Der letzte Airbus A310 der DDR-Fluggesellschaft Interflug soll nach seiner Ausmusterung für immer im Westen landen – als Restaurant im Serengenti-Freizeitpark in Hodenhagen. Doch seit drei Jahren steht der Flugzeugrumpf in einer Lagerhalle des Flughafens Hannover, weil die Genehmigung für den Weitertransport fehlt. Über die abenteuerliche Odyssee des Interflug-Stars mit der Kennung „DDR-ABC“ hat der KURIER gerade erst berichtet. Aber abenteuerlich war schon der Beginn der Reise in der 80ern: Damals kaufte die DDR drei Airbusse. Wie und warum kamen die superteuren Flieger aus dem Westen überhaupt in den Osten – trotz Technologie-Embargos?
Die Interflug hatte in den 80er-Jahren ein (Flucht-) Problem. Sie hatte kein Flugzeug, das die Strecke Berlin-Schönefeld – Havanna nonstop fliegen konnte. Ausgesuchte Reisegruppen, die mit dem FDGB-Feriendienst oder Jugendtourist das Bruderland Kuba besuchen wollten, mussten deshalb immer zwischenlanden. Für einen Tankstopp. Auf dem kleinen Flughafen Gander in Neufundland. Und die Zwischenlandung mit einem Aufenthalt im Flughafen nutzten regelmäßig DDR-Bürger, um zu flüchten. Die Behörden auf dem kanadischen Flughafen halfen dabei bereitwillig.
Das Kuba-Problem löste sich mit dem Airbus-Kauf in Luft auf
Die Flotte der Interflug war für solche Langstrecken nicht ausgerüstet. Die Maschinen, die die DDR aus der Sowjetunion bezog, waren veraltet. Dazu gehörten die TU-134 (Erstflug: 1963) für die Kurz- und Mittelstrecke und die viermotorige IL-18 (Erstflug: 1957) für die Mittel- und Langstrecke. Das Flaggschiff, das auch nach Kuba flog, war die IL-62, die aber auch schon 1967 ihren Erstflug absolvierte. Auf echte Langstrecken war der abgeschottete Ostblock im Flugzeugbau nicht eingestellt.
Da sollte dann einer weiterhelfen, der oft zur Stelle war, wenn es um die Wirtschaftsförderung der DDR ging. Bayerns Ministerpräsident (und Airbus-Aufsichtsratschef) Frank-Josef Strauß, der schon den Milliardenkredit für die DDR eingefädelt hatte. Der CSU-Politiker arrangierte alles und ließ 1988 den Interflug-Chef Klaus Henkes per Privatjet in die Airbus-Firmenzentrale nach Toulouse einfliegen. Für einen ganz besonderen Ost-West-Deal: Die DDR erhielt als erster Ostblock-Staat drei A310-Maschinen.

„Wir schreiben ein neues Kapitel Luftfahrtgeschichte“, sagte Strauß damals. Der DDR kostete der Deal etwa 420 Millionen Westmark, die Bundesrepublik bürgte für den Kredit. Probleme gab es mit dem Embargo des Westens für militärisch nutzbare Hochtechnologie. Mit einem Trick wurde das aber umgangen. Weil die Maschinen nicht von der Interflug im Osten, sondern von der Lufthansa im Westen gewartet wurden, konnten die wichtigsten Elektronikboxen immer verplombt bleiben. Ob sich die Stasi daran hielt?
Das Kuba-Problem löste sich mit dem Kauf im wahrsten Sinne des Wortes in Luft auf. Denn die DDR orderte den A310 mit maximaler Reichweite: als A310-304ET. Das ET stand dabei für Extratank, einen Zusatztank mit 7200 Litern Fassungsvermögen. Nachteil: Der Frachtraum verkleinerte sich. Aber mit 68.270 Litern Kerosin an Bord war der Nonstop-Flug nach Havanna mit 218 Passagieren möglich. Die Interflug-Airbusse flogen auch nach Dubai, Singapur und Peking, meistens aber mit Passagieren aus dem Westen, wie Ulrich Kohl, einer der damaligen Airbus-Piloten der Interflug dem KURIER erzählte.
Nur noch einer der drei Interflug-Airbusse fliegt noch
Doch viel hatten die DDR und die Interflug nicht mehr von den drei Airbussen. Die letzte Maschine wurde im Oktober 1989 in den Dienst gestellt – kurz vor dem Mauerfall. Mit der Grenzöffnung stand nun allen DDR-Bürgern die Welt offen. Sie nutzten die Reisefreiheit auch mit den Airbus-Maschinen der Interflug, die 1990 erstmals als Ferienflieger die Ostdeutschen nach Mallorca brachten. Mit dem Ende der DDR war 1991 aber auch mit der Interflug Schluss.