Nach der Flucht von Syriens Diktator Baschar al-Assad nach Moskau, scheint sich auch die Zeit der russischen Militärpräsenz in Syrien dem Ende zuzuneigen. Russland trifft nach einer internen deutschen Militäranalyse alle notwendigen Vorbereitungen für eine vollständige Räumung seiner Militärbasen in Syrien. Der russische Mittelmeerverband habe den syrischen Hafen Tartus bereits verlassen, heißt es in einem Vermerk des Verteidigungsministeriums, der der Deutschen Presse-Agentur in Berlin vorliegt.
In den Tagen zuvor hieß es, dass es Sicherheitsgarantien der neuen Machthaber in Syrien nach dem Sturz von Baschar al-Assad gegeben habe. Laut dem Bundesverteidigungsministerium beziehen sich diese wahrscheinlich lediglich auf den Abzug russischer Kräfte „und nicht auf deren dauerhaften Verbleib“.

Ende für Russlands Militärbasen in Syrien scheint gekommen zu sein
In den sozialen Medien sind daher auch viele Videos aus Syrien zu sehen, die russische Militärkonvois zeigen, die sich in Richtung der Küstenregion bewegen. Samer Al-Atrush, Nahostkorrespondent der britischen Zeitung Times, befragte die russischen Soldaten. Einer gab an, nach Hause zu fahren. Die anderen wiegelten Nachfragen ab. Der bestand aus Dutzenden Militärlastern, die von Basen weiter östlich im Land abgezogen wurden. Auf anderen syrischen Videos war zu sehen, dass eine Drohne die Luftwaffenbasis Hmeimin bei Latakia gefilmt hatte. Sogar in die Flugzeughangars mit den Kampfjets filmten die Macher. Es erfolgte keine Reaktion seitens der Russen.
Dass es das für Russlands Präsenz in Syrien gewesen sein könnte, blühte den Russen indesziemlich schnell. Russland leistete seit 2015 militärische Unterstützung für Assad. Schnell nach dem Fall Assads machten sich Ernüchterung und Enttäuschung in Moskau breit. Unter den derzeitigen Bedingungen des voll aufgeflammten Bürgerkrieges könne Russland Syrien nicht mehr unterstützen, schrieb der prominente Außenpolitiker und stellvertretende Vorsitzende des russischen Föderationsrates, Konstantin Kossatschow, bei Telegram. „Damit müssen die Syrer nun alleine klarkommen.“
More Russians. This man seemed cheerful and said he's off to Russia. Others didn't appreciate the intrusion. pic.twitter.com/QhTe84heMS
— Samer Al-Atrush (@SameralAtrush) December 13, 2024
Erlebt Putin sein Afghanistan?
Moskau werde nur noch helfen, wenn das syrische Volk das wünsche, sagte Kossatschow. Der Krieg sei nicht vorbei, weil es dort viele gegnerische Gruppierungen gebe, darunter Terroristen. Doch dass die Syrer ausgerechnet die Militärmacht im Land lassen, die dem Diktator dabei half immer wieder massive Luftangriffe mit Tausenden zivilen Opfern zu fliegen, scheint unwahrscheinlich.
Daher meinen einige Experten auch, dass Kremlchef Wladimir Putin nun sein „persönliches Afghanistan“ erlebe – wie bei dem Abzug der Sowjettruppen aus dem Land 1989. Zuvor hatten die Sowjets mehr als zehn Jahre lang versucht das Land zu halten, scheiterten am Ende aber. Der Afghanistan-Krieg war auch einer der Faktoren, die den Zusammenbruch der Sowjetunion beschleunigten.
Russische Drehscheibe für Afrika wäre weg
Neben dem Hafen in Tartus soll auch der Militärflughafen Hmeimim demnach geräumt werden. Die Luftwaffenbasis in der Nähe der Stadt Latakia wird neben der Marinebasis von Russland genutzt, um im nordafrikanischen Libyen eine Drehscheibe zur Versorgung russischer Kräfte in Afrika zu unterhalten.
Ein Wegfall des Flugplatzes Latakia führe wahrscheinlich zu einer Beeinträchtigung der Lufttransporte aus Russland nach Libyen, da die Flugzeuge aufgrund der längeren Flugstrecke weniger Material mitführen könnten. Somit blieben Lufttransporte schwerer Güter ohne Zwischenlandung nur möglich, wenn es weiter türkische Durchfluggenehmigungen gebe. „Diese werden in der NATO kritisch bewertet“, heißt es in dem Vermerk.
Wahrscheinlich sei, dass ein Verlust der russischen Stützpunkte in Syrien die logistischen Abläufe Russlands „von und nach Afrika zumindest kurz- bis mittelfristig beeinträchtigt und schwere Materialtransporte eingeschränkter durchgeführt werden können“. Jedoch werde das aktuelle Niveau militärischen Engagements in Afrika „grundsätzlich nicht signifikant beeinträchtigt“.

Ukrainer warnen andere Partner Russlands
Der Propagandist Andrej Medwedew vom staatlichen Rundfunk sprach von Fehlern Russlands, die sich Russlands Gegner zunutze gemacht hätten und aus denen Moskau lernen müsse. Russland hatte nach Berichten russischer Medien auch wegen seines Angriffskrieges gegen die Ukraine zuletzt kaum noch Ressourcen, um den Assad-Gegnern etwas entgegenzusetzen.
Der ukrainische Außenminister Andrij Sybiha hatte bereits in der vergangenen Woche den Sturz des syrischen Machthabers Baschar al-Assad begrüßt und ihn als warnendes Beispiel für andere Verbündete Russlands bezeichnet. „Assad ist gestürzt. So ist es Diktatoren, die auf (Russlands Präsidenten Wladimir) Putin gesetzt gaben, immer ergangen und wird es immer ergehen“, erklärte Sybiha in Online-Netzwerken. Der ukrainische Chefdiplomat bekräftigte zudem die Unterstützung der Ukraine für das „syrische Volk“.