Es war ein ungewohntes Bild und vielen Fans des 1. FC Union ein Dorn im Auge. Das Team von Trainer Nenad Bjelica (52) lief beim 0:1 gegen Bayer Leverkusen im Stadion An der Alten Försterei nicht wie gewohnt in roten Trikots, sondern wegen einer Werbeaktion der Köpenicker in weißen Sonderleibchen auf. Wunden an der Wuhle: Fans kritisieren Kommerz beim 1. FC Union.
Es ist nicht das erste, vielmehr das nächste deutliche Zeichen der aktiven Fanszene des 1. FC Union. Die Ultras protestieren gegen die Nutzung der Auswärtstrikots mit „Star Trek“-Wappen auf der Brust, eine Aktion des amerikanischen Hauptsponsors und Streaming-Anbieters Paramount+.
Union-Fans kritisieren Kommerz beim 1. FC Union
So waren gleich mehrere Banner beim Spiel gegen Bayer Leverkusen auf der Waldseite der Alten Försterei zu sehen, auf denen verschiedene Botschaften zu lesen waren: „Abstiegskampf: Mit beiden Beinen am Boden bleiben, statt werbewirksam in Sphären treiben“, und „Marketingschoten gehören verboten. Heimspiel im Heimtrikot!“ Auf einen anderen stand: „Heimspiele in Weiß – nur für diesen Werbescheiß? Quo Vadis Union?“

Der Konflikt zwischen Ultras und Klub ist nicht neu. Für viele Anhänger ist ihr Klub Kult. Doch der Erfolg, der Aufstieg in die Bundesliga, die Teilnahme an der Europa und Champions League, stellt die Balance zwischen Tradition und Realität auf eine harte Probe. Union boomt seit Jahren, der harte eiserne Kern sieht es mit gemischten Gefühlen. Viele fühlen einen Zwiespalt zwischen ihren Prinzipien und traditionellen Werten und den Auswüchsen des modernen Fußballs, der in vielerlei Hinsicht und auch in Köpenick teils nur noch ein knallhartes Business ist.
Hymne des 1. FC Union nur noch Folklore?
Bereits in der Vergangenheit protestierten die Fans gegen Kommerz. Seit jeher zeigen Unioner RB Leipzig die Rote Karte, indem sie bei Spielen gegen die Sachsen aufgrund des kommerziellen Konstrukts des Brauseklubs immer in der ersten 15 Minuten schweigen. Doch die Kritik richtet sich auch zunehmend an den eigenen Verein.
Für eingefleischte Union-Fans war der Umzug ins Olympiastadion für Spiele in der Champions League nur schwer zu ertragen, wenngleich dadurch viel mehr Zuschauer live dabei sein konnten als an der Wuhle und im Vergleich zu Partien im eigenen Stadion Union satte Mehreinnahmen in Millionenhöhe in die Kasse spülte.
Sondertrikot des 1. FC Union bei vielen Fans beliebt
Selbst Kritik am eigenen Leib(chen) gab es bereits, als der 1. FC Union 2019 einen Trikotsponsorenvertrag mit dem Luxemburger Immobilienunternehmen Aroundtown abgeschlossen hatte. In einer Zeit, in der viele Berliner Ängste plagen, da die Mieten und Preise für Wohnungen in die Höhe schossen.
Das Union-Dilemma der Bosse: Man will im Bundesliga-Business mitmischen und gleichzeitig treu zu den eigenen Werten stehen. Das Problem kennen auch andere Traditionsklubs. Ein Spagat, der kaum zu schaffen ist und viele immer wieder verärgert. Dennoch muss der 1. FC Union aufpassen, dass die „Eisern Union“-Hymne von Nina Hagen, die so herrlich trällert „Wer lässt sich nicht vom Westen kaufen? Eisern Union, Eisern Union!“, nicht zur Folklore verkommt.
Zur Wahrheit gehört aber auch: Während die Ultras protestieren, ging das limitierte weiße Trikot mit Star-Trek-Logo weg wie warme Semmeln und ist in den gängigen Größen bereits ausverkauft.■