KURIER exklusiv

Jetzt droht doch der Abriss: Landesdenkmalamt will SEZ nicht schützen!

Laut KURIER-Informationen hat die Behörde bei einer erneuten Prüfung die Unterschutzstellung des einstigen DDR-Spaßbades abgelehnt.

Author - Norbert Koch-Klaucke
Teilen
Das Sport- und Erholungszentrum (SEZ): Es lag nicht an der beschmierten Fassade, dass der DDR-Bau erneut nicht unter Denkmalschutz gestellt wurde.
Das Sport- und Erholungszentrum (SEZ): Es lag nicht an der beschmierten Fassade, dass der DDR-Bau erneut nicht unter Denkmalschutz gestellt wurde.Joko/imago

Die Entscheidung ist gefallen! Und sie bedeutet nichts Gutes für alle Berliner, die für den Erhalt und gegen den geplanten Abriss des SEZ kämpfen. Das Landesdenkmalamt hat erneut den Denkmalschutz für den DDR-Bau an der Landsberger Allee abgelehnt, erfuhr exklusiv der KURIER. Damit dürfte für Bausenator Christian Gaebler (SPD) und der landeseigenen Wohnungsbaugesellschaft Mitte (WBM) der Weg frei sein, um auf dem SEZ-Areal über 500 Wohnungen zu bauen.

In der Regel dauern Prüfungen zum Denkmalschutz recht lange. Doch im Fall des SEZ arbeitete das Landesdenkmalamt offenbar sehr schnell. Erst im Juli hatte die Behörde vom Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg den Auftrag erhalten, noch einmal die Denkmalwürdigkeit des ehemaligen DDR-Spaßbades zu prüfen.

Bezirksbaustadtrat Florian Schmidt (Grünen) hatte die Forderung gestellt. Das geschah auf Beschluss des Bezirksparlamentes (BVV), für den unter anderem die Linkspartei sorgte.

Nun ist die Antwort da! Das Landesdenkmalamt hat den Schutz für das SEZ abgelehnt. Laut KURIER-Informationen soll sie bereits vor einer Woche im Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg eingegangen sein.

SEZ: Totalabriss geplant

Bezirksbaustadtrat Schmidt bestätigt die ablehnende Entscheidung dem KURIER. „Das Bezirksamt bedauert, dass das Landesdenkmalamt der Empfehlung des Landesdenkmalrates nicht folgt. Der Landesdenkmalrat spricht sich für einen umfangreicheren Erhalt der Gebäudesubstanz aus“, sagt er. Und weiter: „Auch ohne einen Totalabriss, wie er nun geplant ist, wäre eine Entwicklung auf dem Gelände möglich. Selbst einer der Entwürfe im von Senat und WBM ausgelobten Wettbewerbsverfahren hat dies gezeigt.“

Enttäuscht sind auch der Friedrichshainer Abgeordnete Damanio Valgolio (Linke) und der Grünen-Abgeordnete und Bauexperte Julian Schwarze. Beide Politiker erklären unabhängig voneinander, dass das Landesdenkmalamt sich bei seiner Ablehnung nicht auf die Fassade des SEZ berief, sondern auf das Innere des Gebäudes.

Das SEZ: So schön sah es dort noch im Jahr 1988 aus.
Das SEZ: So schön sah es dort noch im Jahr 1988 aus.PEMAX/imago

„Das Landesdenkmalamt begründet meiner Kenntnis nach seine Ablehnung damit, dass im Innern des Gebäudes in den vergangenen Jahren viel verändert wurde, damit der ursprüngliche Bau und so auch ein Denkmal nicht existiere“, sagt Valgalio. Julian Schwarze bezeichnet die Begründung als „absurd“. „Das Landesdenkmalamt hat mit der Ablehnung auch den Landesdenkmalrat übergangen“, sagt er.

SEZ nicht unter Denkmalschutz: „Entscheidung ist absurd“

Das erwähnte Experten-Gremium, das den Landesdenkmalrat und auch die Senatsbauverwaltung berät, hatte in einer Empfehlung an die Gaebler-Behörde erklärt, dass es „bei dem Bauwerk durchaus eine geschichtliche Bedeutung“ erkennt, und „daher eine Denkmalwürdigkeit für möglich“ hält.

Anders sieht es das Landesdenkmalamt. In seiner aktuellen Ablehnung (liegt dem KURIER vor), schreibt die Behörde: „Seit der Einstellung des Badebetriebes 2002 und der Privatisierung 2003  ist der prägende Innenausbau zu großen Teilen verloren gegangen.“ Raumstrukturen seien durch Abrisse nicht mehr vorhanden. „Der Bestand zeigt sich verwahrlost und weist massive Vandalismusspuren auf“, heißt es weiter.

Bausenator Christian Gaebler (SPD) will das SEZ für Wohnungen abreißen lassen.
Bausenator Christian Gaebler (SPD) will das SEZ für Wohnungen abreißen lassen.Bernd von Jutrczenka/dpa

Fazit der Behörde: Das Erlebnisbad sei für die Nachwelt „durch Abrisse, Einbauten, Bauschäden und Vandalismus geschädigt und verloren“.

Die Begründung des Landesdenkmalamtes, das SEZ nicht unter Denkmalschutz zu stellen, sei „recht dünn“, sagt Schwarze. „Die Behörde hat das Gebäude mit seiner Bedeutung für die Menschen einfach so beiseite gewischt. Dann könnte man ja auch die Denkmalwürdigkeit des ICC infrage stellen.“

Das Landesdenkmalamt hatte bereits vor etwa zehn Jahren die Unterschutzstellung für das SEZ abgelehnt. Damals erklärte die Behörde, dass der Bau aufgrund des damaligen Bauzustandes und des Innenausbaus nicht in die Denkmalliste eingetragen und damit nicht unter Denkmalschutz gestellt werden könne. Das Ergebnis, dass die Behörde nun vorliegt, hört sich fast genauso an.

Wurde überhaupt richtig geprüft? Damanio Valgolio von der Linkspartei hat da so seine Zweifel. „Wir waren als Abgeordnete im SEZ und haben gesehen, dass da sogar noch der Sprungturm im Erlebnisbad erhalten ist. Ich glaube, die ablehnende Entscheidung des Landesdenkmalamtes ist offenbar politisch gewollt“, sagt er dem KURIER. Denn: Das Landesdenkmalamt ist der Senatsverwaltung von Bausenator Christian Gaebler unterstellt.

Der SPD-Politiker hat bisher keinen Hehl daraus gemacht, dass er das SEZ abreißen lassen will. Auf dem Areal sollen über 500 Wohnungen (zum Teil Sozialwohnungen), eine Schule und Freizeiteinrichtungen entstehen. Für Abriss (soll etwa 50 Millionen Euro kosten) und Bauvorhaben ist die WBM verantwortlich.

Über einen entsprechenden Vorgehensplan hatte der KURIER bereits vor Monaten berichtet. Demnach sollen Vorplanungen und Ausschreibungen bis Ende 2026 laufen. Für die sogenannte Baufeldfreimachung würde man ein Jahr benötigen. Der SEZ-Abriss könnte also in diesem Zeitrahmen fallen. Denn der Baubeginn für die Wohnungen, Schule und Geschäftsgebäude – so steht es in dem Dokument – ist bereits auf 2028 terminiert. 2031 könnten die Neubauten fertig sein.

Mit der Ablehnung des Denkmalschutzes ist für Damanio Valgolio der Kampf ums SEZ noch nicht ganz verloren. „Probleme wird es bestimmt bei der Abriss-Finanzierung geben. Und ich denke, dass das SEZ auch den kommenden Wahlkampf als ein wichtiges Thema mitbestimmen wird“, sagt er.