1983 machte er die Biege in den Westen: Doch sein Glück fand die DDR-Musiklegende Holger Biege in der Bundesrepublik Deutschland nie. Er, der in der DDR für gefühlvolle Hits wie „Sagte mal ein Dichter“, „Deine Liebe und mein Lied“ und „Reichtum der Welt“, gefeiert wurde, fand im Westen kein Publikum, er fühlte sich durch die Zwänge der westlichen Musikindustrie gegängelt, war abgestoßen vom Zwang, sich verkaufen zu müssen. Er war danach nie wieder der, der er in der DDR war.
Holger Biege ist in der DDR der Mann für die großen Balladen. Mit dem legendären Album „Wenn der Abend kommt“ wird er 1978 zum Star. Besonders ein Lied sorgt dafür, dass der Sänger bis heute nicht vergessen ist: „Sagte mal ein Dichter“ – einer der großen DDR-Hits. Biege ist der Mann für die großen Melodien, die Texte schreiben ihm Fred Gertz und Ingeburg Branoner auf den Leib. Er braucht nicht viel, um die Zuschauer in seinen Bann zu ziehen: Ein Klavier und seine unaufgeregte Stimme reichen.
1983 bleibt Holger Biege im Westen – und wird nicht glücklich
1952 in Greifswald geboren, zieht Holger Biege 1960 mit der Familie (Vater: Biologe, Mutter: Lehrerin) nach Berlin. Während sein Bruder, der spätere Schlagersänger Gerd Christian, erst über den Umweg Baufacharbeiter den Weg zum Profimusiker findet, ist für Holger Biege das Ziel früh klar: Musik, auf der Bühne stehen. An der Musikschule in Berlin-Friedrichshain absolviert Holger Biege eine Klavier- und Gesangsausbildung, 1975 steigt er bei der Schubert-Band ein. Drei Jahre später der große Schub, das Album, dass ihn auf die großen Bühnen der DDR, in alle Fernsehshows bringt.
1978 und 1979 wird er von der Jugendzeitschrift Neues Leben zum „Interpreten des Jahres“ gewählt, gründet 1980 seine eigene Band. Doch glücklich? Nein, das ist er wohl nicht. Ihn nerven mehr und mehr die ideologischen Vorgaben in der DDR. Er schreibt neue Songs mit Texten von Werner Karma, doch er fühlt sich bei der Produktion von den Verantwortlichen der DDR-Plattenfirma Amiga behindert. 1983 nutzt Holger Biege ein genehmigtes Konzert in West-Berlin, um dem Osten den Rücken zu kehren.

Er zieht nach Hamburg und schreibt zusammen Michael Kunze die Songs für das Album „Das eigene Gesicht“, das 1984 bei Polydor erscheint. Doch das floppt. Biege hat nun keinen Plattenvertrag mehr, er hält sich als Gutachter und Sachverständiger für musikalische Plagiatsfälle über Wasser. Doch damit hört er wieder auf, weil ihm der Job keinen Spaß macht. Und Biege gerät erstmals in finanzielle Schwierigkeiten.
2012 dann der Schicksalsschlag, ein Schlaganfall
Der Fall der Mauer gibt seiner Karriere wieder etwas Schub. Noch 1990 tourt er durch die damals noch bestehende DDR. Mit den Konzertreisen durch Ostdeutschland verdient er auch in den nächsten Jahren sein Geld. Doch mit den Alben kann er nicht mehr an die Erfolge von damals anknüpfen. 1994 erscheint „Leiser als laut“ mit neu produzierten Songs, die er schon Anfang der 80er für Amiga schrieb. Es folgen Live- und Best-of-Alben, CDs, die im Eigenverlag erscheinen. Aber keine Produktion kann mehr an die Erfolge in die DDR heranreichen.

Am 12. Juni 2012 dann der Schicksalsschlag. Ein Schlaganfall. Holger Biege ist gelähmt, er kann nicht sprechen, geschweige denn singen. Seine Ehefrau Cordelia betreut ihn zu Hause, er trainiert pro Woche neunmal mit Therapeuten. Doch Fortschritte stellen sich nur sehr langsam ein. Knapp drei Jahre nach dem Schlaganfall berichtet seine Frau: „Die rechte Hand öffnet sich wieder, die taube Körperseite bewegt sich. Auch das rechte Stimmband zeigt erste Regungen.“ Ihr Mann könne inzwischen auch im Rollstuhl sitzen, übe an einem Tisch das Stehen. „Holger hat sich vorgenommen, dass er bald wieder auf seinem Arbeitsstuhl sitzen können möchte. Und dann will er wieder an seine Instrumente“, sagt Cordelia Biege.
Holger Biege stirbt an Folgen eines Behandlungsfehlers
Doch die Einnahmen durch die Konzerte fehlen. Der Sänger, der einst den „Reichtum der Welt“ besang, verarmt. Befreundete Musiker singen für Holger Biege und sammeln Geld, damit der sich überhaupt ein behindertengerechtes Auto kaufen kann. Im April 2018 das traurige Ende: Er, der schon so lange kein Glück hatte, stirbt an den Folgen eines ärztlichen Behandlungsfehlers. ■