mittels Poller im Zusammenhang mit Brand- und Notfallrettungseinsätzen bewerten? Auf diese Frage des Abgeordneten King gibt es eine Antwort, die Aufhorchen lässt: „Grundsätzlich führt die Errichtung von Modalfiltern (gemeint sind damit die Poller, d. Red.) zu einer Verzögerung in der Einsatzabwicklung“, teilt die Innenverwaltung mit.

Vorsorglich ist der folgende Satz an die Bezirksämter gerichtet, die daran planen, weitere Berliner Kieze mit Pollern (Modalfiltern) zupflastern zu wollen, damit Wohngegenden ruhiger werden.
„Durch die Berücksichtigung der Belange der Berliner Feuerwehr in der Ausführungsplanung entsprechender Modalfilter soll jedoch sichergestellt werden, dass alle Einsatzstellen dennoch erreicht werden können“, so die Innenverwaltung. Mit anderen Worten: Versperrt Rettungsfahrzeugen nicht den Weg, wenn ihr Poller aufstellt.
Welche Konsequenzen der Senat aus den Ereignissen aus der Neujahrsnacht mit dem Feuerwehrauto in Lichtenberg zieht? Keine! Man schiebt das Problem einfach auf die Feuerwehrleute ab, die die Rettungsfahrzeuge steuern müssen.
Denn die Innenverwaltung erklärt: „Die einsatztaktische Entscheidung, ob ein Poller umgelegt oder eine Ausweichroute gewählt wird, obliegt stets den Fahrzeugführenden. Diese Abwägung treffen jene nach sorgfältiger eigener Bewertung.“