Am zurückliegenden Sonnabend feierte Pal Dardai seinen 48. Geburtstag. Über die Hälfte seines Lebens hat der Ungar dabei bei Hertha BSC verbracht. Seinen ersten Arbeitstag im Januar 1997 konnte ich hautnah verfolgen, als der 20-Jährige auf dem windigen Maifeld seine erste Übungsstunde unter Trainer Jürgen Röber absolvierte. Seitdem ist unglaublich viel passiert bis zum heutigen Tag, an dem Dardai zum dritten Mal als Cheftrainer seinen Herzensverein führt.
Als kampfstarker, mannschaftsdienlicher und taktisch kluger Spieler wurde Dardai von seinen insgesamt neun Trainern in Berlin nie in Frage gestellt, später als Coach aber schon – siehe die einstigen Sportchefs Michael Preetz und Fredi Bobic, die sich von ihm trennten.
Hertha BSC: Pal Dardai kritisiert Medien zu pauschal
Auch in diesen Tagen kam Kritik auf. Das stets gut informierte Fachmagazin kicker hatte getitelt „Ist für Dardai im Juni Schluss?“ und nach dem verkorksten Rückrundenstart von „kurzzeitigen Gedankenspielen“ in der Berliner Chefetage berichtet, wo es um eine vorzeitige Trennung von Dardai ging. Das aber wurde verworfen. Dardais Vertrag, der aus freien Stücken stets nur für ein Jahr unterschreibt, läuft im Juni aus.

Es gibt Kritik in den sozialen Netzwerken und auch anderswo unter vorgehaltener Hand. Es heißt etwa „Dardai hat kein Konzept“. Der Trainer weist all das heftig zurück und sagt, er „akzeptiere keine Unwahrheiten“. Seine Kritik wiederum an den Medien fällt viel zu pauschal aus.
Alle Dardai-Nachfolger versagten bei Hertha BSC
Anbei der Versuch einer objektiven, aber unvollständigen Bestandsaufnahme, die aber durch meine lange gemeinsame Wegstrecke mit Pal Dardai auch etwas subjektiv gefärbt ist.
Fakt ist, immer wenn Dardai entlassen wurde, versagten seine Nachfolger schnell. Als er im Sommer 2019 nach über viereinhalb Jahren in der Verantwortung (die seitdem sportlich erfolgreichste und stabilste Zeit) gehen musste, weil Manager Preetz „attraktiveren Fußball“ sehen wollte, amtierte Nachfolger Ante Covic lediglich zwölf Spiele. Danach folgte die Phase der Geldverbrennung unter mehreren Trainern.
Fredi Bobic kam mit Pal Dardai bei Hertha BSC nicht klar
Nachdem Dardai im Januar 2021 als Retter geholt wurde und er trotz Pandemie samt langer Quarantäne des Teams in einem Kraftakt den Klassenerhalt schaffte, entließ ihn Fredi Bobic in der folgenden Spielzeit. Beide verband nicht mehr viel. Der äußerst blasse Nachfolger Tayfun Korkut bekam 13 Spiele, ehe auch er gehen musste.

Viel später, im Frühjahr 2023, sollte Dardai sechs Spieltage vor Saisonschluss als Nothelfer den Abstieg vermeiden. Auch er schaffte das nicht. Diese Mannschaft, sagte Stürmer Florian Niederlechner in der Nachschau, sei „ein Sauhaufen“ gewesen.
Pal Dardai schwerer Hertha-Job nach Bundesliga-Abstieg
In Liga zwei übernahm Dardai ein Team, dass zu Beginn einem Torso glich, weil zuerst Spieler verkauft werden mussten, um neue Profis verpflichten zu können. So ging der Start total in die Hose. Es folgte u.a. eine Serie mit zehn ungeschlagenen Spielen, darunter aber auch fünf – oft unnötigen – Remis. Anfang 2024 musste die Mannschaft mit dem Tod des Präsidenten Kay Bernstein fertig werden und eine heftige Krankheitswelle überstehen.
Fakt und kritikwürdig ist aber auch, dass die junge Mannschaft mehrmals die Chance verpasste, oben anzugreifen. Sie zeigte wenig Konstanz und oft zwei Gesichter, schöpfte ihr Potenzial nicht aus. Und sie wuchs nur einmal total über sich hinaus – im unvergessenen Pokaldrama gegen den Hamburger SV.
Herthas Berliner Weg ohne Pal Dardai in Gefahr
Die Liste der Jungprofis, die nun schon zum Stamm gehören, ist beachtlich. Sollten Hertha und Dardai im Sommer auseinander gehen, wäre der „Berliner Weg“ aus meiner Sicht schnell zu Ende. Gerade der Ungar steht für diesen Weg, schon vor Jahren wollte er ein „Mini-Ajax“ aufbauen.
Talente, die Dardai lange Jahre in der Akademie begleitet und gefördert hatte, würden vielleicht den Klub verlassen. Dardai sollte die Chance bekommen, sich in der nächsten Saison mit seinen jungen Profis und einigen positionsbezogenen Verstärkungen als Aufstiegs-Trainer zu beweisen!