Der klare Kurier-Kommentar

Politiker ohne Mut: Darum wird es kein Feuerwerks-Verbot geben

SPD, CDU und FDP überbieten sich mit peinlichen Äußerungen für Böller-Freiheit aus Angst davor, wie die Grünen als Verbotspartei dazustehen.

Author - Joane Studnik
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Alle Jahre wieder: Polizisten werden Silvester mit Pyrotechnik beworfen, hier im Leipziger Stadtteil Connewitz.
Alle Jahre wieder: Polizisten werden Silvester mit Pyrotechnik beworfen, hier im Leipziger Stadtteil Connewitz.dpa/Sebastian Willnow

Schon vor Silvester konnte man Erstaunliches beobachten: Ohne jeden Anlass fühlte sich SPD-Bundesinnenministerin Nancy Faeser veranlasst, sich gegen ein Verbot privaten Feuerwerks auszusprechen. NRW-Innenminister Reul (CDU) tat es ihr gleich. In der Silvesternacht jagten sich dann fünf junge Männer mit illegalem Feuerwerk in die Luft, Kinder und Einsatzkräfte wurden verletzt, Tiefgaragen in Brand gesetzt und ein Mietshaus unbewohnbar gemacht.

SPD und CDU lehnen Feuerwerk-Verbot ab, nur wenige Grüne trauen sich

Die Reaktion aus der Politik könnte kaum wundersamer sein: Der innenpolitische Sprecher der CDU im Berliner Abgeordnetenhaus, Burkard Dregger, lehnt weiter ein Verbot privaten Feuerwerks ab, das zahlreiche Verbände und die Gewerkschaft der Polizei (GdP) seit Jahren fordern. Schärfere Grenzkontrollen ja, aber ein pauschales Verbot will die CDU auf keinen Fall. Kurz darauf legte der gefeuerte FDP-Bundesjustizminister Marco Buschmann nach: „Privates Feuerwerk gänzlich zu verbieten, halte ich für unangemessen. Das wäre Kollektivhaftung.“

Als eine der wenigen Stimmen, die sich klar und deutlich für ein Verbot aussprechen, meldet sich der innenpolitische Sprecher von Bündnis 90/Die Grünen im Berliner Abgeordnetenhaus, Vasili Franco, zu Wort. „Die alljährliche Böllerei nimmt mittlerweile einfach unverhältnismäßige Ausmaße an und wem es mit der Sicherheit in der Stadt ernst ist, der kommt aus meiner Sicht an einem vollständigen Verkaufsverbot nicht vorbei.“

Das ist übrigens eine Meinung, die in Deutschland Umfragen zufolge absolut mehrheitsfähig ist. Dennoch wagen es selbst prominentere Grünen-Politiker nicht, eine solche Forderung öffentlich zu äußern – den Grünen haftet ohnehin schon das Image einer Verbotspartei an, wogegen die Partei mit nur mäßigem Erfolg anzukämpfen versucht. Die bizarren Äußerungen aus SPD und Union sind vor allem von der Angst geprägt, nicht noch mehr Wähler an extreme Parteien zu verlieren: Obwohl die AfD gerne sehr viel verbieten würde, potenziell lebensgefährliche Böller gehören nicht dazu.

Kein Feuerwerks-Verbot: Politiker sind von Angst getrieben

Würde man allzu laut ein Verbot fordern, triebe das eine bestimmte Klientel nur in die Arme der AfD, so die Angst vieler Politiker. So ähnlich versandete auch jede Diskussion um ein Tempolimit auf Autobahnen, das ebenfalls eine breite Mehrheit befürwortet. Es kommt nicht dazu, weil es immer Parteien gibt, die sich als Verfechter der individuellen Freiheit gegen jede Vernunft aufspielen. Die FDP versucht inzwischen erfolglos, dieses Spiel weiterzuspielen, während die AfD recht erfolgreich die anderen als Verbotsparteien brandmarkt.

Erstaunlich nur, dass Politiker anderer Parteien sich so in die Defensive treiben lassen: Denn Verbote und klare Ansagen sind ein Signal der Entschlossenheit. Genau das vermissen Viele, die gewundene Politiker-Phrasen satt haben. Es fehlt der Mut, sich einem Wutsturm in den sozialen Medien entschlossen entgegenzustellen. Eben darum wird es gegen alle Vernunft auch kommendes Silvester wieder Hand-Amputationen und Tote geben - und das wäre völlig vermeidbar mit deutlich mehr politischem Mut. ■