Er ist nicht der beste Spieler von Hertha BSC. Auch nicht der teuerste und schon gar nicht der bislang erfolgreichste. Er gehört weder zu den gefeierten Torjägern noch zu den glänzenden Technikern, doch er ist ein – salopp gesagt – richtiges Mentalitätsmonster! Es geht um den Niederländer Deyovaisio Zeefuik, der aus meiner Sicht entscheidenden Anteil daran besaß, dass Hertha keinen totalen Fehlstart in die neue Saison fabrizierte.
Der 26-jährige gelernte Rechtsverteidiger ersetzte im Duell beim Hamburger SV (1:1) in der zweiten Halbzeit den überforderten Jeremy Dudziak, grätschte in der Abwehr die Gegenspieler weg, riss seine Teamkameraden mit unglaublichem Einsatzwillen mit, schwang sich zum emotionalen Anführer auf und drehte so entscheidend das Spiel mit.
Hertha BSC: Deyo Zeefuik stoppt Davie Selke
Als er sechs Minuten vor Abpfiff dem Hamburger Stürmer Davie Selke – der einen Vorsprung besaß – im Stil von 100-Meter-Olympiasieger Noah Lyles über das halbe Spielfeld hinterhersprintete und mit einem Foul stoppte (er bekam dafür die Gelbe Karte), strahlte er seine Teamkameraden an, die ihm Beifall zollten.
Mir fiel spontan der berühmte Spruch von Fußballlehrer Richard Girulatis (1878–1963) ein, der einst Tennis Borussia und auch Hertha BSC in den 1920er-Jahren trainierte: „Elf Freunde müsst ihr sein, wenn ihr siegen wollt.“ Ich würde das Bonmot nun gerne für einige Zeit in „Elf Zeefuiks müsst ihr sein …“ umwandeln. Zugegeben, das ist stark übertrieben, aber dieser Mann, längst einer der Lieblinge der Hertha-Fans, hat eine Würdigung verdient.
Hertha BSC: Unter Pal Dardai blühte Deyo Zeefuik auf
Zeefuik, bei Ajax Amsterdam ausgebildet, kam im Sommer 2020 vom FC Groningen zu Hertha – für vier Millionen Euro Ablöse – und wurde vom damaligen Manager Michael Preetz mit einem hoch dotierten Vertrag ausgestattet. Doch Zeefuik erwies sich oft vor allem als übermotivierter Unsicherheitsfaktor und sagte einmal kritisch über sich selbst: „Ich habe Partien abgeliefert, wo ich mich selbst kaum erkannte. Keine Ahnung, wer der Typ in meinem Trikot war.“

Erst unter Pal Dardai steigerte Zeefuik seinen Wert für die Berliner. Er kam als Rechtsverteidiger zum Einsatz, auch auf der linken Abwehrseite oder im Mittelfeld. „Er kämpft auf jeder Position wie ein Löwe, aber ich muss ihn ab und an bremsen“, sagte Dardai oft. In der Vorsaison in der Zweiten Liga gefiel der Niederländer mit starken Auftritten, und viele Fans plädierten in den Foren im Internet für seinen Verbleib. Eigentlich sollte er verkauft werden, um den Etat zu entlasten, aber im Juni 2024 wurden seine Leistungen mit einer Vertragsverlängerung honoriert.
Deyo Zeefuik springt bei Hertha BSC für Fabian Reese ein
Besonders wichtig erscheint mir, dass Zeefuik für den verletzten Fabian Reese – einen Antreiber voller Emotionen – in die Bresche springt und den sogenannten Aggressive Leader gibt. Meistercoach Ottmar Hitzfeld adelte einst den Holländer Mark van Bommel mit dieser Titulierung. „Ein solcher Typ“, so die Erklärung, „rennt unermüdlich, geht in jeden Zweikampf und ackert oft am Rande der Legalität, schießt ab und an übers Ziel hinaus.“ Das passt wie die Faust aufs Auge auch bei Deyo Zeefuik.
Ich habe mir in der Personalie Zeefuik noch Expertise geholt. Herthas langjähriger Abwehrchef Dick van Burik (245 Erstligaspiele) sagte: „Zeefuik hat schon in Groningen mit viel Einsatz gespielt, war stets giftig. Er besitzt viel Potenzial, hat aber noch nicht alles so gezeigt, wie ich es erwartet habe.“
Hertha BSC: Deyo Zeefuik für Pal Dardai ein Unikum
Pal Dardai sprach sich bereits vor Monaten – noch im Amt des Cheftrainers – für den Verbleib von Zeefuik aus und gab mir seine aktuelle Einschätzung in Kurzfassung: „Deyo ist einzigartig, hat ein großes Herz, ist superfleißig, athletisch, besitzt aber leider spielerische Defizite.“
Mit welchen ehemaligen Hertha-Profis kann man Zeefuiks Spielweise eigentlich vergleichen? Mir fiel trotz Recherche niemand ein. Pal Dardai: „Man kann ihn mit keinem anderen vergleichen.“ Er bleibt also ein Unikum. ■