Schafft Steffen Baumgart in Köpenick, was ihm einst in Köln gelang? Der neue Cheftrainer des 1. FC Union brachte in der Domstadt einst den völlig verunsicherten Angreifer Anthony Modeste (36) wieder in Topform. Bei den Eisernen hofft man, dass Baumgart sein Modeste-Märchen kopiert und die bisher so harmlose Offensive am besten bereits in Heidenheim (Sonnabend, 15.30 Uhr, Sky) endlich ankurbelt.
Es ist und bleibt die größte eiserne Baustelle: Vor dem gegnerischen Tor läuft beim 1. FC Union einfach wenig zusammen. 14 Treffer in 15 Spielen – das ist die Bilanz eines Absteigers. Bisher sind nur Bochum (13) und St. Pauli (12) harmloser. Doch Baumgart, erst seit dem 2. Januar Nachfolger von Bo Svensson (45), sieht nach dem Test gegen Kiel (1:2) Fortschritte: „Ich habe Torchancen gesehen und aus meiner Sicht nicht das richtige Ergebnis. Aber ich habe viel von dem gesehen, was ich sehen will.“
Stürmer-Seuche beim 1. FC Union: Baumgart schützt Angreifer
Baumgart (53) nimmt seine Angreifer in Schutz – und die gesamte Mannschaft in die Pflicht: „Wenn man nur eine Chance bekommt, ist es nicht fair, den Stürmer zu kritisieren. Wir müssen die Jungs da vorne in Position bringen und mit Bällen füttern. Wenn einer dann acht oder neun Chancen vergibt, reden wir über ihn. Vorher sind aber alle gefragt.“ Als ehemaliger Vollblutstürmer weiß Baume genau, wovon er spricht. Seine Fähigkeit, Stürmer wieder in Torlaune zu bringen, hat er schon mehrfach unter Beweis gestellt – am deutlichsten beim Modeste-Märchen in Köln.
Der Franzose kam nach seiner China-Rückkehr nicht mehr in die Spur. Sein Vertrag beim 1. FC Köln sollte nach einer enttäuschenden Leihe an St. Etienne sogar aufgelöst werden – bis Baumgart beim Effzeh übernahm. Mit seiner Mischung aus Zuckerbrot und Peitsche („Wer arbeitet, spielt. Wer nicht arbeitet, fliegt.“) hauchte er Modeste neues Selbstvertrauen ein. Das Ergebnis: 20 Tore in der Saison 2021/22, Platz 7 in der Liga und die Qualifikation zur Europa Conference League, nachdem Köln im Vorjahr ohen einen fitten Modeste erst in der Relegation den Abstieg in die Zweite Liga verhindert hatte.
1. FC Union hat mit Jordan, Prtajin und Ilic drei Sorgenkinder
In Köpenick hoffen sie, dass Baumgart diese Erfolgsgeschichte wiederholt. Kandidaten dafür gibt es genug: Allen voran Jordan (28), Ivan Prtajin (28) und Andrej Ilic (23).
Besonders Jordan weist Parallelen zu Modeste auf: Auch der US-Stürmer galt bei Union bereits als abgeschrieben. Nach seiner Leihe an Borussia Mönchengladbach sollte Jordan eigentlich am Niederrhein bleiben. Doch die Borussia angelte sich Nationalstürmer Tim Kleindienst (29) und schickte Jordan zurück nach Köpenick. Seither ist Jordans Bilanz desaströs. Der 1,91 Meter große Mittelstürmer wartet weiterhin auf sein erstes Saisontor, obwohl er anders als Ilic und Prtajin von Svensson immer wieder eine Chance bekam.
Noch schlimmer: Jordan wirkt weiterhin wie ein Fremdkörper im eisernen Spiel. Beim Test gegen Kiel ging ein seltenes Raunen durch die Alte Försterei, als er – sinnbildlich für seine Krise – aus aussichtsreicher Position den Ball lieber ablegte und den Angriff damit vertändelte.
Steffen Baumgart lobt Union-Stürmer Andrej Ilic
Baumgart hat dagegen noch die Geduld. Unions Cheftrainer verhängte sofort ein Transfer-Stopp, um sich selbst ein Bild von allen Angreifern zu machen. Baume ist guter Dinge, die Stürmer in die Spur zu bekommen. Prtajin, der wegen seines Reservisten-Frusts schon wegwollte, will sich genauso beweisen, wie Ilic. Während Prtajin den Test gegen Kiel aber verletzt verpasste, sammelte Ilic bereits Pluspunkte bei Baume: „Er war zwei-, dreimal in einer Position, in der der Gegner zehn Zentimeter eher da war. Aber er war an der richtigen Stelle.“
Ganz egal ob Ilic, Jordan und Prtajin. Die Fans des 1. FC Union hoffen wegen Baumgart auf eine Wiederholung des Modeste-Märchens. ■