Ganz Fußball-Deutschland schwärmt von Jamie Leweling (23). Ganz Fußball-Deutschland? Nein. In Köpenick haben viele sein Traumdebüt beim DFB, beim 1:0-Sieg in der Nations League gegen die Niederlande, und das anschließende Lob von Experten sowie Bundestrainer Julian Nagelsmann (37) mit gemischten Gefühlen erlebt. Ach, Jamie Leweling, warum hast du das nicht beim 1. FC Union gezeigt?
Bei den Eisernen weiß man genau, wie Leweling tickt. Der Flügelstürmer trägt sein Herz zwar auf der Zunge, aber große Töne spuckt er trotzdem nicht. Vielmehr überzeugt der Nürnberger in Interviews und auf dem Rasen mit seiner bodenständigen Art. Ehrlich und bemerkenswert unaufgeregt, ohne eine Spur von Überheblichkeit, ordnet der Matchwinner seine Leistung im ersten Länderspiel ein: „Ich denke, ich habe gezeigt, was ich kann. Es haben zwar viele Spieler gefehlt, aber ich habe mich angeboten.“
Ex-Unioner Jamie Leweling wird für DFB-Debüt gefeiert
Das Verrückte: Leweling war nicht für die Startelf gegen die Niederlande vorgesehen. Vielmehr wäre er ohne die Absagenflut vieler verletzter Stammspieler gar nicht bei den beiden Nations-League-Spielen dabei gewesen.

Schnee von gestern. Fest steht: Leweling ist ab sofort Deutschlands neuer Liebling. Nagelsmann, der ihn drei Tage zuvor beim 2:1-Sieg in Bosnien-Herzegowina noch 90 Minuten auf der Bank ließ und ihn gegen die Niederlande nur aufgrund des kurzfristigen Ausfalls seines VfB-Kollegen Deniz Undav (28) von Beginn an aufstellte, schwärmt: „Ich wusste, dass er viel Energie hat, aber dass er so gut spielt, hätte ich nicht gedacht. Er hat nicht nur das Tor gemacht, sondern viele schwierige Situationen gelöst. Es war ein außergewöhnlich gutes Debüt.“
Selbst Joshua Kimmich staunt über Jamie Leweling
So gut, dass selbst Bayern-Star und DFB-Kapitän Joshua Kimmich (29) über das staunte, was sich nach 87 Minuten und Lewelings Auswechslung auf den Rängen abspielte. Erst gab es Standing Ovations, und dann rief der Stadionsprecher seinen Vornamen: „Jamieee.“ Das Stadion antwortete: „Le-we-ling.“ Kimmich: „Es kommt nicht oft vor, dass die Münchner Arena bei einem Debüt geschlossen steht und klatscht. Nicht nur wegen des Tores, er hat ein überragendes Debüt gegeben.“

Per Mertesacker (40), Rio-Weltmeister und ZDF-Experte, hält Leweling bereits für unverzichtbar: „Den würde ich immer einladen.“ Das sehen sie beim VfB Stuttgart genauso. Bei den Schwaben trumpft er seit der vergangenen Rückrunde unter Trainer Sebastian Hoeneß (42) richtig auf. Mittlerweile ist er unumstrittener Stammspieler und lieferte unter anderem in der Champions League bei Real Madrid ähnliche Glanzleistungen ab wie jetzt bei seinem DFB-Debüt.
Junge Spieler hatten es beim 1. FC Union unter Urs Fischer schwer
Nur beim 1. FC Union runzeln viele Fans die Stirn und fragen sich, warum Leweling in Köpenick nicht funktionierte. Der Flügelstürmer kam 2022 aus Fürth, doch nach seinem Vier-Millionen-Euro-Wechsel nie richtig an. Unter Ex-Trainer Urs Fischer (58) stand er kein einziges Mal in der Startelf und zog nach nur einem Jahr zunächst auf Leihbasis nach Stuttgart weiter.
Fakt ist: Der 1. FC Union stand unter Erfolgstrainer Fischer für vieles – für die Entwicklung junger Spieler allerdings nicht. Ob es daran lag oder ob Leweling während seiner Zeit in Köpenick einfach noch nicht so weit war, bleibt offen. Gut möglich allerdings, dass Leweling Opfer des eisernen Erfolgs wurde. Denn als Fischer ihn kaum einsetzte, eilte Union von Sieg zu Sieg und zog sensationell als Tabellenvierter in die Champions League ein.
1. FC Union macht mit Jamie Leweling Gewinn, aber ...
Dort spielt Leweling mittlerweile genauso regelmäßig wie Ex-Hertha-Profi Maximilian Mittelstädt (27). Der Spandauer wechselte nach dem Abstieg in die Zweite Liga für nur 500.000 Euro nach Stuttgart und nahm unter Hoeneß eine ähnliche Entwicklung wie Leweling, sodass Nagelsmann lieber Mittelstädt für die Heim-EM nominierte als Robin Gosens (30), der mit dem 1. FC Union eine Seuchensaison erlebte. Zwar kassierte der 1. FC Union für Leweling mehr als Hertha BSC für Eigengewächs Mittelstädt. Nach KURIER-Informationen zahlte der VfB sechs Millionen Euro, also eine Million mehr als die stets kolportierte Ablöse.